Papst lobt Deutschlands Flüchtlingspolitik

Keine bloßen Zahlen in der Statistik

Papst Franziskus hat Deutschland für die Aufnahme von Flüchtlingen gedankt. Bei seiner Neujahrsansprache vor Diplomaten im Vatikan rief er außerdem religiöse und politische Führer zum gemeinsame Einsatz gegen Terrorismus auf.

Papst Franziskus und Diplomaten / © Alberto Rizzoli (dpa)
Papst Franziskus und Diplomaten / © Alberto Rizzoli ( dpa )

Franziskus hob ausdrücklich den Einsatz der Bundesrepublik gemeinsam mit dem Italiens, Griechenlands und Schwedens bei der Flüchtlingspolitik hervor. Die Migrationsproblematik sei "eine Frage, die nicht einige Länder gleichgültig lassen darf, während andere die humanitäre Last tragen, oft mit beträchtlichem Aufwand und schweren Unannehmlichkeiten", sagte der Papst.

Franziskus sprach sich gegen Abschottung aus. Keinesfalls dürfe man aus der "dramatischen Krise" eine einfache Berechnung machen. "Migranten sind Personen mit Namen, Geschichten und Familien", sagte der Papst. Es werde keinen wirklichen Frieden geben, solange auch nur ein einziger Mensch in seiner Identität verletzt und auf eine bloße Zahl in der Statistik oder ein Objekt von wirtschaftlichem Interesse reduziert werde.

Verpflichtungen von Migranten

Von der Staatengemeinschaft verlangte der Papst "konkrete Gesten von Mitmenschlichkeit". Diese seien "wesentliche Faktoren für jenen Frieden und jene Entwicklung, auf welche noch ganze Länder und Millionen von Menschen warten", so Franziskus. Nur wenn eine Gesellschaft nicht den Blick vom Leid anderer abwende, könne sie offen und aufnahmebereit und zugleich in ihrem Inneren sicher und friedlich sein.

Jeder Mensch habe ein Recht, "in andere Staaten auszuwandern und dort seinen Wohnsitz aufzuschlagen", betonte der Papst. Zugleich müsse ein Land soziale Integration gewährleisten, ohne seine eigene Sicherheit, seine kulturelle Identität und sein sozialpolitisches Gleichgewicht zu gefährden. Migranten ihrerseits dürften "nicht vergessen, dass sie verpflichtet sind, die Gesetze, die Kultur und Traditionen der Länder, die sie aufnehmen, zu respektieren".

Papst dankte schon den christlichen Kirchen in Deutschland

Anlass der Äußerungen war die jährliche Ansprache vor Botschaftern, die beim Heiligen Stuhl akkreditiert sind. Gegenwärtig unterhält der Vatikan volle diplomatische Beziehungen zu 182 Staaten. Hinzu kommen Botschaften bei der EU und dem Souveränen Malteserorden.

Bereits im November hatte Franziskus den christlichen Kirchen in Deutschland für ihre Flüchtlingshilfe gedankt. Sie leisteten einen enormen Einsatz, um Hunderttausende aufzunehmen und ihnen Beistand und menschliche Nähe zu geben, sagte er vor deutschen Bischöfen im Vatikan. Die Oberhirten der 27 deutschen Diözesen samt Weihbischöfen absolvierten ihren turnusmäßigen Ad-limina-Besuch, bei dem sie dem Papst und der Kurie Bericht erstatteten.

Papst ruft religiöse und politische Führer zu gemeinsamem Kampf gegen Terrorismus auf

Franziskus hat bei der Neujahrsansprache vor den Botschaftern außerdem religiöse Führer und Regierungen zum gemeinsamen Vorgehen gegen islamistischen Terrorismus und andere Formen religiös motivierter Gewalt ermahnt. Es handle sich um einen "mörderischen Wahnsinn, der den Namen Gottes missbraucht, um den Tod zu verbreiten, und versucht, einen Macht- und Herrschaftswillen durchzusetzen", sagte er.

Fundamentalistischer Terrorismus sei die Frucht einer "großen geistigen Erbärmlichkeit" und häufig auch sozialer Armut. Nur durch die Zusammenarbeit religiöser und politischer Führer könne diese Gewalt beendet werden, so Franziskus.

Alle religiösen Autoritäten müssten "gemeinsam entschieden bekräftigen, dass man nie im Namen Gottes töten darf", forderte der Papst in seiner Rede. Die Regierenden rief er auf, die Armut mit einer "angemessenen Sozialpolitik" zu bekämpfen, um der Ausbreitung religiösen Fundamentalismus den Nährboden zu entziehen. Zudem müssten sie Religionsfreiheit im öffentlichen Raum garantieren und den konstruktiven Beitrag der Religionen zum Aufbau der Zivilgesellschaft anerkennen.

Franziskus: Regierende sollten aktiv den Frieden fördern

Franziskus erinnerte in seiner Rede vor den beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschaftern unter anderem an die Anschläge von Berlin, Nizza und Brüssel. Er sprach von "fundamentalistischem Terrorismus"; das Wort "islamistisch" verwendete er nicht.

Die Regierenden dürften sich nicht darauf beschränken, die Sicherheit der eigenen Bürger zu garantieren und ihnen ein "ruhiges Leben" zu ermöglichen, sagte Franziskus weiter. Sie sollten vielmehr aktiv den Frieden fördern. Hierzu müssten sie gewaltfrei für soziale Gerechtigkeit und die Achtung der Menschenwürde eintreten. Franziskus lobte ausdrücklich eine Initiative des Europarats zur Prävention von religiöser Radikalisierung durch interreligiösen und interkulturellen Dialog.

Papst fordert Verhandlungen im Syrienkrieg

Der Papst hat die Staatengemeinschaft außerdem erneut zur Beendigung des Syrienkonflikts aufgerufen. In seiner Neujahrsansprache vor internationalen Diplomaten im Vatikan am Montag sprach er von einer "humanitären Katastrophe". Nötig sei die rasche Aufnahme "ernsthafter Verhandlungen", betonte er. Für alle Beteiligten müsse die Beachtung des Völkerrechts mit Schutz und Hilfe für Zivilisten vorrangig sein. Der kürzlich geschlossene Waffenstillstand solle ein "Hoffnungszeichen" für das syrische Volk werden, sagte der Papst.

In dem Zusammenhang verlangte Franziskus Bemühungen gegen den "schändlichen Waffenhandel". Zugleich äußerte er sich erschüttert über die Raketentests Nordkoreas. Diese destabilisierten die gesamte Region. Der Papst warnte vor der Gefahr eines neuen nuklearen Rüstungswettlaufs und bekräftigte die jahrzehntealte Forderung des Vatikan nach einer Minderung der Waffenarsenale und einem Verbot von Atomwaffen. Es gelte "Angst und Abschottung" zu überwinden, die derzeit die Diskussion um Nuklearwaffen beherrschten, sagte Franziskus.


Quelle:
KNA