Keine Mehrheit für Gottesformel in schleswig-holsteinischer Verfassung

Ohne Gott

Schleswig-Holstein wird keinen Gottesbezug in seiner Landesverfassung aufnehmen. Ein Vorschlag mehrerer Abgeordneter wurde am Freitag im Kieler Landtag abgelehnt. Erzbischof Stefan Heße bedauert die Entscheidung.

Präambel des Grundgesetzes vor der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein / © Marcus Brandt (dpa)
Präambel des Grundgesetzes vor der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein / © Marcus Brandt ( dpa )

Ein Vorschlag von 29 Abgeordneten aus allen sechs Fraktionen zur Änderung der schleswig-holsteinischen Verfassung verfehlte am Freitag im Kieler Landtag die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. 45 Stimmen gab es für den Antrag, 46 wären notwendig gewesen. Die beiden großen christlichen Kirchen äußerten sich enttäuscht.

In der Vorlage hatte es geheißen, die Verfassung schöpfe aus dem "kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas" und aus den Werten, die sich aus dem "Glauben an Gott oder aus anderen Quellen ergeben". Angefügt an den Gottesbezug war eine sogenannte Demutsformel, die die Unvollkommenheit menschlichen Handelns und die Kenntnis der eigenen Geschichte betont.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und das Erzbistum Hamburg bedauern die Ablehnung eines Gottesbezuges in die schleswig-holsteinische Landesverfassung. Erzbischof Dr. Stefan Heße sagte: "Die Entscheidung finde ich sehr bedauerlich – insbesondere auch für die vielen zehntausend Menschen in Schleswig-Holstein, die die Volksinitiative unterstützt haben. Schade, dass ihr großes Anliegen von den Abgeordneten nicht umgesetzt worden ist."  Er denke, dass "die zuletzt abgestimmte Kompromissformulierung die Weite hatte, alle einzubeziehen." Vor der Entscheidung des Parlaments habe er Respekt, so Heße.

Erzbistum und Landeskirche wollen sich mit Volksinitiative beraten

Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), äußerte sich ebenfalls bedauernd: "Das ist für alle, die sich für einen Gottesbezug engagiert haben, eine große Enttäuschung. Die Volksinitiative hat mit Unterstützung der jüdischen, muslimischen und christlichen Gemeinden sehr viel in Bewegung gebracht." Vielerorts sei teilweise leidenschaftlich darüber diskutiert worden, "warum ein Gottesbezug gerade in heutiger Zeit sinnvoll ist." Die öffentliche Auseinandersetzung darüber sei ein großer Gewinn gewesen.

Erzbistum Hamburg und Nordkirche kündigten an gemeinsam mit der Volksinitiative darüber zu beraten, welche Konsequenzen sich aus der Landtagsentscheidung ergeben. Schon bei der Verabschiedung der neuen Landesverfassung im Herbst 2014 hatte sich im Landtag nicht die notwendige Mehrheit für einen Gottesbegriff gefunden. Die Volksinitiative, die von den beiden Kirchen, der islamischen Religionsgemeinschaft Schura und den jüdischen Gemeinden im Land unterstützt wurde, hatte daraufhin über 40.000 Unterschriften gesammelt. Damit musste sich der Landtag erneut mit dem Thema befassen. Im Vorfeld waren mehrere Vorschläge verschiedener Gruppen eingereicht worden.

Unterstützung für Gottesbezug auch vom Ministerpräsidenten

Der Vorsitzende der Volksinitiative für den Gottesbezug, der frühere Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), sagte, er habe mit einer größeren Zustimmung gerechnet, da der jüngste Vorschlag so offen formuliert gewesen sei. Auch er lobte die breite Diskussion über den Gottesbezug in den vergangenen Monaten. Die Initiative habe viel erreicht. Ob die Volksinitiative nun weitermacht? Der nächste Schritt wäre ein Volksbegehren, an dessen Ende dann ein Volksentscheid stünde. Carstensen lässt die Frage offen. "Wir werden das gemeinsam entscheiden", sagt er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) - und verweist darauf, dass eine erneute Unterschriftensammlung sich mit dem beginnenden Landtagswahlkampf überschneiden würde. Die Wahl steht im Mai 2017 an.

In der Debatte hatte sich auch Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) für den jüngsten Antrag mit der Nennung von Gott eingesetzt. "Als Christ halte ich es für gut, der Verfassung diese Präambel voranzustellen", sagte er. Während die Fraktionschefs Ralf Stegner (SPD), Daniel Günther (CDU) und Eka von Kalben (Grüne) erneut für den Antrag warben, gab es Gegenstimmen unter anderem von FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki.

Piraten: Glaube ist Privatsache

Der Fraktionschef der Piratenfraktion, Patrick Breyer, sprach von einem "guten Tag für alle Schleswig-Holsteiner". Die Piraten hätten sich immer gegen alle Versuche verwahrt, dass sich der Staat in persönliche Glaubensfragen einmische. "Glaube ist und bleibt Privatsache", so Breyer.

Von den Verfassungen der 16 Bundesländer enthalten sieben einen ausdrücklichen Gottesbezug. Auch das Grundgesetz, das der Parlamentarische Rat vorbereitete und das 1949 in Kraft trat, verweist in der Präambel auf die "Verantwortung vor Gott und den Menschen".


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