Bernd Nilles leitet katholischen Entwicklungsdachverband

Ein Anwalt der Stimmlosen in Brüssel

Mehr als 9.000 Lobbyorganisationen sind im Transparenzregister der EU-Institutionen eingetragen. Darunter sind nicht nur Wirtschaftsverbände, sondern auch kirchliche Organisationen.

Autor/in:
Franziska Broich
Bernd Nilles / © Cristian Gennari (KNA)
Bernd Nilles / © Cristian Gennari ( KNA )

Täglich gehen Hunderte Lobbyisten bei der EU-Kommission und den Europaabgeordneten ein und aus. Darunter sind nicht nur Wirtschaftsvertreter, sondern auch einige Mitarbeiter von Kirchen und christlichen Hilfsorganisationen. Bernd Nilles, Generalsekretär des internationalen Dachverbandes katholischer Entwicklungsorganisationen (CIDSE), ist einer von ihnen. Der 46-Jährige vertritt seit neun Jahren die Interessen von 17 katholischen Hilfswerken im Dickicht der EU-Politik. In Deutschland gehört das Hilfswerk Misereor zu den Mitgliedern von CIDSE.

Klimawandel, Konfliktmineralien und die Entwicklungsagenda - mit all diesen Themen beschäftigt sich Nilles. "Ja, wir machen Lobbyarbeit, und man kann mich durchaus als Lobbyisten bezeichnen", sagt er.

"Anwalt" der Kirchen

Mittlerweile habe sich allerdings der Begriff "Anwaltschaft" etabliert. Dieses Wort mache deutlicher, dass CIDSE die Interessen der Menschen vertrete, die in Brüssel keine Stimme hätten. "Wir versuchen Anwälte derer zu sein, die vor Ort in Entwicklungsländern von europäischer Politik betroffen sind." "Im politischen Prozess ist Sachverstand nötig", erklärt Nilles. Es sei gut und richtig, dass Institutionen und Politiker, die Fachleute anhörten. Als Beispiel nennt er die europäische Entwicklungspolitik.

Es wäre ein "Unding", so der Generalsekretär, wenn CIDSE dazu nicht befragt werde. Der Dachverband habe 10.000 Partnerorganisationen in mehr als 120 Ländern. "Wenn irgendjemand weiß, wie der Klimawandel lokal wirkt, wie Flucht vor Ort aussieht oder Kriegsursachen, dann sind wir das dank unserer Partner vor Ort."

Druckmittel der öffentlichen Meinung

CIDSE setzte auf Expertise. "Wir laden nicht zu eleganten Gala-Abendessen ein oder spendieren irgendwelche interessanten Reisen", versichert Nilles. Die Organisation arbeite mit dem Druckmittel öffentlicher Meinung. "Unsere Glaubwürdigkeit und Kraft liegt darin, dass wahnsinnig viele Menschen uns unterstützen, für uns spenden, an unseren Aktionen teilnehmen", sagt er. Die Wirkung des christlichen Lobbyings basiere auf Beweisen, Fakten, Geschichten von Menschen vor Ort sowie ethisch-moralischen Argumenten. Unternehmen hätten dagegen keine Bürger, die sie unterstützten. Ihr Einfluss beruhe auf Geld und guten Kontakten.

Als katholische Organisation verbinde CIDSE oft noch etwas anderes mit den Politikern, meint Nilles. Der Glaube. Manchmal seien auch höhere Autoritäten wie Bischöfe ein Türöffner, erklärt der Lobbyist.

"Ungerechte" Politik benennen

Er selbst habe es sich zum Auftrag gemacht, "ungerechte" Politik zu benennen. "Ich glaube, wir haben eine ganz gute Antenne dafür, was ist fair und unfair", sagt er. Am Ende komme er dann zu "weitreichenden Positionen", denn die NGO möchte die Probleme an der Wurzel bekämpfen. Im politischen Dialog sei das oft sehr unangenehm, möglichst nah an die Wurzel zu kommen.

Im April beginnt für Nilles ein neues Kapitel. Er wird Direktor des Schweizer Hilfswerks "Fastenopfer", das ebenfalls Mitglied von CIDSE ist. Der Bischof von Basel und Präsident von Fastenopfer, Felix Gmür, hob Nilles' Erfahrung mit nationalen und internationalen entwicklungspolitischen Kampagnen hervor. Mit ihm komme "eine Führungsperson zu Fastenopfer, welche die gleichen Werte teilt und die Kultur unseres kirchlichen Hilfswerks bereits gut kennt".


EU-Fahnen in Brüssel / © Thierry Monasse (dpa)
EU-Fahnen in Brüssel / © Thierry Monasse ( dpa )
Quelle:
KNA