Initiative stellt mit de Maiziere neue Grundsätze vor

"Was unser Land zusammenhält"

Heute stellt die überparteiliche "Initiative kulturelle Integration" Grundsätze für ein gelingendes Zusammenleben vor - auch die Kirchen beteiligen sich. Den Begriff "Leitkultur", in den vergangenenen Wochen vielfach in der Diskussion, sieht die Initiative kritisch.

Autor/in:
Birgit Wilke
Leitkultur-Debatte: Initiative stellt Thesen zum Zusammenleben vor / © Arno Burgi (dpa)
Leitkultur-Debatte: Initiative stellt Thesen zum Zusammenleben vor / © Arno Burgi ( dpa )

Die Aufregung war groß, als Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) vor rund zwei Wochen Thesen zu einer deutschen Leitkultur vorstellte. Irritiert war auch eine Initiative, die ebenfalls an Grundsätzen für ein gelingendes Zusammenleben arbeitet. Ihre Überlegungen will sie heute vorstellen. Den Begriff Leitkultur lehnt sie ab. Was das Ganze noch vertrackter macht: An den Vorstellungen für ein gelingendes Zusammenleben beteiligen sich auch Vertreter des Bundesinnenministeriums.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, auf dessen Idee die Gründung der Initiative zurückgeht, zeigte sich entsetzt: Der Begriff "Leitkultur", den der Innenminister Anfang Mai seinen Thesen voranstellte, sei "verbrannt", so meinte er in einer ersten Reaktion. Der Begriff spalte statt zusammenzuführen. Deshalb habe sich die "Initiative kulturelle Integration" auch entschieden, ihn in ihren Überlegungen nicht aufzunehmen.

Dialog zwischen Einheimischen und Fremden

Nach dem langen ersten Maiwochenende kam es zu einem Krisentreffen der Beteiligten. Das sind 28 Gruppen aus Politik und Gesellschaft, dazu gehören auch die Kirchen, der Koordinationsrat der Muslime, der Zentralrat der Juden sowie Gewerkschaften. Als Vertreter der Kirche äußerte sich kürzlich auf einem Kölner Kongress Hamburgs Erzbischof Stefan Heße. Er hänge "überhaupt nicht" am Begriff Leitkultur. "Mir ist wichtig, dass wir über das, was unser Land zusammenhält, im Gespräch sind", erklärte er. Das seien etwa das Grundgesetz, die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, Bildung und Kultur. Und: An dem Dialog sollten sich Einheimische und Fremde beteiligen.

Inzwischen hätten sich die Wogen wieder etwas geglättet, so Zimmermann im Vorfeld der Vorstellung. Der Innenminister halte wie geplant bei der Präsentation der von der Initiative erarbeiteten Thesen im Max Liebermann Haus der Stiftung Brandenburger Tor in Berlin-Mitte einen Vortrag, allerdings später als zunächst geplant: Zunächst will die Initiative ihre Vorstellungen erläutern. Erst dann wird der Innenminister über "Werte, Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt" sprechen.

Diskussion in Gang gebracht

Im Nachhinein kann Zimmermann dem Vorstoß de Maizieres auch etwas Gutes abgewinnen: Vielleicht sei es ja auch ganz positiv, dass damit eine Diskussion in Gang gebracht worden sei. Denn inhaltlich stimme er durchaus mit einigen Thesen des Innenministers überein.

Er vermisse allerdings wichtige Punkte. So spreche de Maiziere nicht von den Rechten, die der Einzelne gegenüber dem Staat habe, wie etwa der Meinungsfreiheit. Auch erwähne er nicht die Gleichheit der Geschlechter oder die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements. Er sei auch irritiert über die Reihenfolge der Thesen, so Zimmermann. Es sei verwunderlich, dass de Maiziere damit beginne, dass man sich zur Begrüßung die Hand gebe und sein Gesicht zeige.

Diskussion mit Religionsvertretern

Darüber wird am Dienstag sicher noch zu sprechen sein. Nach der Rede des Innenministers ist deshalb eine Diskussion geplant, an der neben de Maiziere verschiedene Religionsvertreter teilnehmen. Dazu gehören der Münsteraner Weihbischof Christoph Hegge, der bundespolitische Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Martin Dutzmann, der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, der Vorsitzende des Koordinationsrates der Muslime, Aiman Mazyek, sowie der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände, Ali Ertan Toprak.

Zudem wollen die Teilnehmer über das Ehrenamt ("Allheilmittel bürgerschaftliches Engagement oder Überforderung von Ehrenamtlichen") debattieren. Zur Diskussion über Kultur und Arbeit als Integrationsfaktoren werden unter anderen Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), WDR-Intendant Tom Buhrow und der Staatssekretär im Arbeitsministerium, Thorben Albrecht, erwartet.

Ein "Ausrufezeichen" setzen die Veranstalter zum Abschluss der Veranstaltung: Am frühen Nachmittag wollen die Beteiligten die Thesen dann Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergeben.


Quelle:
KNA