Gottesdienst zu den tödlichen Schüssen in Dallas

"Man kann schwarz sein und Polizisten lieben"

Hunderte Menschen haben sich nach den tödlichen Schüssen auf fünf Polizisten in Dallas zu einem Gottesdienst versammelt. Der katholische Bischof von El Paso, Mark Seitz, warnt vor einer noch stärkeren Bewaffnung.

Demonstranten mit Peace-Zeichen  / © Eugene Garcia (dpa)
Demonstranten mit Peace-Zeichen / © Eugene Garcia ( dpa )

Angeführt von Pfarrer Bryan Carter stimmten die insgesamt elf Pfarrer in der Concord Church im Südwesten der Stadt im US-Staat Texas am Freitagabend (Ortszeit) zum Gesang an, um der Opfer zu gedenken. "Man kann schwarz sein und Polizisten lieben", sagte einer der Pfarrer mit Blick auf die Spannungen zwischen Afroamerikanern und weißen Polizisten.

Auch Carter hatte vorab versucht, mit seiner Einladung Grenzen zu überwinden. Darin hieß es: "Diese Einladung ist offen für alle - unabhängig von Herkunft, Glauben oder Hautfarbe." In den vergangenen zwei Jahren hatte er sich mit einer Art Austauschprogramm weißer und schwarzer Pfarrer bereits darum bemüht, bestehende Vorurteile abzubauen. "Wir versuchen einfach, uns kennenzulernen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn wir nicht zusammenkommen, wenn wir uns nicht verbinden, leidet die ganze Stadt."

Angst vor weiterer Bewaffnung

Der katholische Bischof von El Paso, Mark Seitz, warnt nach den tödlichen Schüssen auf Polizisten in Dallas vor einer noch stärkeren Bewaffnung der amerikanischen Bevölkerung. "Die Versuchung angesichts dieser Gewalt liegt darin, uns weiter zu bewaffnen und unsere Gesellschaft weiter zu militarisieren", betonte Seitz laut "El Paso Times" in einer am Freitag (Ortszeit) von der Diözese veröffentlichten Pressemitteilung.

"Je mehr Waffen es in unseren Kommunen gibt, umso öfter wird auf Waffen in Zeiten von Ärger und Stress zurückgegriffen werden - mit langfristigen Folgen", betonte Seitz, der in Dallas einst Weihbischof war. Der Geistliche fügte hinzu: "Mehr denn je glaube ich, dass nur Liebe den Kreislauf der Gewalt durchbrechen kann."

Suche nach Komplizen

Nach den tödlichen Schüssen auf fünf Polizisten in Dallas konzentrieren sich die Ermittler auf die Frage, ob der Schütze Micah Johnson Komplizen hatte. "Wenn es sie gibt, werden wir sie finden, und sie werden Gerechtigkeit erfahren", sagte der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, in der Nacht zum Samstag vor Medien.

Die Polizisten wurden vermutlich aus Hass auf Weiße getötet. Sie starben während eines Protestmarsches gegen Polizeigewalt. Mindestens sieben Polizisten und zwei Zivilisten wurden verletzt.

Obama verkürzt Europareise

Die Polizei hatte zunächst von mehreren Tätern gesprochen. Unklar blieb, was es mit drei Festgenommenen auf sich hat, von denen die Polizei in der Nacht gesprochen hatte.

Als Reaktion auf den tödlichsten Tag für die Polizei in den USA seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verkürzt Präsident Barack Obama seine Europareise um einen Tag. Das Weiße Haus teilte mit, Obama werde zwar wie geplant am Samstag vom Nato-Gipfel in Warschau nach Madrid weiterreisen, seinen Aufenthalt in Spanien aber verkürzen und schon am Sonntag zurück in die USA fliegen, um dann zu Wochenbeginn nach Dallas zu reisen. Das Thema ethnischer Spannungen und einer neuen Gemeinsamkeit von Polizei und Kommunen in den USA werde außerdem Obamas gesamte Woche bestimmen.

Nach einem mehrstündigen Feuergefecht und erfolglosen Verhandlungen war der Angreifer in Dallas mit Hilfe eines Roboters getötet worden, an dem ein Sprengsatz angebracht war. Der Mann habe zuvor gesagt, er habe alleine gehandelt und sei kein Mitglied einer Gruppe, sagte Dallas' Polizeichef David Brown weiter. Bürgermeister Mike Rawlings bestätigte am Abend den Einsatz von C4-Sprengstoff.

Armee-Veteran als Schütze

Die Polizei gab den Namen des getöteten Schützen mit Micah Johnson (25) an. Sie fand nach eigenen Angaben in seiner Wohnung jede Menge Waffen und paramilitärisches Material, auch zum Bombenbau, sowie Schutzwesten, Munition, Gewehre und ein Handbuch für den bewaffneten Kampf.

Außerdem seien afro-nationalistische Schriften aufgetaucht. Das könnte ein mögliches Motiv belegen. Johnson ist Afroamerikaner. Zur Hautfarbe der Opfer machte die Polizei weiter keine Angaben. Johnson hat laut Polizei keine kriminelle Vergangenheit. Er sei Armee-Veteran und als Einzelgänger beschrieben worden. Mehr als 200 Polizisten seien befragt worden.

Anlass für die Demonstration am Donnerstagabend (Ortszeit) war der Tod von zwei Afroamerikanern, die in den Bundesstaaten Minnesota und Louisiana binnen zweier Tage durch Polizeischüsse ums Leben gekommen waren. Auch in New York und anderen US-Städten hatte es friedliche Demonstrationen gegen Polizeigewalt gegen Afroamerikaner gegeben.

Thema beim Wahlkampf

Es ist zu erwarten, dass die Vorfälle dieser Woche eine große Rolle im US-Wahlkampf spielen werden. Die beiden voraussichtlichen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton versuchten, sich in ausführlichen Stellungnahmen die Themen Ungleichheit, Armut und Gewalt zu eigen zu machen.

Trump, dem immer wieder rassistische Bemerkungen vorgeworfen werden, sagte, der Riss zwischen Schwarz und Weiß habe sich verschlimmert, jetzt sei die Zeit für Liebe, Gebete und Einigkeit. Clinton sagte, das Land müsse dringend wieder zusammenfinden. Dallas sei eine Tragödie, auch müsse die alltägliche Gewalt gegen Schwarze ein Ende haben.


Quelle:
dpa , KNA