Frankreich setzt Räumung des "Dschungels" von Calais fort

Rangeleien ohne Verletzte

Wieder verlassen Busse mit Flüchtlingen das nordfranzösische Calais. Die Behörden wollen im Flüchtlingscamp Hütten und Zelte abreissen. Ein Drittel der Menschen hatte das Lager bereits am Montag verlassen.

Flüchtlinge in Calais  / © Thibault Vandermesch (dpa)
Flüchtlinge in Calais / © Thibault Vandermesch ( dpa )

Die französischen Behörden haben die Räumung des Flüchtlingslagers in Calais am Dienstag fortgesetzt. Auch am zweiten Tag blieb es weitgehend friedlich. Die Behörden wollten mit dem Abriss von Zelten und Behelfsunterkünften beginnen. Dabei würden keine Bulldozer eingesetzt, sagte der Sprecher der Präfektur Pas-de-Calais am Dienstag. Ein Drittel der Migranten hatte das Lager, das unter dem Namen "Dschungel" von Calais bekanntgeworden war, am Montag im Laufe des Tages verlassen. 1918 Erwachsene wurden nach offiziellen Angaben mit Bussen in Aufnahmezentren in andere Regionen Frankreichs gebracht. Zuletzt lebten im dem Camp etwa 6500 Menschen.

400 unbegleitete Kinder und Jugendliche wurden in provisorischen Containern in Calais untergebracht. Nach Angaben von Innenminister Bernard Cazeneuve hat sich Großbritannien bereit erklärt, alle unbegleiteten Minderjährigen aus Calais aufzunehmen, deren Angehörige sich bereits im Königreich aufhalten. Vor dem Transitzentrum standen am Dienstag wieder Hunderte Flüchtlinge an. Es kam am Tor zu Rangeleien mit der Polizei, dabei gab es aber keine Verletzten, sagte der Präfektur-Sprecher. In der Nacht habe es keine Zusammenstöße gegeben. In den Tagen zuvor war es am Rande des riesigen Flüchtlingscamps zu nächtlichen Ausschreitungen gekommen, bei denen die Polizei auch Tränengas einsetzte.

Kontrollen am Bahnhof

Die meisten Flüchtlinge kommen aus Ländern wie Afghanistan, Äthiopien, Eritrea und dem Sudan. Viele waren mit der Hoffnung nach Calais gekommen, den Ärmelkanal überqueren und Großbritannien erreichen zu können. Die Regierung will das Entstehen neuer illegaler Camps in Calais und an der Küste verhindern. "Die Ordnungskräfte vor Ort werden Kontrollen durchführen, vor allem an den Bahnhöfen", hatte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve angekündigt.

Die Auflösung soll nach Angaben der Präfektur etwa eine Woche lang dauern. In der Folge könnte auch Deutschland davon betroffen sein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnet mit mehreren hundert Übernahmeersuchen, wie die "Rheinischen Post" (Dienstag) unter Berufung auf Behördenkreise berichtete.

Viele Asylsuchende aus dem Flüchtlingslager von Calais, das derzeit geräumt wird, könnten nach Einschätzung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Es gehe um mehrere hundert Menschen, die sich auf ihrem Weg nach Frankreich in Deutschland registriert oder hier einen Asylantrag gestellt hätten, berichtet die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf Behördenkreise.

Bitte an Frankreich möglich

Der französische Staat könnte die Bundesregierung bitten, diese Flüchtlinge wieder aufzunehmen, hieß es. Die deutschen Behörden würden diesem Ersuchen vermutlich auch nachkommen. Allerdings hätten die betroffenen Flüchtlinge auch das Recht, gegen ihre Überstellung nach Deutschland vor einem französischen Gericht zu klagen. Nach dem sogenannten Dublin-Abkommen muss ein Asylverfahren in dem EU-Staat abgewickelt werden, in dem sich der Flüchtling zuerst registrieren ließ.

Die Asylsuchenden lagerten bisher in einem wilden Flüchtlingscamp nahe der nordfranzösischen Hafenstadt Calais. Dort waren sie bei dem Versuch gestrandet, nach Großbritannien zu gelangen. Das Bundesinnenministerium hat dem Bericht zufolge noch keine gesicherten Erkenntnisse, ob sich in Calais tatsächlich Flüchtlinge befinden, die zuvor in Deutschland registriert wurden.

Paris könnte Deutschland danach vor allem bitten, Flüchtlinge aufzunehmen, die sich auf dem Weg nach Frankreich zuvor in Deutschland registriert oder einen Asylantrag gestellt hatten.


Quelle:
dpa , epd