Schäuble kritisiert politische Protestanten

Nicht übers Ziel schießen

Bundesfinanzminister Schäuble kritisiert eine zu starke politische Orientierung mancher evangelischer Christen. Protestanten hätten in der Demokratie anzuerkennen, dass sie auch dem Willen der Mehrheit verpflichtet seien.

Bundesfinanzminister Schäuble  / © Maurizio Gambarini (dpa)
Bundesfinanzminister Schäuble / © Maurizio Gambarini ( dpa )

"Wir haben heute viele politische Protestanten, was für unsere Demokratie gut und wichtig ist. Manchmal aber entsteht der Eindruck, es gehe in der evangelischen Kirche primär um Politik, als seien politische Überzeugungen ein festeres Band als der gemeinsame Glaube", schrieb Schäuble, der selbst Protestant ist, in der Monatsschrift "Pastoraltheologie" in einem Beitrag zum Reformationsjubiläum 2017.

Dem Willen der Mehrheit verpflichtet

"Das führt jedoch nicht nur dazu, dass sich Christen mit abweichenden politischen Auffassungen schnell ausgeschlossen fühlen, sondern auch - und weitaus bedenklicher - dazu, dass das Ziel politischer Einflussnahme letztlich verfehlt wird. Denn die besondere Überzeugungskraft, die von religiös motiviertem politischem Handeln ausgeht, liegt in dessen geistlicher, spiritueller Basis", erklärte er. Viele Arbeitsgruppen in der evangelischen Kirche gelten als hartnäckige Kritiker des Regierungshandelns.

Weiter mahnte Schäuble, auch Protestanten hätten in der Demokratie anzuerkennen, dass sie nicht allein ihrem politischen Gewissen verpflichtet seien, sondern dem Willen der Mehrheit. "In fast allen Fällen gelten die Prinzipien der Demokratie, nach der (fast) alle Meinungen artikuliert und in den Entscheidungsprozess eingebracht werden können, aber am Ende doch die Mehrheitsentscheidung, die in einem klar geregelten Prozess getroffen wird, gilt. Hier schießen die protestierenden Protestanten manchmal über das Ziel hinaus."

Politiker Wolfgang Schäuble

Der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble ist der dienstälteste Abgeordnete der deutschen Parlamentsgeschichte seit 1871. Im November 1972 wurde der gebürtige Freiburger im Wahlkreis Offenburg erstmals in den Bundestag gewählt. Seit fast 50 Jahren hat er ohne Unterbrechung das dortige Direktmandat inne. Am 18. September wird der promovierte Jurist, der neben Rechts- auch Wirtschaftswissenschaften studierte, 80 Jahre alt.

Wolfgang Schäuble (CDU) / © Kay Nietfeld (dpa)
Wolfgang Schäuble (CDU) / © Kay Nietfeld ( dpa )
Quelle:
dpa