Kirchen in Niedersachsen für Staatsverträge mit Muslimen

Personalwechsel bringt Verhandlung ins Stocken

Die beiden großen Kirchen in Niedersachsen haben sich für Weiterverhandlungen der rot-grünen Landesregierung mit den islamischen Verbänden zum Staatsvertrag ausgesprochen.

Muslime in Niedersachsen / © Peter Steffen (dpa)
Muslime in Niedersachsen / © Peter Steffen ( dpa )

"Es wäre schade, wenn der Vertragsabschluss aufgrund des Personalwechsels an der Spitze des Landesverbandes der Muslime Schura scheitern würde", sagte der Leiter des Katholischen Büros, Felix Bernard, in Hannover der Katholischen Nachrichten-Agentur. Er erwarte von dem Landesverband auch unter neuer Führung, dass er "zum ausgehandelten Vertrag steht", betonte Bernard.

Auch die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers hält an ihrem Votum für den Abschluss der Staatsverträge mit den muslimischen Gemeinschaften fest. Sie befürworte "unabhängig von den Personen" die "Abschlüsse von Verträgen zwischen der Landesregierung und den muslimischen Verbänden in Niedersachsen", sagte Pressesprecher Johannes Neukirch.

Führungswechsel bei Schura legt Staatsvertrag auf Eis

Die "Nordwest-Zeitung" hatte berichtet, dass Niedersachsens Landesregierung den geplanten Staatsvertrag mit drei Muslim-Verbänden - Schura, DITIB und Aleviten - vorerst auf Eis legen wolle. Anlass sei ein Führungswechsel bei Schura vom bisherigen Vorsitzenden Avni Altiner, einem engen Duz-Freund von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), hin zu Recep Bilgen. Bilgen kommt von Milli Görüs, einer Vereinigung, die wegen islamistischer und antisemitischer Tendenzen über Jahre vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Sie zählt rund 2.600 Mitglieder in Niedersachsen.

"Wir bedauern in der Tat die Abwahl von Herrn Altiner, der sich bei uns und parteiübergreifend Vertrauen erarbeitet hat", sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen (SPD) der KNA. "Das ist kein Misstrauensvotum gegenüber dem Neuen." Aber man müsse nun "zunächst in Ruhe prüfen, wie sich der Landesverband unter der neuen Führung darstellen wird." Sie rechne nicht mit einer kurzfristigen Unterzeichnung. Dass nun nur Verträge mit DITIB und den Aleviten abgeschlossen würden, sei "nicht realistisch", so Pörksen.

Neuer Schura-Chef gilt als Hardliner

Der neue Schura-Chef gilt nach Angaben der "Nordwest-Zeitung" als "Hardliner" und seine Wahl am letzten Wochenende als "regelrechter Putsch" konservativer Muslime. Die Unterzeichnung eines Islam-Vertrags werde damit eher unwahrscheinlich.

Bernard betonte, grundsätzlich halte er es für wesentlich, wenn der Vertrag "nicht durchgedrückt, sondern von allen Fraktionen mitgetragen wird". Das hieße, eventuell auch Verbesserungsvorschläge einzuarbeiten. CDU und FDP haben schon lange Bedenken gegen den Vertrag in seiner bisher geplanten Form und fordern eine Nachbesserung des Entwurfs sowie Neuverhandlungen.

Neukirch sagte, es gelte nach wie vor das Wort von Landesbischof Ralf Meister, dass es bei aller noch nötigen Diskussion "möglichst bald" zum Abschluss der Verträge mit den muslimischen Verbänden kommt. In Niedersachsen leben rund 300.000 Muslime. Die Unterzeichnung des Vertrages war ursprünglich für den Sommer angestrebt.


Quelle:
KNA