ZdK-Präsident zu Wahlen in Deutschland und Frankreich

"Farbe bekennen für Demokratie"

Die Parteien verabschieden gerade ihre Wahlprogramme. Auch darüber diskutieren mehr als 200 Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Die Frühjahrsvollversammlung tagt in Berlin. Thomas Sternberg, Präsident des ZdK, im domradio.de-Interview.

Stimmkarte bei der ZdK-Herbstvollversammlung / © Harald Oppitz (KNA)
Stimmkarte bei der ZdK-Herbstvollversammlung / © Harald Oppitz ( KNA )

domradio.de: Im Jahr der Bundestagswahl hat das ZdK eine Demokratie-Initiative gestartet: Christen sollen nicht passive Zuschauer in der Politik sein, sondern aktive Mitspieler. Wie kann das funktionieren, Herr Professor Sternberg?

Prof. Thomas Sternberg (Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken): Das hat eine alte und lange Tradition, dass sowohl das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, als auch die Deutsche Bischofskonferenz Wahlaufrufe machen. Das sind natürlich heute keine Wahlaufrufe für eine bestimmte Partei, aber es sind Wahlaufrufe, die deutlich machen: Es geht nicht nur darum, dass Wahlrecht auch eine Wahlpflicht ist, sondern das man deutlich macht, wo katholische Christen in diesem Land stehen.

Deshalb heißt unser Papier "Farbe bekennen für Demokratie". Wir wollen deutlich machen wofür wir stehen: Für Europa, für Demokratie, für ein faires und menschliches Miteinander. Wir wollen uns klar äußern gegen Ausgrenzung, gegen Hass, gegen Hetze und gegen populistische Zerstörung unserer Demokratie.

domradio.de: In Frankreich wird jetzt am Sonntag der zukünftige Präsident gewählt. Vor 15 Jahren, als schon einmal ein Kandidat der rechtsextremen Partei Front National in die zweite Runde kam, hat sich die französische Bischofskonferenz klar gegen ihn ausgesprochen. Dieses Mal gibt es keine Wahlempfehlung von den Bischöfen. Ist das ein Fehler in Ihren Augen?

Sternberg: Es ist von hier schwer zu sagen. Ich möchte auch keine Äußerungen abgeben über unsere französischen Freunde. Ich weiß nicht, was sie bewogen hat hier keine Wahlempfehlung zu geben oder zu enthalten. Wir haben natürlich die große Hoffnung, dass in Frankreich die Demokratie siegt, die auch europäische Verhältnisse stabilisiert. Es besteht schon einige Sorge, wenn wirklich Front National gewinnen sollte, dass wir dann auch eine erhebliche Verschlechterung bei den Dingen haben, die uns gemeinsam berühren. Warum die Bischöfe das nicht getan haben, weiß ich nicht. Hier in Deutschland ist es anders.

domradio.de: In Ihrer Frühjahrsvollversammlung werden Sie auch Ihre inhaltliche Haltung besprechen. Aktuell ist das "Zehn Punkte Programm" zur neuen Leitkultur von Innenminister de Maizière ein großes gesellschaftliches Thema. Wie stehen Sie denn der aktuellen Leitkultur-Debatte gegenüber?

Sternberg: Das was da mit Leitkultur gemeint wird, ist eine ganz wichtige Diskussion, die außerordentlich bedeutsam und wichtig ist. Ob man das Leitkultur nennen soll, ist etwas anderes. Der Begriff ist völlig abgenutzt und ist ein reines Kampfwort geworden, ohne das irgendjemand weiß, was eigentlich damit gemeint ist. Dass wir uns über die kulturellen Grundlagen unserer Rechtsordnung, unserer Demokratie und unseres Staates verständigen müssen, das ist glaube ich eine ganz wichtige Sache. Insofern glaube ich, eignet sich das nicht für eine Kampf- und Frontstellung, sondern ich hoffe auf ein gemeinsames Nachdenken all derer, denen diese Demokratie wichtig ist.

domradio.de: Sie haben sich auf Ihrer letzten Frühjahrsvollversammlung vor einem Jahr gegen einen Dialog mit der AfD auf dem damaligen Katholikentag ausgesprochen. Jetzt sind Vertreter der Partei beim Deutschen Evangelischen Kirchentag eingeladen und auch der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa fordert in diesen Tagen, mit der AfD in den Dialog zukommen. Würde sich das ZdK heute anders entscheiden?

Sternberg: Wir würden uns selbstverständlich nicht anders entscheiden und auch der Evangelische Kirchentag hat sich nicht anders entschieden. Wir sind da völlig gleicher Meinung. Wir haben nie eine Partei eingeladen, sondern wir haben Referenten eingeladen, die zu einem Thema etwas zu sagen haben. Der Evangelische Kirchentag hat eine Veranstaltung, die beschäftigt sich mit der Gruppe "Christen in der AfD". Dass man bei einer solchen Tagung, bei der es um Christen in der AfD geht, auch jemanden von den Vertretern einlädt, versteht sich doch von selbst. Wir haben nie gesagt, dass wir einen Dialog nicht wollen. Frau Petry sollte zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Flüchtlinge kommen und wir haben gesagt, nein wir laden Frau Petry nicht ein und in dieser Situation schon gar nicht.

Ich sehe was diese Bewegung – ich zögere immer noch sie Partei zu nennen – abliefert, auch an Kirchenfeindschaft. Sie ruft dazu auf aus der Kirche auszutreten, sie setzt sich dafür ein, den Islam generell zu verteufeln und sagt es soll kein Religionsunterricht und keine Theologie des Islams hier in Deutschland geben. Das ist so grotesk und so diametral gegen unsere Position, dass man sehr klar sagen kann: Eine solche Gruppierung ist für uns nicht wählbar. Dass man mit denen reden kann, das ist eine ganz andere Frage. Ich halte überhaupt nichts davon, eine Polarisierung zu machen, als hätten wir uns grundsätzlich in die eine oder die andere Richtung positioniert.

Ich habe vor wenigen Monaten eine öffentliche Diskussion mit Alexander Gauland gemacht. Das ist nicht unbedingt erfreulich, aber selbstverständlich wird diskutiert. Auf der anderen Seite hat das, was da gelegentlich als die Frage einer "political correctness" bezeichnet wird, mit "political correctness" überhaupt gar nichts zu tun. Wenn man sich ansieht, was da gesagt wird an Ausgrenzungen, dann geht es einfach nur um die Frage Haltung zu zeigen für Positionen, die eigentlich Normalität und Selbstverständlichkeit unter Demokraten sein sollten.


ZdK-Präsident Thomas Sternberg / © Juergen Loesel (KNA)
ZdK-Präsident Thomas Sternberg / © Juergen Loesel ( KNA )
Quelle:
DR