Was der erste Tag eines neuen US-Präsidenten der Welt zeigt

"Day one"

Der Tag der Amtseinführung hat schon bei einigen US-Präsidenten erkennen lassen, wie sie ihr Amt auszuführen gedenken. Am "Day One" wird deshalb auch Donald Trump wie unter einem Mikroskop beobachtet werden.

Autor/in:
Ronald Gerste
Trump-Buttons / © Matt Rourke (dpa)
Trump-Buttons / © Matt Rourke ( dpa )

Es ist ein Feiertag der US-Demokratie: Wenn alle vier Jahre ein Präsident vor dem Kapitol vereidigt wird, legt dieser Akt Zeugnis von einer in der Welt einmaligen Stabilität einer Verfassung und eines Staatswesens ab. Noch nie seit Einführung des US-Präsidentenamtes im Jahr 1789 ist eine Inauguration verschoben worden; Regierungswechsel - die Essenz eines demokratischen Staatswesens - oder die erneute Vereidigung eines Amtsinhabers fanden auch in Krisenzeiten zuverlässig statt. Wahlen wurden selbst während eines Krieges nie verschoben.

Inaugurationstag

Alle vier Jahre feiert sich die Nation an einem 20. Januar selbst - oder an einem 21., falls der 20. auf einen Sonntag fällt. Der neue Mann im höchsten Staatsamt wird an diesem Festtag von der Öffentlichkeit, den Medien und der Welt aufmerksam wie unter einem Mikroskop beobachtet. Höhepunkt der Inauguration ist die Antrittsrede, von der man fast immer Formulierungen für die Ewigkeit erwartet.

So wurden Franklin D. Roosevelts "Das Einzige, was wir zu fürchten habe, ist die Furcht" und John F. Kennedys "Frage nicht, was dein Land für Dich tun kann, frage was du für dein Land tun kannst" zu vielzitierten Bonmots des politischen Selbstverständnisses der USA.

Allerdings hat die Öffentlichkeit nur selten schon am Inaugurationstag die historische Größe solcher Worte erkannt; meist sind Passagen der Antrittsreden erst später, in Kenntnis des Verlaufs einer Präsidentschaft zu Legenden geworden wie der Appell Abraham Lincolns an die "besseren Engel in unserer Natur". Der 1864 wiedergewählte Präsident wurde nur wenige Wochen nach dem Antritt seiner zweiten Amtszeit ermordet.

Psychologische Wirkung

Die Wirkung des neuen Amtsinhabers ist am ersten Tag vor allem eine psychologische. Roosevelt musste mit seinen optimistischen Worten eine durch die Wirtschaftskrise angeschlagene Nation aufrichten, Lincoln ein durch einen blutigen Bürgerkrieg gespaltenes Land.

Neben den Worten ist es das Auftreten des nächsten Präsidenten, in dem man Hinweise auf seine Amtsführung zu erkennen hofft. Dazu gehört der Umgang mit seinem Vorgänger - ist er respektvoll oder sind politische Differenzen deutlich sichtbar?

Donald Trump steht vor einer besonderen Herausforderung, sitzen doch nicht nur mehrere Vorgänger auf dem Podium, sondern auch Hillary Clinton - in ihrer Doppelfunktion als ehemalige Kontrahentin und einstige First Lady.

Auch das Auftreten nach der Vereidigung kann Akzente setzen und einen Blick auf Künftiges freigeben. Sowohl John F. Kennedy als auch Ronald Reagan präsidierten über viele und besonders glanzvolle Bälle - ein Hinweis darauf, dass Stil, Glamour und Kultur in den frühen 1960er und 1980er Jahren wieder en vogue wurden nach der Biederkeit des Eisenhower-Zeitalters und den Entbehrungen der krisenhaften Carter-Jahre.

Jimmy Carter nämlich suchte bei seiner Amtseinführung 1977 ein gänzlich gegenteiliges Zeichen zu setzen. Er ging mit Gattin Rosalynn die ganze Parade vom Capitol zum Weißen Haus zu Fuß, um in Zeiten der Ölkrisen Volksnähe auszustrahlen, die neue First Lady erschien am Abend in einem schon vorher getragenen Kleid von der Stange. Es waren aus Sicht mancher die ersten Anzeichen einer gewissen Stillosigkeit und von mangelndem Gespür für die Erwartungen an das hohe Amt, denen Carter in der Folge wiederholt nicht gerecht werden konnte.

Telefongespräche mit einigen ausgesuchten Staats- und Regierungschefs

Die Parade am Freitag wird mit geplanten 90 Minuten eine der kürzesten der US-Geschichte sein. Am Abend wird Trump mit First Lady Melania an höchstens 3 Bällen teilnehmen - Bill Clinton brachte es 1993 auf 14 Bälle. Auch soll Trumps Team dafür gesorgt haben, dass die Eintrittspreise zu diesen Events bis auf 50 Dollar gesenkt wurden, so dass auch Vertreter seiner Stammwählerschicht, zum Beispiel wirtschaftlich Benachteiligte aus dem Mittelwesten, dabeisein können.

Was am ersten Tag in aller Regel nicht zu erwarten ist, sind politische Entscheidungen. Kein anderer Präsident stand derart unter Handlungsdruck wie Roosevelt 1933 angesichts von fast 13 Millionen Arbeitslosen. Sein berühmter Erlass für einen Bankfeiertag ("Bank Holiday") zur Rettung der Banken vor einer Pleitewelle wurde indes von ihm erst am dritten Tag im Amt unterzeichnet.

Donald Trump will als neuer Präsident noch am Freitag Telefongespräche mit einigen ausgesuchten Staats- und Regierungschefs führen. Wer dabei ist und wer nicht - es wird einiges über die künftige Außenpolitik der Weltmacht aussagen.


Quelle:
KNA