Laschet über die Burka-Debatte und den Kompromiss der Union-Innenminister

"Durch Verbot wird Terrorgefahr nicht geringer"

Keine Vollverschleierung in Schulen, vor Gericht oder im Auto: In der Burka-Debatte haben sich die Innenminister der Union auf einen Kompromiss geeinigt. Eine gute Lösung, findet der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet.

Nordrhein-Westfalens CDU-Vorsitzender Armin Laschet / © Caroline Seidel (dpa)
Nordrhein-Westfalens CDU-Vorsitzender Armin Laschet / © Caroline Seidel ( dpa )

domradio.de: Sind Sie zufrieden?

Armin Laschet (Landesvorsitzenden der CDU Nordrhein-Westfalen und stellv. Bundesvorsitzender der CDU Deutschlands): Das ist eine gute Lösung. Wir haben in NRW in Einzelfällen diese Praxis schon gehabt, wenn zum Beispiel eine Mutter ihr Kind im Kindergarten abholt, sagen Kindergärtnerinnen in Einzelfällen, sie wüssten ja gar nicht, wer sich da unter dieser Verschleierung verbirgt. Wir wollen das Gesicht erkennen. In so einem Fall hat auch niemand widersprochen und das ist auch gerichtlich bestätigt worden. Wo die Frau auf ein Amt geht oder in einen Kindergarten, wo man sich im Straßenverkehr bewegt, da ist Vollverschleierung nicht gestattet und es ist gut, dass die Innenminister das noch einmal klargestellt haben.

domradio.de: Aber auch eine bis aufs Gesicht voll verschleierte Frau passt nicht so wirklich zu unseren Vorstellungen einer modernen, freien Frau?

Laschet: Man kann aber nicht alles, was einem nicht gefällt, gesetzlich verbieten. Jeder Mensch hat hier grundrechtliche Freiheitsrechte. Wir leben in einer sicherheitspolitisch gefährlichen Lage. Wir haben terroristische Anschläge gehabt. Die Innenminister sollten sich darauf verständigen, was sicherheitspolitisch jetzt getan werden muss. Und da ist die Diskussion über Burkas und auch über die doppelte Staatsbürgerschaft etwas, was damit nichts zu tun hat, weil das mit den aktuellen Bedrohungslagen zu tun hat.

domradio.de: Also eine Debatte zur Unzeit?

Laschet: Ja.

domradio.de: Nun tragen die Frauen die Verschleierung ja wahrscheinlich nicht, weil ihnen das Spaß macht, sondern weil es die Männer ihnen vorschreiben. Könnte es sein, dass jedes Verbot dazu führt, dass manche Frauen dann gar nicht mehr vor die Türe dürfen?

Laschet: Das sind die Erfahrungen aus Frankreich, da gibt es das Verbot einer Vollverschleierung. Niemand wird behaupten, dass dadurch die Terrorgefahr geringer geworden wäre. Es gibt ein Ordnungswidrigkeitsgeld, das insbesondere von Touristen dann einfach bezahlt wird. Die Zahl der betroffenen Frauen in der deutschen Gesellschaft wird sowieso als sehr gering eingeschätzt. Bei Türken zum Beispiel gibt es dieses Phänomen selten bis gar nicht. Die betroffenen Frauen könnten dann in der Tat unter Umständen das Haus gar nicht mehr verlassen. Da muss man also sehr sorgfältig abwägen, ehe man immer neue Gesetze schafft.

domradio.de: Befürworter der Ganzkörperverschleierung sehen darin ja einen Ausdruck tiefen Glaubens. In westlichen Ländern wird die Vollverschleierung eher als eine Form der Unterdrückung von Frauen gesehen. Wenn man nun aber die Religionsfreiheit verteidigt, müsste es doch das Recht auf totale Verhüllung geben?

Laschet: Es ist religiös nicht vorgegeben. Sonst müsste ja jede Muslima in der ganzen Welt diese Vollverschleierung tragen. Islamexperten sagen uns, dieses Gebot gibt es nicht, das ist eine archaische Tradition in manchen arabischen Ländern. Und die Burka aus Afghanistan, diese Verschleierung mit Gitter gibt es ja hier so gut wie gar nicht. Das hat mit Religion nichts zu tun, das ist eine Unterdrückung von Frauenrechten. Dagegen muss man sich wenden. Die andere Frage ist, ob es Gesetze braucht, die das verbieten. Da bin ich eher skeptisch.

domradio.de: Der Koalitionspartner SPD müsste den neuen Entschluss auch noch unterstützen. Wird das passieren?

Laschet: Bei dem, was die Innenminister jetzt beschlossen haben, kann es einen parteiübergreifenden Konsens geben, glaube ich.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR