Debatte um ein Islamgesetz in der CDU

"Populistische Schnapsidee"

CDU-Politiker wollen mit der Forderung nach einem Islamgesetz Wahlkampf machen. Doch Widerstand kommt nicht nur von Muslimen, SPD und Grünen. Auch in den eigenen Reihen hält mancher den Vorstoß für ziemlich daneben.

Autor/in:
Christoph Arens
Muslime beten in einer Moschee / © Daniel Naupold (dpa)
Muslime beten in einer Moschee / © Daniel Naupold ( dpa )

Ruprecht Polenz nimmt kein Blatt vor den Mund: Das von mehreren seiner Parteifreunde geforderte Islamgesetz sei eine "populistische Schnapsidee", sagte der frühere CDU-Generalsekretär ganz unverblümt am Sonntag der "Huffington Post". Auch Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte den Vorschlag seines Fraktionskollegen Jens Spahn als unnötig bezeichnet. Das Grundgesetz und die Strafgesetze reichten aus, um etwa Hasspredigten zu unterbinden.

Debatte mit neuer Dynamik

Dennoch bekam die Debatte am Wochenende eine neue Dynamik: Partei-Vize Julia Klöckner, die seit Jahren ein Burka-Verbot fordert, legte in der "Bild am Sonntag" eine Auflistung vor, was ein Islamgesetz regeln sollte: etwa den Vorrang deutscher Gesetze vor islamischen Glaubensvorschriften, den rechtlichen Status der muslimischen Organisationen und Moschee-Vereine sowie ein Verbot der Finanzierung von Moscheen aus dem Ausland. Klöckner forderte auch ein Moschee-Register, "damit wir wissen, wie viele Moscheen es in unserem Land gibt, wo sie sind, wer Träger und wer Finanzier ist".

Gleichzeitig will die rheinland-pfälzische CDU-Chefin aber auch die Rechte von Muslimen festschreiben: etwa einen Anspruch auf Seelsorger in Gefängnissen, Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie das Recht auf islamische Bestattungen.

Sechs Monate vor der Bundestagswahl will der konservative Teil der CDU das Islam-Thema offenbar zur Mobilisierung nutzen: Unterstützung erhielten Klöckner und Spahn von der Jungen Union (JU) und der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung: JU-Chef Paul Ziemiak sagte der "Bild am Sonntag": "Die Debatte um ein Islamgesetz müssen wir dringend führen, auch mit Blick auf das Wahlprogramm." Und Mittelstands-Sprecher Carsten Linnemann forderte "klare Spielregeln" für Muslime. Die Forderung nach einem solchen Gesetz sollte ins Programm für die Bundestagswahl aufgenommen werden.

Präsidiumsmitglied Spahn hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, in das Islamgesetz auch Regeln für die Ausbildung von deutschsprechenden Imamen, von muslimischen Religionslehrern und Seelsorgern aufzunehmen. Die Ausbildung müsse zudem aus Steuergeldern mitfinanziert werden, sagte der CDU-Politiker. "Das wird eine harte Debatte, aber mir ist lieber, wir finanzieren das, als dass das Geld aus der Türkei oder aus Saudi-Arabien kommt."

SPD, Grünen und Muslime protestieren

Proteste kamen von SPD, Grünen und Muslimen: Für Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz (SPD) und der Grünen-Politiker Volker Beck sind die Vorschläge schlicht verfassungswidrig. "Wir können ein Gesetz ja nicht nur für eine Religionsgemeinschaft machen", sagte Scholz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine zwingende Ausbildung von Geistlichen in Deutschland müsste dann für alle Religionsgemeinschaften gelten: "auch für katholische Priester oder Rabbiner".

Der Grünen-Politiker Omid Nouripour lehnt ein von Unionspolitikern gefordertes Islamgesetz ab. Er wisse nicht, was in einem solchen Gesetz stehen solle, denn im Grundgesetz sei alles bereits geregelt, sagte er am Montag im Deutschlandfunk. Als Beispiel nannte Nouripour die Gleichstellung der Religionen. Nouripour warnte die Union davor, auf Kosten von Minderheiten Wahlkampf zu betreiben. Sie sei nach rechts zur AfD offenbar nicht abgedichtet, wenn sie solche Vorschläge mache.

Auch der Chef des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", ein solches Gesetz wäre nicht grundgesetzkonform. Der Islamrat sprach von Populismus. Die Forderungen erschwerten Zusammenleben und Integration.

Vergleich mit Rechten der christlichen Kirchen

War diese Kritik mehr oder weniger vorhersehbar, so überrascht die Deutlichkeit, mit der Polenz den Vorstoß seiner Parteifreunde auseinandernimmt. "In einem Rechtsstaat darf man die vier Millionen Muslime und über 2.500 Moscheen in Deutschland nicht unter Generalverdacht stellen", kritisierte er. Seine Parteifreunden täten so, als "würden sich Moscheegemeinden nicht selbst gegen Radikalisierungsversuche wehren und der Verfassungsschutz konkreten Verdachtsmomenten nicht nachgehen", stelle sich der frühere Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages vor die Muslime in Deutschland.

Der Münsteraner CDU-Politiker verglich die Vorschläge mit den Rechten der christlichen Kirchen: "Auf Polnisch, Kroatisch, Vietnamesisch, Russisch, Italienisch, Spanisch, Rumänisch, Litauisch oder Portugiesisch wird Sonntag für Sonntag in deutschen Kirchen gebetet und gepredigt, ohne dass deswegen irgendjemand integrationspolitische Bedenken bekäme." Und wenn man den Weltreligionen eine ausschließlich innerstaatliche Finanzierung vorschreiben wolle, dann müsse man doch auch die weltweiten Aktivitäten der evangelischen oder katholischen Kirche stoppen.


Ruprecht Polenz / © Fredrik von Erichsen (dpa)
Ruprecht Polenz / © Fredrik von Erichsen ( dpa )

Julia Klöckner (dpa)
Julia Klöckner / ( dpa )

Jens Spahn / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Jens Spahn / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Volker Beck / © Julia Rathke/KNA
Volker Beck / © Julia Rathke/KNA

Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime / © Alexander Heinl (dpa)
Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime / © Alexander Heinl ( dpa )
Quelle:
KNA