Internationale Parlamentarier-Konferenz erteilt Judenhass Absage

Gegen einheimischen und eingewanderten Antisemitismus

Zwei Tage haben sich Parlamentarier aus rund 40 Ländern in Berlin über Antisemitismus ausgetauscht. Die deutsche Politik machte dabei einmütig klar, dass keine Form von Judenhass geduldet werde.

Autor/in:
Anna Mertens
Kundgebung gegen Judenhass  / © Maja Hitij (dpa)
Kundgebung gegen Judenhass / © Maja Hitij ( dpa )

Mehr als deutliche Worte fanden Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der Konferenz der Interparlamentarischen Koalition zur Bekämpfung von Antisemitismus in Berlin. Judenfeindlichkeit habe keinen Platz in Deutschland - weder "einheimischer noch eingewanderter". Das gelte auch für Antisemitismus, der als vermeintliche Kritik an der Politik Israels daherkäme, aber "einzig und allein Ausdruck des Hasses auf jüdische Menschen" sei, ergänzte Merkel. Und Lammert bekräftigte das Existenzrecht Israels. Das dürfe von niemandem, der in Deutschland lebe, infrage gestellt werden.

Merkel und Steinmeier trotz Wahlnachlese dabei

Rund 140 Parlamentarier aus 40 Nationen hatten sich zu dem zweitägigen Treffen in der Bundeshauptstadt angemeldet. Trotz des Trubels nach den Landtagswahlen in drei Bundesländern nahmen die Kanzlerin, die Fraktionschefs sowie Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Bundesjustizminister Heiko Maas (beide SPD) an der Konferenz teil, um als vereinte Front gegen Judenhass zu sprechen. Anders als zur Zeit des Nationalsozialismus treffe Antisemitismus heute auf den "geballten, geschlossenen Widerstand ausnahmslos aller staatlichen Autoritäten in Deutschland", so der Bundestagspräsident.

Die Konferenz war die dritte ihrer Art. Der Auftakt war 2009 in Großbritannien gemacht worden. Dort hatten die teilnehmenden Parlamentarier die sogenannte Londoner Erklärung unterzeichnet - eine Aufforderung an Abgeordnete, aber auch Regierungen, internationale Organisationen und Gesellschaft, sich aktiv gegen Antisemitismus stark zu machen.

Anstieg der registrierten antisemitischen Hassverbrechen

Schon damals beklagten die Parlamentarier ein Wiederaufflammen der alten Sprache der Vorurteile bis hin zu staatlich unterstütztem Antisemitismus. "Wir beobachten den dramatischen Anstieg der registrierten antisemitischen Hassverbrechen und Angriffe auf jüdische Personen und ihr Eigentum sowie auf jüdische religiöse, schulische und kommunale Institutionen", so das Gründungsdokument.

Sieben Jahre später fiel die Bilanz in vielen Aspekten ähnlich aus. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) konstatierte, dass Judenfeindlichkeit eben kein Phänomen sei, das überwunden wurde. Weiterhin gebe es latente bis hin zu offen gewalttätige Formen von Antisemitismus. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann nannte Antisemitismus eine "Geißel der Menschheit".

Besonderes Augenmerk hatten die Organisatoren der Konferenz, darunter die Linken-Abgeordnete Petra Pau, auf Hassrede im Internet, Antisemitismus im Sport sowie antisemitische Haltungen und Israel-Feindlichkeit in der Migrationsgesellschaft gelegt.

Vorgehen in Sozialen Netzwerken

Bundesjustizminister Maas erklärte, dass es ein erklärtes Ziel sei, in der Europäischen Union ein einheitliches Vorgehen gegen Hassreden in Sozialen Netzwerken zu finden. "Wir wollen einen einheitlichen Kodex, was wir dagegen tun und was wir auch von den Betreibern von Plattformen abverlangen können." Es könne etwa nicht sein, dass Unternehmen dorthin zögen, wo die Standards am niedrigsten seien.

Auch seitens der geladenen muslimischen Vertreter gab es klare Bekenntnisse gegen Antisemitismus. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, betonte, dass Hass keinen Platz in Moscheen habe. Er sei nicht Bestandteil des muslimischen Glaubens. Zugleich rief Mazyek dazu auf, auch Islamfeindlichkeit nicht unter den Teppich zu kehren. Möglicherweise könne über islamfeindliche Haltungen auch Judenfeindlichkeit "entlarvt" werden. Als gutes Beispiel wurde die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus vorgestellt - ein vor 13 Jahren gegründetes Projekt, das unter anderem in Moscheegemeinden über Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft aufklärt.

Mitarbeiter Aycan Demirel warnte aus der Praxis davor, Antisemitismus ausschließlich im muslimischen Kontext zu thematisieren. Daraus erwachse im schlimmsten Fall die Islamfeindlichkeit. Wichtiger sei es, die Parallelen der Phänomene zu betrachten und sich gemeinsam gegen Rassismus zu engagieren.


Quelle:
KNA