Nach über 40 Jahren wollen die Briten als erstes Land überhaupt die Europäische Union verlassen. Eine Mehrheit von rund 52 Prozent der Stimmen sprach sich für den Brexit aus, den Austritt aus der Europäischen Union. Die Europäische Gemeinschaft mit bisher 28 Staaten wird damit in die schwerste Krise ihrer Geschichte gestürzt. Die politischen und wirtschaftlichen Folgen für Großbritannien könnten schwerwiegend sein.
Politische Kräfte in Nordirland und in Schottland machten sich noch vor Bekanntwerden des Ergebnisses für eine Abspaltung von Großbritannien und den Verbleib in der EU stark. Schotten und Nordiren hatten mehrheitlich für den Verbleib in der EU votiert.
Die Wahlbeteiligung lag bei 72,2 Prozent, zuvor hatten sich 46,5 Millionen Wähler für die Abstimmung registriert. Das Referendumsgesetz legt streng genommen nicht fest, dass Großbritannien auch wirklich aus der EU austreten muss. In der Praxis jedoch hätte das Parlament wohl keine Wahl. (dpa/Stand 24.06.16)
27.06.2016
Die europäischen Bischöfe haben ihr Bedauern über den Brexit geäußert. Ihr Vorsitzender, Kardinal Marx, erinnert die europäischen Völker und Nationen an ihre moralische Verantwortung für die Welt. Europa müsse jetzt neu gedacht werden, dem Nationalismus wolle man entgegentreten.
Der Vorsitzende der EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Reinhard Marx, bedauert die Entscheidung der Briten für den EU-Austritt. Verlasse ein Mitglied bewusst die Union, sei das "schmerzhaft" und habe Konsequenzen für alle, erklärte Marx am Montag in Brüssel. Die Austrittsverhandlungen verlangten nun von allen Betroffenen Verantwortung und das "rechte Augenmaß". Die Schwächsten und die am leichtesten Verwundbaren in Großbritannien und in der EU dürften nicht unter diesem Prozess leiden.
Der COMECE-Vorsitzende warnte, die EU dürfe nicht in Selbstreflexion steckenbleiben. Die europäischen Völker und Nationen hätten eine moralische Verantwortung für die Welt, für die ärmeren Länder und für die Bewahrung der Schöpfung. Nach dem Referendum sei es für Europa nun an der Zeit, nach vorn zu schauen, so Marx. Die Europäische Union brauche einen neuen Aufbruch. Die Gesellschaft müsse Europa in gewisser Weise "neu denken". Zudem sei Europa mehr als die Europäische Union.
Die Überlegungen über die weitere Entwicklung der Europäischen Union müssten auf eine breite gesellschaftliche Grundlage gestellt werden, so Marx weiter. Es gehe auch um die Frage, wie die Europäer den Weg zu jenem "wahren europäischen Humanismus" wiederfinden können, den zu gehen Papst Franziskus in seiner Rede zum Karlspreis die Europäer ermuntert habe. Die Kirche wolle ihren Beitrag zu dieser notwendigen Diskussion über die Zukunft Europas leisten. Im Oktober 2017 will sich die COMECE bei einem Kongress zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge mit der Zukunft der EU beschäftigen.
Absage an Nationalismus
Eine Absage erteilte Marx dem in manchen Ländern stärker werdenden Nationalismus. Dieser dürfe "nicht noch einmal zum Schwungrad der Abgrenzung, der Feindschaft und des Unfriedens werden. Dafür werden wir als Kirche mit ganzer Kraft eintreten."
In der EU leben rund 273 Millionen Katholiken. Das entspricht einem Anteil von 54 Prozent der Bevölkerung. Die EU-Bischöfe sind vertreten in der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft, kurz COMECE (lat.: Commissio Episcopatum Communitatis Europensis). In der COMECE sind Vertreter der Bischofskonferenzen aller 28 EU-Staaten zusammengeschlossen.
Die COMECE verfügt über ein ständiges Sekretariat mit Sitz in Brüssel. Sechster Vorsitzender in ihrer rund 35-jährigen Geschichte ist der Erzbischof von München und Freising und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx (62).
Kardinal Woelki: Trotz Brexit am europäischen Haus weiterbauen
Auch der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hatte am Sonntag dazu aufgerufen, trotz der Entscheidung der Briten für einen Austritt aus der Europäischen Union am gemeinsamen Europa festzuhalten. "Lasst uns diese düsteren europäischen Tage als Herausforderung und Chance betrachten", sagte er am Sonntag in seinem "Wort des Bischofs" auf domradio.de.
"In unserer globalen Welt kann es nicht richtig sein, wenn wir uns auf unsere Inseln zurückziehen und Grenzen dichtmachen", mahnte der Kölner Kardinal. Ethische, soziale und wirtschaftspolitische Herausforderungen, Terror und Umweltbedrohungen ließen sich heute nicht mehr im nationalen Alleingang lösen.
Papst Franziskus: EU zur "Kraft ihrer Wurzeln" zurückkehren
Woelki rief dazu auf, ein Europa aufzubauen, in dem sich nicht alles nur um die Wirtschaft drehe. "Lasst uns gemeinsam ein Haus aufbauen, in dem Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit zu Hause sind, in dem Kunst, Musik und Wissenschaft Raum haben." Wenn im europäischen Haus zudem die gemeinsamen christlichen Werte "als wichtige leuchtende, tragfähige Bausteine" mit eingebaut würden, dann sei ihm um die Zukunft Europas nicht bange.
Papst Franziskus hatte am Sonntag vorgeschlagen, die Strukturen der Zusammenarbeit in der Europäischen Union zu lockern. "Möglicherweise ist es angebracht, über eine neue, freiere Form der Union nachzudenken". Das sagte er nach Angaben der römischen Tageszeitung "La Repubblica" am Sonntagabend auf dem Rückflug von Armenien nach Rom. So müsse die EU zur "Kraft ihrer Wurzeln" zurückkehren.
Nach über 40 Jahren wollen die Briten als erstes Land überhaupt die Europäische Union verlassen. Eine Mehrheit von rund 52 Prozent der Stimmen sprach sich für den Brexit aus, den Austritt aus der Europäischen Union. Die Europäische Gemeinschaft mit bisher 28 Staaten wird damit in die schwerste Krise ihrer Geschichte gestürzt. Die politischen und wirtschaftlichen Folgen für Großbritannien könnten schwerwiegend sein.
Politische Kräfte in Nordirland und in Schottland machten sich noch vor Bekanntwerden des Ergebnisses für eine Abspaltung von Großbritannien und den Verbleib in der EU stark. Schotten und Nordiren hatten mehrheitlich für den Verbleib in der EU votiert.
Die Wahlbeteiligung lag bei 72,2 Prozent, zuvor hatten sich 46,5 Millionen Wähler für die Abstimmung registriert. Das Referendumsgesetz legt streng genommen nicht fest, dass Großbritannien auch wirklich aus der EU austreten muss. In der Praxis jedoch hätte das Parlament wohl keine Wahl. (dpa/Stand 24.06.16)