World Vision zu G7-Gipfel in Taormina

"Alles auf Donald Trump zu schieben, ist zu einfach"

Für zwei Tage treffen sich die sieben weltweit größten Industriestaaten zum G7-Gipfel. Für das christliche Hilfswerk World Vision hat die Bekämpfung des Hungers in Afrika oberste Priorität. Doch es gibt wenig Hoffnung auf positive Ergebnisse.

Hungersnot im Südsudan / © Daniel Maissan (epd)
Hungersnot im Südsudan / © Daniel Maissan ( epd )

domradio.de:  Warum schauen Sie mit Besorgnis auf den G7-Gipfel?

Marwin Meier (Vertreter des christlichen Hilfswerks World Vision): Wir machen uns konkret Sorgen, dass die großen Notlagen in dieser Welt - allein 20 Millionen Menschen hungern in Afrika – die sieben reichsten Nationen dieser Welt nicht dazu bewegen wird, irgendetwas zu tun. Noch vor ein paar Monaten hat die italienische Regierung eine Taormina-Initiative zur Hungerbekämpfung angeregt. Von dieser Initiative hören wir gar nichts mehr. Und das ist besonders schade, weil bei dem letzten G7-Gipfel im italienischen L’Aquila 2009 die beteiligten Regierungen 22 Milliarden US-Dollar für die Hungerbekämpfung versprochen und das Versprechen auch gehalten haben. Aber jetzt haben wir eine Hungerkrise, wegen der täglich 1,4 Millionen Kinder hungrig ins Bett gehen.

domradio.de: Auf wen können die Menschen in Afrika, die von großer Hungersnot bedroht sind, politisch überhaupt setzen?

Meier: Das ist eine sehr gute Frage. Im Moment sieht es danach aus, als ob die meiste Solidarität die afrikanischen Nachbarländer zeigen würden. Ein armes Land wie Uganda hat zum Beispiel fast eine Million Flüchtlinge aus dem Südsudan aufgenommen. Wir wissen in Deutschland, was die Aufnahme von einer Million Flüchtlinge bedeutet und wieviel Schwierigkeiten es uns bereitet hat. Dann sieht es so aus, als ob sich die Menschen in diesen Hungergebieten auf jeden Fall nicht auf die reichsten Länder verlassen kann, sondern Solidarität unter den armen Ländern gefragt ist. Und das ist eigentlich für uns beschämend.

domradio.de: Der amerikanische Präsident Donald Trump gilt ja als so etwas wie der "bad boy" des Treffens. Zu Recht, Ihrer Meinung nach?

Meier: Er ist der hörbarste. Aber eine Veranstaltung, die sich auf Konsens gründet, kann sich nicht auf einen Blockierer zurückziehen. Bei der Taormina-Initiaive haben zum Beispiel die Deutschen keine Zusage gemacht, nur die Italiener. Alles auf Donald Trump zu schieben, ist viel zu einfach. Es sitzen viele Menschen am Verhandlungstisch, die eigentlich die Verantwortung hätten, wegen eines so brennenden Themas sich zu vereinen, um gemeinsam zu helfen. Das wäre ein schönes Zeichen.  

domradio.de: Papst Franziskus hat Donald Trump während der Papst-Audienz am Mittwoch ins Gewissen geredet und Trump hat versprochen, darüber nachzudenken. Wie wichtig ist generell die Rolle des Papstes in der Weltpolitik?

Meier: Gerade jetzt hat der Papst das Recht, eine moralische Instanz zu sein und zu Werte geleitetem Handeln aufzurufen. Ich fand seine Videobotschaft auf TED.com zum Beispiel sehr, sehr gut. Und ich hoffe, er wird gehört. Er nimmt eine sehr positive Rolle ein, denn er versucht den Lenkern dieser Welt zu sagen, hört auf die Schwächsten und die Ärmsten zu ignorieren. Engagiert euch dort, das steht euch gut zu Gesicht.

domradio.de: Was erwarten Sie von diesem G7-Gipfel?

Meier: Der Papst mag die Leviten lesen, wir mögen an das Gewissen der Reichen und Starken dieser Welt appellieren, aber letztendlich werden sie die Entscheidung fällen. Und es ist eine Konsens-Veranstaltung, und das heißt, nur eine Person muss sich dagegen aussprechen und dann wird gar nichts passieren. Im Moment sieht es nicht danach aus, als ob sie sich einigen würden. Und das stellt leider die ganze Veranstaltung in Frage. Wenn es tatsächlich so kommt, sind wir sehr, sehr enttäuscht.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Quelle:
DR