Papst verurteilt Mord an französischem Priester

IS-Terror in Frühmesse

Papst Franziskus hat die tödliche Geiselnahme in einer Kirche in Frankreich als "sinnlose Gewalt" verurteilt. Bei der getöteten Geisel handelt es sich um einen 85-jährigen Pfarrer. Der IS reklamierte die Tat für sich.

Kirche in Saint-Etienne-du-Rouvray / © Police Nationale (dpa)
Kirche in Saint-Etienne-du-Rouvray / © Police Nationale ( dpa )

Laut französischen Medienberichten waren die mit Messern bewaffneten Männer morgens während der Messe durch einen Hintereingang in die Kirche in Saint-Etienne-du-Rouvray, in der Nähe von Rouen in der Normandie eingedrungen. Dort nahmen sie den Priester Jacques Hamel, zwei Ordensschwestern und zwei Gemeindemitglieder als Geiseln. Eine dritte Schwester konnte laut der Zeitung "Le Figaro" entkommen. Die beiden Täter wurden von der Polizei erschossen.

Jacques Hamel war nach Angaben der Kirche 1958 zum Priester geweiht worden und diente der Gemeinde trotz seines hohen Alters weiter als Hilfspriester. In einem Gemeindebrief hatte Hamel sich im Juni über die beginnenden Sommerferien geäußert. "Dass wir in diesen Momenten die Einladung Gottes hören können, uns um diese Welt zu kümmern, dort wo wir leben, eine wärmere, menschlichere, brüderlichere Welt zu schaffen", schrieb der Geistliche.

Frankreichs Präsident François Hollande verurteilte die Tat als "schändlichen Terroranschlag". Die beiden Geiselnehmer hätten sich auf die Terrorgruppe Islamischer Staat berufen, sagte Hollande bei einem Besuch am Tatort in der Nähe von Rouen. Der IS reklamierte die Tat über eine Propaganda-Plattform im Internet für sich. Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen.

Erzbischof von Rouen: Kirche hat keine anderen Waffen als Gebet und Brüderlichkeit

Der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun, zeigte sich tief getroffen von der Geiselnahme. "Ich weine zu Gott - mit allen Menschen guten Willens", heißt es in einer am Dienstag in Krakau veröffentlichten Stellungnahme Lebruns. Er erinnerte daran, dass auch in dieser Zeit für die katholische Kirche keine anderen Waffen als das Gebet und die Brüderlichkeit zwischen den Menschen infrage kämen.

Er werde die hunderte Jugendlichen, mit denen er zum Weltjugendtag ins polnische Krakau gereist sei, verlassen, um am Abend in seiner Diözese zu sein. Der Generalvikar, Philippe Maheut, ist bereits seit dem Morgen vor Ort.

85-jähriges Opfer "engagiert und aufmerksam"

Der im französischen Rouen für Beziehungen zu Muslimen zuständige Priester Pierre Belhache sagte, der 85-jährige Priester sei sehr engagiert und aufmerksam gewesen. Die beiden Ordensschwestern, die sich ebenfalls in der Kirche befanden, gehören seinen Angaben zufolge dem Orden "Fille de la Charite - de Saint Vincent de Paul" an, der sich in der Gemeinde für sozial Benachteiligte einsetze.

Belhache betonte den multikulturellen Charakter der Gegend. Rouen sei eine Stadt, in der viele Migranten aus traditionell muslimischen Ländern lebten. Auch die katholische Bevölkerung sei vielfältig; viele Gläubige kämen aus Portugal, Spanien oder Italien. "Es ist eine angenehme Stadt, in der sich die Menschen mischen, multikulturell", so Belhache. Seit den Anschlägen auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" im Januar 2015 habe es in Rouen regelmäßig Treffen der muslimischen und christlichen Vertreter der Gemeinde gegeben. Während des Ramadan hätten die verschiedenen Religionsgemeinschaften etwa gemeinsam eine Kommunikation herausgegeben.

Der Imam des Ortes äußerte sich zutiefst betroffen über den Tod seines "Freundes". "Das ist jemand, der sein Leben den anderen gewidmet hat. Wir sind erschüttert in der Moschee", sagte Mohammed Karabila "Le Figaro" zufolge. Laut "Le Monde" arbeiteten Hamel und Karabila seit anderthalb Jahren in einem interkonfessionellen Komitee zusammen.

Papst Franziskus verurteilt sinnlose Gewalt

Auch Papst Franziskus hat sich erschüttert geäußert und den Angehörigen der Opfer sein Beileid bekundet. Er sei "zutiefst erschüttert darüber, dass dieser Akt der sinnlosen Gewalt in einer Kirche während eines Gottesdienstes stattfand, einer liturgischen Handlung, die den Frieden von Gott erbittet", heißt es in einem Beileidstelegramm des Papstes an den Erzbischof von Rouen.

Franziskus schließe sich dem Gebet der Angehörigen, der Pfarrei und des Bistums an, so das von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin unterzeichnete Schreiben. Zugleich bitte er Gott, dass sich in dieser neuerlichen Prüfung alle vom Gedanken der Versöhnung und der Brüderlichkeit leiten ließen.

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi erklärte: "Wir sind besonders betroffen, weil diese entsetzliche Gewalt mit der barbarischen Ermordung eines Priesters und mit der Beteiligung von Gläubigen in einer Kirche stattgefunden hat, einem heiligen Ort, wo die Liebe Gottes verkündet wird", ergänzte Lombardi. Die Geiselnahme bei Rouen sei eine "neue schreckliche Nachricht". "Sie schließt sich leider an eine Serie von Gewalt an, die uns in diesen Tagen erschüttert und für unermesslichen Schmerz und Kummer gesorgt hat", erklärte der Vatikan-Sprecher.

Bischöfe rufen zum gemeinsamen Gebet auf

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, betonte am Dienstag in Bonn, der Mordanschlag sei erschreckend. "Gläubige, zum Gottesdienst in einer Kirche versammelt, wurden zum Opfer einer schrecklichen Gewalttat. Hier soll Hass zwischen den Religionen geschürt werden. Dem werden wir widerstehen und uns der Atmosphäre von Hass und Gewalt nicht anschließen."

Die Antwort könne nicht eine Verschärfung des Hasses und des Gegeneinanders sein, sondern nur der Versuch, die Täter zu stellen und alles zu tun, damit nicht neue Gewalt geschehe, fügte der Münchner Erzbischof hinzu. Die Katholiken in Deutschland seien "jetzt besonders verbunden mit unseren französischen Schwestern und Brüdern". Marx bat um ein Gebet für den ermordeten Priester, für die noch in Lebensgefahr schwebende Ordensschwester und die anderen Gläubigen, die Opfer der Geiselnahme wurden. "Unser Gebet gilt auch den Tätern."

Unmittelbar nach seiner Landung in Krakau hat auch der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki den jüngsten Terroranschlag verurteilt und zum Gebet für die Opfer aufgerufen. Gegenüber domradio.de sagte er: "Ich bete für die Opfer des Angriffes auf die Kirche in Frankreich und lade alle ein, sich diesem Gebet anzuschließen. Bitten wir Gott auch um seinen Schutz und Segen für einen friedlichen Weltjugendtag hier in Krakau." Der Kölner Erzbischof war am Vormittag zu seiner Teilnahme am 31. Weltjugendtag in Krakau aufgebrochen.

Der deutsche katholische Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann äußerte seine "tiefe Betroffenheit". Er bekundete auf dem Weltjugendtag sein "Erschrecken über eine solch grausame Tat". Trauer und Mitgefühl hätten Platz auch im Gebet.

Schuster: Gemeinsame Werte verteidigen

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte: "Wir sind mit unseren Gedanken und Gebeten bei den Verletzten und unseren christlichen Freunden in Frankreich." Die Religionen dürften sich nicht gegeneinander aufhetzen lassen. "Im Gegenteil: Gerade jetzt müssen wir zusammenstehen und unsere gemeinsamen Werte wie die Achtung vor dem Leben verteidigen."

Zum Weltjugendtag werden bis zu drei Millionen jugendliche Pilger aus aller Welt erwartet. Auch Papst Franziskus nimmt am größten katholischen Glaubensfest der Jugend teil und feiert dort am Sonntag die Abschlussmesse.


Erfuhr in Krakau von dem Anschlag: Erzbischof Lebrun (KNA)
Erfuhr in Krakau von dem Anschlag: Erzbischof Lebrun / ( KNA )

Papst Franziskus / © Giorgio Onorati (dpa)
Papst Franziskus / © Giorgio Onorati ( dpa )

Reinhard Kardinal Marx / © Cristian Gennari (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Cristian Gennari ( KNA )

Kardinal Woelki (DR)
Kardinal Woelki / ( DR )

Bischof Wiesemann (DR)
Bischof Wiesemann / ( DR )

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland / © Horst Ossinger (dpa)
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland / © Horst Ossinger ( dpa )
Quelle:
dpa , KNA , DR , epd