Erzbischof von Homs zur Lage in Syrien

Zwischen Angst und Hoffnung

Nach den Worten des syrisch-orthodoxen Erzbischofs von Homs, Silvanus Petros Al-nemeh, machen sich die Menschen in Syrien große Hoffnungen wegen der momentanen Waffenruhe. Dennoch lebten Christen und Muslime weiterhin in großer Angst.

Zerstörter Altar in Syrien / © Karin Leukefeld (KNA)
Zerstörter Altar in Syrien / © Karin Leukefeld ( KNA )

Die Leute setzten darauf, dass die Waffenruhe der Anfang vom Ende des Kriegs sei, sagte der Erzbischof dem internationalen katholischen Hilfswerk "Kirche in Not" am Mittwoch in München. Zur Zeit herrsche die Furcht vor Angriffen, Entführungen und Gräueltaten der Truppen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) vor.

Al-nemeh verwies darauf, dass die Hoffnung der Menschen noch durch ein weiteres Ereignis neue Nahrung bekommen habe. So habe der IS Ende Februar im Nordosten Syriens die letzten von über 250 christlichen Geiseln aus dieser Region freigelassen. Sie hätten sich über ein Jahr in der Hand der Terroristen befunden. "Das hat den Glauben der Menschen gestärkt, dass Gott auch in schwierigen Zeiten noch Wunder wirkt und die Gebete seiner Gläubigen erhört."

In der Stadt Karjatain seien allerdings noch immer über 170 Christen in der Gewalt der Islamisten, so der Erzbischof. Nach der Eroberung im Sommer 2015 habe der IS das dortige Kloster Mar Elian dem Erdboden gleichgemacht und damit einen der bedeutendsten Wallfahrtsorte Syriens zerstört, dessen Wurzeln ins 3. Jahrhundert zurückreichten. Viele Mönche und Gläubige seien von den Dschihadisten gefangen genommen worden. Dem Prior Pater Jacques Mourad sei dann im Oktober die Flucht gelungen.

Rotes Kreuz pocht auf mehr Hilfe

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) forderte fünf Jahre nach Ausbruch des Krieges mehr Unterstützung für die Bewohner. Mehr Menschen denn je seien dringend auf Hilfe angewiesen, sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters am Mittwoch in Berlin.

Nichts habe sich in diesen fünf Jahren für die Menschen zum Besseren gewendet, das Gegenteil sei der Fall. Das Land liege weitgehend in Trümmern. 13,5 Millionen Menschen sind laut DRK auf permanente humanitäre Hilfe angewiesen - das entspricht mehr als der Hälfte der ehemaligen Gesamtbevölkerung des Landes. "Einzig die, wenn auch bislang brüchige, Waffenruhe ist jüngst als Zeichen der Hoffnung für die notleidende Bevölkerung zu werten", so Seiters.

Mehr als 11,4 Millionen auf der Flucht

Allein für rund neun Millionen Menschen bestehe keine gesicherte Versorgung an Grundnahrungsmitteln. Auch die medizinische Versorgung sei weitgehend zusammengebrochen, Verbrauchsmaterial sei knapp und viele Krankenhäuser zerstört. Der DRK-Präsident warnte zudem vor einer Verschärfung der humanitären Lage in Syrien. Dann seien weitere Flüchtlingsbewegungen aus Syrien in die Nachbarländer und nach Europa zu erwarten.

Im Januar 2016 befanden sich laut Seiters bereits mehr als 11,4 Millionen Syrer auf der Flucht vor Gewalt und Not, 4,8 Millionen von ihnen haben aktuell Zuflucht in den angrenzenden Nachbarländern gesucht. - Das DRK leistet bereits seit 2012 humanitäre Hilfe im Syrien-Konflikt und arbeitet dabei eng mit seiner Schwesterorganisation, dem Syrischen Arabischen Roten Halbmond, zusammen.


Quelle:
KNA