Weiter Streit um AfD-Grundsatzprogramm

Angeheizte Debatte um Islam

Am Wochenende will die AfD ihr umstrittenes Grundsatzprogramm verabschieden. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, hält im domradio.de - Interview einige Punkte für "ganz obskur und abstrus". 

AfD rückt weiter nach rechts (dpa)
AfD rückt weiter nach rechts / ( dpa )

Vor dem Programmparteitag der AfD am Wochenende in Stuttgart geht die Debatte über den Islam in Deutschland weiter. AfD- Chefin Frauke Petry kritisiert dabei die Islamverbände scharf und bekräftigt die Forderung nach einem Minarett-Verbot. Der Zentralrat der Muslime lädt Petry zum Gespräch in seine nächste Vorstandssitzung ein. Unterdessen spricht sich Unions-Fraktionschef Volker Kauder für eine staatliche Kontrolle von Moscheen in Deutschland aus. Eine Deutschpflicht für Imame lehnt er allerdings ab.

AfD-Chefin Frauke Petry macht die Verbände der Muslime für Integrationsprobleme verantwortlich und übt scharfe Kritik am Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek: "Herr Mazyek täte gut daran, mal in den eigenen Reihen nach den Ursachen von Antisemitismus zu forschen und die Frage nach dem Existenzrecht Israels zu klären", sagte Petry der "Rheinischen Post" (Freitag).

Einladung vom Zentralrat der Muslime

Sie reagierte damit auf Mazyeks Vorwurf, wonach die AfD eine ganze Religionsgemeinschaft in Deutschland - den Islam - bedrohe. Viele Muslime stünden dem Existenzrecht Israels eindeutig negativ gegenüber, betonte Petry: "Auch das erschwert den Diskurs der Religionen in Deutschland. Gerade die Verbände der Muslime stehen der Integration im Weg."

Vor Beginn des AfD-Programmparteitags sprach sich die AfD-Chefin zugleich klar gegen Minarette in Deutschland aus: "Wer privat Muslim sein will, braucht dafür kein Minarett." In Minaretten komme der "Herrschaftsanspruch" des Islams zum Ausdruck: "Der ist grundgesetzwidrig und den müssen wir von privater Religionsausübung trennen." Der Zentralrat der Muslime in Deutschland lädt Petry unterdessen zu einem Treffen ein. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag) sagte der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek: "Wir wollen wissen: Warum hassen Sie uns Muslime?" In einem Schreiben sei Petry zur kommenden Vorstandssitzung eingeladen worden, um dort über Flüchtlingskrise und Islamfeindlichkeit zu diskutieren.

Entscheidung über Grundsatzprogramm 

Bei ihrem Parteitag will die AfD über ein Grundsatzprogramm entscheiden. In einem vom Bundesvorstand um Frauke Petry getragenen Entwurf heißt es unter anderem: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." Zudem sollen Minarette und Muezzin-Rufe verboten werden. Als Reaktion darauf hatte Mazyek die Partei mit der NSDAP verglichen.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, warnt unterdessen im domradio.de-Interview vor einer pauschalen Ablehnung des Programms. "In dem Grundsatzprogramm stehen durchaus auch einige Dinge, die vernünftig sind, andere Dinge dagegen sind ganz obskur und abstrus", sagte er. Der konfessionelle Religionsunterricht für Muslime soll abgeschafft werden, stattdessen soll für alle muslimischen Kinder eine Islamkunde im Rahmen des Ethikunterrichts unterrichtet werden. "Also ein Pflichtunterricht im eigenen Glauben, das ist eine krause Idee." Trotz aller Kritik: "Als Christen sollten wir aber vorsichtig sein, das Programm in Gänze abzulehnen."

Das von AfD-Chefin Petry angesprochene Minarett-Verbot könnte jedoch rein theoretisch auch die freie Religionsausübung von Christen gefährden. "Wenn die Dinge, die da (im Grundsatzprogramm  der AfD - Anmerk. der Redaktion) zum Islam stehen, durchgesetzt würden, hätte das gravierende Auswirkungen auch auf das Christentum", so Sternberg. "Solche Forderungen kann man in Deutschland so nicht umsetzen und sollte es auch nicht." Die AfD solle stattdessen einen Blick in das Grundgesetz werfen. Dieses garantiert im Artikel 4 die Religionsfreiheit für alle Menschen. 

Kauder für Kontrolle der Moscheen 

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hält unterdessen eine staatliche Kontrolle der Moscheen für unabdingbar im Kampf gegen den Terror: "Der Staat ist hier gefordert. Er muss das kontrollieren", sagte Kauder der "Berliner Zeitung"(Freitag). In einigen Moscheen würden Predigten gehalten, die mit dem deutschen Staatsverständnis nicht in Einklang stünden, so der CDU-Politiker.

Aus Kauders Sicht ist es allerdings nicht sinnvoll, zu verlangen, dass alle Imame deutsch sprechen sollten: "Das sind Scheindebatten. Für Italiener wird die Heilige Messe auch auf Italienisch angeboten. In den Synagogen wird auf Hebräisch gebetet. Das ist alles zu akzeptieren."

Islamwissenschaftler Khorchide wirft AfD Spaltung der Gesellschaft vor

Unterdessen wirft der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide der rechtspopulistischen Partei AfD vor, mit ihrer Islamkritik die Gesellschaft spalten zu wollen. Aussagen wie "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" oder Forderungen nach einem Minarett-Verbot seien geeignet, Ängste zu schüren, sagte der Münsteraner Professor für islamische Religionspädagogik dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Hier werde mit Polemik versucht, die Muslime zum allgemeinen Feindbild zu erklären. "Wer das macht, spaltet die Gesellschaft." Die von den Rechtspopulisten ausgelöste islamkritische Diskussion lasse auch die Haltung der Studierenden nicht unberührt, erzählte der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster. Sie fühlten sich unter einem ständigen Rechtfertigungsdruck wegen ihres Glaubens. Die ablehnende Haltung gegenüber Muslimen berge die Gefahr, dass sich viele von ihnen von der Mehrheitsgesellschaft abwendeten und sich in ihre Gemeinschaften zurückzögen, warnte Khorchide.

Er kritisierte das "ganz falsche Verständnis vom Islam", das von der AfD verbreitet werde. Der Islam stehe nicht für Gewalt, sondern für ein friedliches Zusammenleben der Menschen, betonte der Wissenschaftler. "Dennoch müssen wir über Probleme und Herausforderungen sprechen, aber in einem sachlichen Rahmen", sagte Khorchide weiter. Dort, wo die Religion politisch missbraucht werde, verkomme sie zur Ideologie.

Deshalb sei der Begriff vom islamischen Staat, wie ihn manche Staaten für sich beanspruchen, irreführend. Entscheidend seien viel mehr Kriterien wie die Achtung der Grundrechte wie der persönlichen Freiheit und Würde, der Meinungs- und Pressefreiheit und der persönlichen Unversehrtheit.


Prof. Thomas Sternberg / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Prof. Thomas Sternberg / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
KNA , DR