Oberstes Gericht in Venezuela nimmt Parlamentsentmachtung zurück

Machtkampf geht weiter

Die Empörung über die Entmachtung des venezolanischen Parlaments per Richterspruch war groß. Nun haben die obersten Richter ihr Urteil kassiert. Doch der Machtkampf zwischen sozialistischer Regierung und bürgerlicher Opposition geht weiter.

Anhänger der Opposition demonstrieren am 01.04.2017 gegen die Regierung Nicolas Maduros in Caracas, Venezuela.  / © Manaure Quintero (dpa)
Anhänger der Opposition demonstrieren am 01.04.2017 gegen die Regierung Nicolas Maduros in Caracas, Venezuela. / © Manaure Quintero ( dpa )

Wende im Machtkampf in Venezuela: Das Oberste Gericht des Landes hat sein umstrittenes Urteil zur Entmachtung des Parlaments zurückgenommen. Sowohl der Entzug der Kompetenzen des Parlaments als auch die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten wurden revidiert, wie aus einer Erklärung des Gerichts vom Samstag hervorgeht. Zuvor hatte der Nationale Verteidigungsrat unter Vorsitz von Präsident Nicolás Maduro die obersten Richter angewiesen, ihre im In- und Ausland heftig kritisierte Entscheidung zu überdenken.

Unklar blieb am Wochenende zunächst, welchen Einfluss die widersprüchlichen Richtersprüche für den politischen Alltag haben werden. Oppositionspolitiker kritisierten, dass die Justiz trotz der Kehrtwende nach wie vor die Befugnisse des Parlaments einschränke. Präsident Maduro hingegen erklärte, der Disput zwischen den verschiedenen Gewalten sei im Dialog gelöst worden.

Wirtschafts- und Finanzkrise im Land

Seit Jahren liefern sich die sozialistische Regierung des Landes und die Opposition einen erbitterten Machtkampf. Das konservative Oppositionsbündnis MUD dringt auf eine Absetzung des umstrittenen Staatschefs Maduro. Die Lage ist angespannt, zumal Venezuela unter anderem wegen des Ölpreisverfalls eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise durchlebt.

Am Donnerstag hatte das Oberste Gericht des Landes das von der bürgerlichen Opposition dominierte Parlament entmachtet und die Entscheidungsbefugnisse der Parlamentarier selbst übernommen. Zur Begründung hieß es, dass sich die Parlamentsmehrheit nicht an die gesetzlichen Regelungen halte und Entscheidungen der Justiz missachte. Die mehrheitlich durch Regierungspolitiker ernannten obersten Richter urteilen zumeist im Sinne von Präsident Maduro.

"Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung"

Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz nannte das Vorgehen des Gerichts einen "Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung". Sie äußerte sich in einer Fernsehansprache "höchst besorgt". Die Kritik der obersten Staatsanwältin überraschte, da Ortega Díaz der Maduro-Regierung nahesteht. Auch international stieß das Agieren der obersten Richter auf Unverständnis. Mehrere Länder, darunter der Nachbarstaat Kolumbien, riefen ihre Botschafter aus Caracas zurück.

In mehreren Städten gingen Venezolaner am Samstag aus Protest gegen die politische Lage in ihrem Land auf die Straße. In der Hauptstadt Caracas verhinderte die Polizei mit Wasserwerfern einen Marsch in Richtung des Regierungspalastes. Bereits am Freitag war es zu Demonstrationen und teils zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Die katholische Bischofskonferenz des Landes erklärte, es sei dringend notwendig, friedlich aber entschlossen gegen Übergriffe seitens der Macht vorzugehen.


Quelle:
epd