Katholisches Hilfwerk missio über Friedensprozess in der Zentralafrikanischen Republik

"Wie nach dem Gewinn einer Fußball-Weltmeisterschaft"

Der missio-Vizepräsident Gregor von Fürstenberg besucht derzeit die Zentralafrikanische Republik."Der Papstbesuch vor knapp einem Jahr hat tiefe Spuren hinterlassen", sagt er im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Autor/in:
Christoph Koitka
Zerstörung und Krisen in der Zentralafrikanischen Republik  (KNA)
Zerstörung und Krisen in der Zentralafrikanischen Republik / ( KNA )

KNA (Katholische Nachrichten-Agentur): Herr von Fürstenberg, wie schätzen Sie die derzeitige Situation in der Zentralafrikanischen Republik ein?

Gregor von Fürstenberg (Vizepräsident des Internationalen Katholischen Missionswerks missio): Die Zentralafrikanische Republik ist eines der ärmsten Länder der Erde. Direkt am Flughafen in Bangui ist ein riesengroßes Flüchtlingslager. Dorthin retteten sich die Menschen vor den 2013 ausgebrochenen Kämpfen zwischen der islamisch dominierten Seleka-Miliz und der christlich dominierten Anti-Balaka. Das Flüchtlingslager gibt es immer noch. Aber im Februar diesen Jahres geschah ein großes Wunder: In freien, demokratischen Wahlen wurden ein Parlament und Faustin Archange Touadera zum Präsidenten gewählt.

KNA: Wie kam es zu diesem Wunder?

von Fürstenberg: Das Wunder der Wahl hängt wiederum sehr eng mit den Religionen zusammen. Die Katholische Kirche, die evangelische Allianz und der Islamische Rat haben zusammen eine Initiative gestartet – die Interreligiöse Plattform. Das ist ein Modellprojekt für ganz Afrika. Die drei großen Religionen und Konfessionen haben sich zusammengetan und gesagt: Es ist unsere Aufgabe, unser Land in eine friedliche Zukunft zu führen. Dazu müssen wir erst einmal Frieden zwischen uns schaffen. Religion ist ein Teil der Lösung, nicht ein Teil des Problems.

KNA: Nur etwa jeder zweite Einwohner der Zentralafrikanischen Republik ist Christ. Welchen Einfluss hat die Kirche in dem Land?

von Fürstenberg: Der Papstbesuch vor knapp einem Jahr hat tiefe Spuren hinterlassen. Viele Menschen in der Zentralafrikanischen Republik sind der Meinung, dass es ohne den Papstbesuch nicht zu freien Wahlen gekommen wäre. Die Menschen hier sind sehr gläubig, egal welcher Glaubensrichtung sie angehören. Es ist sehr beeindruckend, wie die Kirche ihre Verantwortung für die Zivilgesellschaft wahrnimmt.

KNA: Der Erzbischof von Bangui, Dieudonne Nzapalainga, wurde am Sonntag von Papst Franziskus zum Kardinal ernannt. Welcher Impuls geht davon aus?

von Fürstenberg: Wir haben am Mittag nach einem Gottesdienst in der Kathedrale von Bangui die Nachricht bekommen. So etwas habe ich noch nicht erlebt: Es gab ein Volksfest in der gesamten Stadt, überschäumende Freude, tausende winkende Menschen am Straßenrand. Das war wie bei uns nach dem Gewinn einer Fußball-Weltmeisterschaft. Die Ernennung von Dieudonne Nzapalainga zum Kardinal ist eine Anerkennung für die Interreligiöse Plattform, die auch von missio unterstützt wird, und das ganze Land. Der Papst würdigt die Anstrengungen, die für Versöhnung und Demokratie unternommen wurden. Und das sahen die Menschen auf der Straße offenbar genau so.

KNA: Der Anfang ist also gemacht. Was ist in der Zentralafrikanischen Republik jetzt weiter zu tun?

von Fürstenberg: Natürlich gibt es immer noch riesige Defizite. Wir müssen jetzt dringend Rechtssicherheit herstellen, ein Bildungssystem und Infrastruktur aufbauen - und das quasi ohne Geld. Das ist schon eine große Herausforderung für die Menschen. Es ist aus meiner Sicht nicht nachzuvollziehen, dass die Bundesregierung Zentralafrika jetzt nicht intensiver unterstützt. Wir müssen den Aufbau der Demokratie fördern. Die Menschen wünschen sich, dass die deutsche Botschaft im Land öffnet. Unser Land hat einen guten Ruf in der Zentralafrikanischen Republik.


Gregor von Fürstenberg / © Harald Oppitz (KNA)
Gregor von Fürstenberg / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA