Netzwerk "Miteinander für Europa" will neue geistliche Kraft

Überwindung der Egoismen

Europa braucht nach Überzeugung des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) neue geistliche Kraft. Die Kirchen hätten die Aufgabe, ein polarisierendes Europa wieder zusammenzuführen.

Union Jack in der Mitte / © Stephanie Pilick (dpa)
Union Jack in der Mitte / © Stephanie Pilick ( dpa )

1.700 Katholiken, Protestanten, Orthodoxe sowie freikirchliche und anglikanische Christen aus 32 europäischen Ländern wollen bis Samstag ein Zeichen zur Überwindung nationaler und konfessioneller Egoismen setzen. In München hat am Donnerstag ein internationaler christlicher Kongress begonnen. Das Treffen wird vom Netzwerk "Miteinander für Europa" (MfE) ausgerichtet, einem Zusammenschluss von mehr als 300 christlichen Bewegungen, Initiativen, Werken und Gemeinschaften. Zur Abschlusskundgebung am Samstag auf dem Stachus werden mehr als 5.000 Teilnehmer erwartet.

Die Präsidentin der Fokolar-Bewegung, Maria Voce, sagte, die "nationalen Tendenzen, die derzeit durch Europa geistern", seien Frucht dessen, dass Europa seine Werte verloren habe. Der Sprecher des deutschen Koordinationsteams von MfE, Gerhard Proß, erklärte, die Christen müssten klar machen, dass die "Liebe der entscheidende Grundpfeiler für die Gesellschaften Europas" sei. Angesichts der zunehmenden Fliehkräfte gelte es, die Einheitskräfte zu stärken, ohne Gleichmacherei zu betreiben.

Gegen Ausgrenzung und für die Schwachen

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, sagte, ihm mache Hoffnung, dass die führenden Repräsentanten der katholischen, evangelischen und orthodoxen Tradition "mit großer Leidenschaft" in Europa gegen Ausgrenzung und für die Schwachen einträten. So könne die christliche Botschaft vielleicht "wirklich einmal ausstrahlen".

Um die Abstumpfung gegenüber dem Leiden anderer zu überwinden, brauche es "geistliche Kraft". Diese müsse in Deutschland auch aus der Erfahrung nach dem Zweiten Weltkrieg erwachsen. "Unsere Freiheit in Deutschland ist geschenkte Freiheit", betonte Bedford-Strohm.

"Miteinander für Europa"

Das Netzwerk "Miteinander für Europa" entstand nach der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre. In dem Dokument bekannten die katholische Kirche und der Lutherische Weltbund 1999 nach jahrelangen theologischen Debatten, dass eine der zentralen Lehraussagen der Reformatoren heute keine Kirchentrennung mehr begründen kann. Inzwischen haben sich weitere Konfessionen dem Konsens angeschlossen.

Seit 2001 veranstaltet MfE in unterschiedlichen Zeitabständen große Kongresse in wechselnden europäischen Städten. Daneben gibt es regionale Projekte der beteiligten Gruppen. Die Mitglieder engagieren sich unter anderem mit Friedensgebeten, in Umweltforen und in der Armenfürsorge. Vor zwei Jahren erhielt die Initiative den mit 10.000 Euro dotierten Europäischen Sankt-Ulrichs-Preis.

Papst via Videobotschaft

Am Samstag soll auf dem Münchner Karlsplatz eine große Abschlusskundgebung stattfinden. Dabei wird eine Videobotschaft von Papst Franziskus gezeigt. Außerdem treten Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, auf. Weitere Teilnehmer sind der württembergische Landesbischof Frank Otfried July als Vertreter des Lutherischen Weltbundes, der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen. Olav Fykse Tveit, und der "Ökumene-Minister" des Vatikans, Kurienkardinal Kurt Koch.


Quelle:
epd , KNA