Unicef und Welthungerhilfe rufen zum schnellen Handeln auf

Millionen Kinder vom Hungertod bedroht

Knapp 1,4 Millionen Kinder in Nigeria, Somalia, Südsudan und Jemen sind laut Unicef vom Hungertod bedroht. Um eine Katastrophe zu verhindern, müsse die Weltgemeinschaft schnell handeln. Auch die Welthungerhilfe appellierte an die Staaten.

Flüchtlingscamp im Südsudan  / © Sinikka Tarvainen (dpa)
Flüchtlingscamp im Südsudan / © Sinikka Tarvainen ( dpa )

 "Für mehr als eine Million Jungen und Mädchen läuft die Zeit ab", sagte der Geschäftsführer der UN-Kinderhilfsorganisation, Anthony Lake, am Dienstag in New York. "Noch können wir Leben retten." Hunger und Fehlernährung in der Region seien weithin von Menschen verursacht. Die Weltgemeinschaft müsse schnell handeln, damit sich die Hungerkatastrophe von 2011 am Horn von Afrika nicht wiederhole, betonte Lake.

Laut UN-Kinderhilfswerk sind im Nordosten Nigerias wegen der Konflikte mit der islamistischen Organisation Boko Haram 450.000 Jungen und Mädchen von extremer Fehlernährung betroffen. In Somalia bedrohe die fortdauernde Dürre mehr als 6,2 Millionen Menschen. Derzeit seien 185.000 Kinder extrem unterernährt. Die Zahl werde innerhalb der kommenden Monate auf 270.000 steigen.

Viele Hungernde in Kriegsgebieten

Im Jemen, in dem seit zwei Jahren Krieg herrscht, litten rund 462.000 Kinder unter akuter Mangelernährung - ein Anstieg von fast 200 Prozent seit 2014, teilte das Kinderhilfswerk mit. Im vom Bürgerkrieg zerrissenen Südsudan litten mehr als 270.000 Jungen und Mädchen unter schwerer Mangelernährung.

In Teilen des Südsudan ist nach UN-Angaben offiziell eine Hungersnot ausgerufen worden. Im Unity State im Norden sowie im Zentrum des Landes seien schätzungsweise 100.000 Menschen akut vom Hungertod bedroht.

Teilweise nur Gras zum Essen

Die UN-Organisationen riefen dringend zur Hilfe auf. Sie fordern ungehinderten und sicheren Zugang zu allen Hungernden. Ein blutiger Machtkampf macht die Lage im Land seit Jahren unsicher. "Über eine Million Kinder im Südsudan leiden bereits an akuter Mangelernährung, 250.000 davon schwer. Wenn wir sie nicht rechtzeitig erreichen, werden viele von ihnen sterben", erklärte der Leiter von Unicef Südsudan, Jeremy Hopkins. Viele Kinder, die vor der Gewalt geflohen sind, hätten keine andere Möglichkeit, als wilde Früchte oder sogar Gras zu essen, um zu überleben. Weil sauberes Wasser fehle, würden sie schnell krank.

Unicef will im Jahr 2017 im Südsudan rund 207.000 Kinder mit akuter schwerer Mangelernährung behandeln. Gemeinsam mit einem Netzwerk von 40 Nichtregierungs- und UN-Organisationen unterstützt das Kinderhilfswerk nach eigenen Angaben landesweit 620 therapeutische Ernährungsprogramme sowie 50 stationäre therapeutische Ernährungszentren. 

Versorgung mit Grundlebensmitteln unzureichend

Drei Jahre Bürgerkrieg haben die Nahrungsmittelproduktion im Südsudan zum Erliegen gebracht. Der Anstieg der Gewalt habe im vergangenen Jahr auch bis dahin sichere Gebiete erreicht, so die UN-Organisationen. In den Städten könnten sich durch die dramatische Inflation und gestiegene Nahrungsmittelpreise viele Menschen nicht mehr ausreichend mit Grundlebensmitteln versorgen. Es werde damit gerechnet, dass bis Juli rund 5,5 Millionen Menschen bedrohen werden, heißt es. Derzeit sind nach offiziellen Angaben rund 40 Prozent der Menschen im Südsudan auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

Der Südsudan erlangte im Juli 2011 seine Unabhängigkeit vom Sudan. Seit 2013 liefert sich Präsident Salva Kiir einen blutigen Machtkampf mit seinem Herausforderer Riek Machar. Rund drei Millionen Menschen wurden laut UN-Angaben bereits in die Flucht getrieben. Rund 50.000 Menschen starben in dem Konflikt.

Ebenfalls Appell von der Welthungerhilfe

Auch die Welthungerhilfe hat an die internationale Staatengemeinschaft appelliert, so schnell wie möglich zusätzliche humanitäre Hilfe für den Südsudan bereitzustellen. Die Welthungerhilfe ist in dem von einer Hungersnot betroffenen Bundesstaat Unity seit Jahren tätig und versorgt derzeit noch eigenen Angaben rund 350.000 Menschen mit Nahrungsmitteln. "In den Gebieten, in denen wir die Überlebenshilfe leisten, konnten wir das Schlimmste verhindern", sagte der Vorstandsvorsitzende der Hilfsorganisation, Till Wahnbaeck, am Dienstag in Bonn.

Humanitäre Hilfe werde für Krisengebiete in Afrika auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen. "In Zeiten von Afrikagipfeln und einem geplanten Marschallplan für den Kontinent dürfen wir keine Hungertoten hinnehmen", betonte Wahnbaeck, der vor wenigen Wochen den Südsudan bereist hatte.

Auch am Horn von Afrika droht laut Welthungerhilfe aufgrund einer anhaltenden Dürre eine Hungerkrise, von der mehr als zwölf Millionen Menschen in Äthiopien, Kenia und Somalia betroffen sind. In den Ländern seien die letzten Regenzeiten ausgefallen, und die ersten Tiere seien bereits gestorben. Gleichzeitig stiegen die Preise für Grundnahrungsmittel enorm an, hieß es.


Quelle:
epd , KNA