Schwaetzer fordert Debatte über Rechtspopulismus unter Christen

"Grundvertrauen in Demokratie stärken"

Rechtsextremismus ist unter Kirchenmitgliedern nicht weit verbreitet. Dennoch fordert die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Irmgard Schwaetzer, eine Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus auch innerhalb der Kirchen.

Irmgard Schwaetzer / © Daniel Karmann (dpa)
Irmgard Schwaetzer / © Daniel Karmann ( dpa )

"Trotz aller Hilfe, die unser Glaube uns zum Leben gibt, sind Kirchenmitglieder keineswegs immun gegen Ängste vor dem Fremden", sagte die frühere Bundesministerin am Sonntagabend beim Sommerfest der Evangelischen Akademie Berlin.

Vor rund 150 Gästen, zu denen unter anderem der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), Landesbischof Markus Dröge und der Bevollmächtige des Rats der Evenagelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesregierung, Martin Dutzmann, zählten, betonte Schwaetzer, die wenigsten Kirchenmitglieder seien rechtsextrem. "Aber auch in unseren Gemeinden gibt es Positionen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit."

Grundvertrauen in die Demokratie stärken

Diese ließen sich nicht dadurch auflösen oder verändern, dass man die dahinter stehenden Probleme ausblende oder totschweige. "Die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden, auch mit rechtspopulistischen Parolen muss breit geführt werden", sagte Schwaetzer. "Dabei muss besonders bedacht werden, was wir tun können, um das Grundvertrauen in die Demokratie dort zu stärken, wo die Anfälligkeit für rechte Parolen besonders groß zu sein scheint."

Krise in der EU

Schwaetzer äußerte sich auch zur gegenwärtigen Krise der EU. Das "Friedensprojekt Europa" bezeichnete sie als gefährdet. Es sei derzeit nicht ausgemacht, dass die Grundwerte des Lissabonner Vertrags als unveräußerliche Grundlage des Zusammenlebens in Europa anerkannt werden. "In manchen europäischen Staaten wird mit starker Unterstützung ihrer Bevölkerung die Geltung dieser Werte in Frage gestellt", sagte Schwaetzer.

Europa stehe am Scheideweg. Es gebe innerhalb der EU keinen Konsens, nicht einmal eine Annäherung über das eigentliche Ziel - "eine lose Union zum Ausleben gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen mit Staaten, die jeder ihr eigenes Ding machen, oder eine Union mit gemeinsamen Werten und Zielen, die ihren Platz in der globalisierten Welt gemeinsam sucht". Hier müssten sich die Kirchen in Europa stärker einbringen, forderte Schwaetzer.

Damit verwies die frühere FDP-Politikerin zugleich auf das Thema der diesjährigen Tagung der EKD-Synode: Das protestantische Kirchenparlament, das vom 3. bis 9. November in Magdeburg zusammenkommt, will sich unter dem Leitwort "So wirst Du leben" schwerpunktmäßig mit der Frage eines solidarischen Europas beschäftigen.


Quelle:
KNA