Auszüge aus den wichtigsten Reden des Bundespräsidenten

Gaucks Amtszeit in Zitaten

Grundsatzvortrag, Trauerrede, Festworte, Weihnachtsansprache: Ein Bundespräsident muss in verschiedenen Situationen die richtigen Worte finden. Eine Dokumentation anhand von Zitaten.

Bundespräsident Gauck (dpa)
Bundespräsident Gauck / ( dpa )

"Ich empfinde mein Land vor allem als ein Land des 'Demokratiewunders'. "

(Aus der Antrittsrede von Joachim Gauck am 23. März 2012 in Berlin)

 

"Es darf nicht sein, dass sich Menschen, die zum Teil schon seit Generationen in Deutschland leben, fragen müssen, ob sie hier wirklich zu Hause sind und ob sie sich hier sicher fühlen können."

(Nach einem Gespräch mit Angehörigen der Mordopfer der rechtsextremen Terrorgruppe NSU am 18. Februar 2013)

 

"Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener und substanzieller einbringen. Deutschland zeigt zwar seit langem, dass es international verantwortlich handelt. Aber es könnte - gestützt auf seine Erfahrungen bei der Sicherung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit - entschlossener weitergehen, um den Ordnungsrahmen aus Europäischer Union, Nato und den Vereinten Nationen aufrechtzuerhalten und zu formen. (...) Deutschland wird nie rein militärische Lösungen unterstützen, es wird politisch besonnen vorgehen und alle diplomatischen Möglichkeiten ausschöpfen. Aber wenn schließlich der äußerste Fall diskutiert wird - der Einsatz der Bundeswehr -, dann gilt: Deutschland darf weder aus Prinzip 'nein' noch reflexhaft 'ja' sagen."

(Aus der Rede bei der Münchener Sicherheitskonferenz am 31. Januar 2014. Gaucks Plädoyer für mehr Engagement Deutschlands in internationalen Konflikten löste eine breite Debatte aus.)

 

"Mit Scham und mit Schmerz bitte ich im Namen Deutschlands die Familien der Ermordeten um Verzeihung. Ich verneige mich vor den Opfern der ungeheuren Verbrechen, die hier und an vielen anderen Orten zu beklagen sind."

(Bundespräsident Gauck bat als erstes deutsches Staatsoberhaupt am 7. März 2014 am Mahnmal von Lingiades um Entschuldigung für die Nazi-Verbrechen in dem griechischen Ort.)

 

"Die doppelte Staatsbürgerschaft ist Ausdruck der Lebenswirklichkeit einer wachsenden Zahl von Menschen. (...) Unser Land lernt gerade, dass Menschen sich mit verschiedenen Ländern verbunden und trotzdem in diesem, in unserem Land zu Hause fühlen können. Es lernt, dass eine Gesellschaft attraktiver wird, wenn sie vielschichtige Identitäten akzeptiert und niemanden zu einem lebensfremden Purismus zwingt."

(Aus der Ansprache bei einer Einbürgerungsfeier am 22. Mai 2014 im Schloss Bellevue in Berlin)

 

"Blicken wir nur auf uns selbst, dann neigen wir nicht selten zur Selbstgerechtigkeit. (...) Wir, das heißt Deutschland und auch Europa, tun viel. Aber nicht so viel, wie es selbst manchmal scheint."

(Am 30. Juni 2014 - ein Jahr vor dem großen Andrang von Flüchtlingen nach Deutschland - kritisiert Gauck bei einem Flüchtlingssymposium von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen in Berlin die Abschottung Europas.)

 

"Das Schicksal der Armenier steht beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von der das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist."

(In einem Gottesdienst am 23. April 2015 zum 100. Jahrestag der Massaker an den Armeniern bezeichnet Gauck die Ereignisse im damaligen Osmanischen Reich erstmals als Völkermord. Im Juni 2016 verabschiedet der Bundestag eine Resolution, in der sich der gleiche Wortlaut findet. Sie führt zu diplomatischen Verstimmungen mit der Türkei, die den Begriff Völkermord ablehnt.)

 

"Es waren bittere, es waren schreckliche Lektionen, die uns die beiden großen Kriege bereitet haben. Zeigen wir nicht nur in den Worten der Erinnerung und des Gedenkens, sondern auch durch unser Handeln in Gegenwart und Zukunft, dass wir unsere Lektion wirklich gelernt haben."

(Bei einer Gedenkveranstaltung zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs am 4. August 2014 im belgischen Lüttich)

 

"Es gibt ein helles Deutschland, das hier sich leuchtend darstellt gegenüber dem Dunkeldeutschland, das wir empfinden, wenn wir von Attacken auf Asylbewerberunterkünfte oder gar fremdenfeindlichen Aktionen gegen Menschen hören."

(Beim Besuch einer Flüchtlingsunterkunft am 26. August 2015 in Berlin lobt Gauck das Engagement der Tausenden Helfer und geißelt Angriffe, Beleidigungen und Pöbeleien auch gegen Politiker, die kurz zuvor vor allem in Sachsen für Schlagzeilen sorgten.)

 

"Inzwischen trauen wir uns, und wenn nicht, dann sollten wir uns trauen, das fundamentale Dilemma dieser Tage offen auszusprechen: Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten, sie sind endlich. (...) Es ist eine Kraftanstrengung, wie sie die Bundesrepublik selten meistern musste. Auch unpopuläre Entscheidungen und unbequeme Schritte werden notwendig sein."

(Bei der Rede zur Eröffnung der Interkulturellen Woche am 27. September 2015 in Mainz. In Deutschland wird inzwischen erregt um die von der CSU geforderte "Obergrenze" für die Aufnahme von Flüchtlingen diskutiert.)

 

"Der Meinungsstreit ist keine Störung des Zusammenlebens, sondern Teil der Demokratie. Lassen Sie uns einen Weg beschreiten heraus aus falschen Polarisierungen."

(In der Weihnachtsansprache am 25. Dezember 2015 geht Gauck auf die vielfach von Hass und Wut geprägte Debatte um Zuwanderung ein.)

 

"Ich komme heute nicht nur als Bundespräsident, ich komme als Nachbar zu Ihnen."

(Als erster Bundespräsident nimmt Gauck am 13. Juni 2016 am traditionellen islamischen Fastenbrechen am Ende des Ramadan teil.)

 

"Von denjenigen, für die die Reformation mehr ist als historische Erinnerung und für deren Leben der christliche Glaube eine wichtige Rolle spielt, von denjenigen wünsche ich mir, dass sie aus diesem Glauben heraus gnadenlosen Zuständen immer wieder Momente von tätiger Zuwendung, aber auch von Umkehr und Veränderung, entgegensetzen können. Wir brauchen auch heute Agenten der Entängstigung."

(Zum Festakt zur Eröffnung des 500. Reformationsjubiläums am 31. Oktober 2016)

 

"Dies war ein Angriff auf unsere Mitte, auf unsere Art zu leben."

(Reaktion auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 20. Dezember 2016)


Quelle:
epd