Bischöfe erfreut über Wahlausgang in den Niederlanden

Rutte weit vor Wilders

Die Niederlande haben gewählt: Und sie erteilen dem Rechtspopulisten Wilders eine Absage. Ministerpräsident Rutte wird wohl die nächste Regierung führen. Die niederländischen Bischöfe erfreut daneben auch die hohe Wahlbeteiligung.

Wahlgewinner Mark Rutte / © Daniel Reinhardt (dpa)
Wahlgewinner Mark Rutte / © Daniel Reinhardt ( dpa )

Die Niederlande bleiben auf Pro-Europa-Kurs: Die rechtsliberale Partei von Ministerpräsident Mark Rutte hat bei der Parlamentswahl den rechtspopulistischen Herausforderer Geert Wilders klar abgewehrt. Nach Prognosen vom Mittwochabend deutete alles auf eine neue Regierung unter Ruttes Führung hin. Die Koalitionsbildung dürfte aber wegen der Zersplitterung der Parteienlandschaft sehr kompliziert werden. Erstmals werden dafür mindestens vier Parteien benötigt. Deutsche Regierungspolitiker zeigten sich erleichtert über den absehbaren Wahlausgang.

Niederländische Bischöfe erfreut

Die niederländischen Bischöfe lobten neben der hohen Beteiligung der Bevölkerung an der Parlamentswahl auch die politische Richtung des Wahlausgangs. "Neben der hohen Wahlbeteiligung bewerten wir positiv, dass die erste Prognose auf eine Fokussierung der Wähler zu Parteien in der Mitte hindeutet", sagte Danielle Woestenberg, Verantwortliche der niederländischen Bischofskonferenz für die Beziehungen zur Politik, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwochabend. Extreme Positionen seien abgestraft worden.

Rechtspopulist Wilders hatte sich mit seinem islamfeindlichen und gegen die EU gerichteten Wahlkampf viel mehr ausgerechnet. Für ihn votierten nur 13 Prozent der niederländischen Wähler. Die Abstimmung war der Auftakt des europäischen Superwahljahres 2017 - ein großer Erfolg von Wilders wäre als Rückschlag für die Europäische Union gewertet worden. Weitere Etappen sind die Präsidentschaftswahlen in Frankreich im April/Mai und die Bundestagswahl im September - in beiden Fällen mit scharfen rechtspopulistischen Attacken.

Rutte siegt trotz Verlusten

Ruttes Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) hatte im Wahlkampf zuletzt einen scharfen Rechtskurs zur Eindämmung von Wilders' PVV gefahren. Er konnte laut Nachwahlprognosen vom Abend auf 31 der 150 Sitze im Parlament hoffen. Das wäre ein Verlust von zehn Sitzen, aber Ruttes Partei bliebe immer noch mit Abstand am stärksten. Eigentlicher Wahlsieger sind die Grünen, die sich nach den Prognosen von vier auf 16 Sitze verbessern konnten.

Der seit 2010 amtierende Premier Rutte kann die große Koalition mit den Sozialdemokraten nicht fortsetzen. Der Bündnispartner wurde massiv abgestraft mit einem Verlust von 29 Sitzen auf nur noch neun. Notwendig für die Regierungsbildung sind 76 der 150 Parlamentssitze. Mehrere kleinere Parteien erklärten sich noch am Abend bereit, mit Rutte zu sprechen.

Auf Ruttes VVD folgten am Abend gleichauf drei Parteien - eine davon die von Wilders mit 19 Sitzen. Gleichauf mit ihm sind nach den Prognosen des niederländischen Fernsehens die Christdemokraten und Linksliberalen. Die Beteiligung lag nach einem zugespitzten Wahlkampf bei 81 Prozent - deutlich höher als bei der vorigen Wahl 2012, als sich knapp 75 Prozent der etwa 13 Millionen Stimmberechtigten beteiligten.

Nach dem Brexit und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im Vorjahr wäre ein besseres Abschneiden von Wilders als äußerst schlechtes Omen für die Wahlen in Frankreich und Deutschland gewertet worden. Auch in Österreich wurde der Sieg eines Rechtspopulisten nur knapp verhindert - der Grünen-Politiker Alexander Van der Bellen siegte im Dezember in der Stichwahl gegen Norbert Hofer.

Wilders will die Niederlande aus der EU führen. Er lag viele Monate in den Umfragen teils deutlich vorn. Der 53-Jährige bediente Ängste vor einer Zukunft in Europa, dem Verlust der nationalen Identität und dem Islam. Alle etablierten Parteien hatten eine Zusammenarbeit mit ihm allerdings vor dem Wahltag ausgeschlossen.

Trump-Fan Wilders bekräftigte noch am Dienstagabend in der Abschlussdebatte des Wahlkampfes, der Islam müsse mit allen Mitteln bekämpft werden. "Der Islam ist die größte Bedrohung der Niederlande", sagte er. "Die Niederlande müssen wieder uns gehören."

Streit mit der Türkei

Der Streit mit der Türkei um Wahlkampfauftritte von Regierungspolitikern aus Ankara und das harte Auftreten Ruttes hatte die Schlussphase des niederländischen Wahlkampfes beherrscht. Der Premier verteidigte zugleich den Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei. Dadurch seien 90 Prozent weniger Asylsuchende in die EU gekommen. Rutte äußerte sich zuversichtlich, dass die Türkei das Abkommen trotz des heftigen Konfliktes mit EU-Staaten nicht kündigen werde.

Da es in den Niederlanden keine Sperrklausel wie die deutsche Fünf-Prozent-Hürde gibt, reicht ein kleiner Anteil der Stimmen aus, um einen Platz in der "Tweede Kamer" (Zweiten Kammer) zu erobern. Bisher setzte sich das Parlament in Den Haag aus 17 verschiedenen Fraktionen zusammen.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) wertete den absehbaren Wahlausgang als Erfolg für Europa. Es sei ein gutes Zeichen, dass ein rechtsextremer Kandidat wie Wilders nicht gewonnen habe, sagte er am Rande einer SPD-Veranstaltung im niedersächsischen Wolfenbüttel. Auch für die Frankreich-Wahl stimme ihn das Ergebnis optimistisch.

In Berlin gratulierte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) euphorisch zum Ergebnis der ersten Wahlprognose. "Niederlande, oh Niederlande, du bist ein Champion! Wir lieben Oranje für sein Handeln und sein Tun! Herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Ergebnis!", schrieb er auf Twitter. Im Zusammenhang mit Nazi-Vorwürfen aus der Türkei gegen die Niederlande hatte Altmaier bereits am Sonntag in der ARD seine Solidarität mit dem Nachbarland erklärt.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte, den ersten Prognosen zufolge habe die überwältigende Mehrheit der Niederländer der "Hetze von Geert Wilders und seiner unsäglichen Haltung gegenüber ganzen Bevölkerungsgruppen" eine klare Absage erteilt. "Das ist eine gute Nachricht für Europa und für die Niederlande."


Rechtspopulist Geert Wilders  (dpa)
Rechtspopulist Geert Wilders / ( dpa )
Quelle:
dpa , KNA