Weltgemeinschaft setzt Zeichen für Opfer

Neun Milliarden Euro für Syrien

Die Länder stocken nach fünf Jahren Bürgerkrieg in Syrien auf. Bei der Londoner Geberkonferenz für Syrien haben die teilnehmenden Länder rund neun Milliarden Euro an Hilfen zugesichert.

Geberkonferenz für Syrien  / © Andy Rain (dpa)
Geberkonferenz für Syrien / © Andy Rain ( dpa )

Die Weltgemeinschaft hat sich auf umfassende Hilfen für die Opfer des syrischen Bürgerkriegs verständigt und will dafür deutlich mehr als neun Milliarden Euro (über zehn Milliarden Dollar) bereit stellen. Mehr als die Hälfte davon solle kurzfristig zur Verfügung stehen, teilten die Gastgeber der Londoner Geberkonferenz fürSyrien und die Region mit. "Das ist ein wichtiges Signal", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Es bedeutet, dass die Arbeit sofort beginnen kann."

Der Bürgerkrieg in Syrien dauert fast fünf Jahre an, mehr als 250 000 Menschen starben. Millionen Syrer flohen ins Ausland.

Deutschland will 2,3 Milliarden Euro zahlen

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon lobte das Ergebnis am Donnerstag als "großartigen Erfolg". Noch nie sei an einem Tag so viel Geld für eine einzelne Krise eingesammelt worden. Ein Durchbruch sei, dass Syriens Nachbarstaaten Türkei, Libanon und Jordanien ihren Arbeitsmarkt für Flüchtlinge öffneten. Das bedeute "nicht nur Nahrung für heute, sondern Hoffnung für morgen".

Deutschland will bis 2018 2,3 Milliarden Euro zahlen, davon 1,2 Milliarden in diesem Jahr. Ein großer Teil geht an das Welternährungsprogramm (WFP). Es sei unerträglich, dass Lebensmittelrationen in Flüchtlingslagern gekürzt werden mussten, weil Staaten ihre finanziellen Zusagen nicht eingehalten hatten, sagte Merkel. Für die Kanzlerin und die anderen Europäer geht es auch darum, die Versorgung der Syrer in der Region zu sichern, damit sie sich nicht auf den Weg nach Europa machen.

Fluchtursachen bekämpfen 

"Die Bundesregierung ist überzeugt, dass die Fluchtursachen vor Ort bekämpft werden müssen", erklärte Merkel. Schwerpunkt soll die Versorgung mit Lebensmitteln sein. Es müsse verhindert werden, dass die Lebensmittelrationen so gekürzt werden müssten wie im vergangenen Jahr, sagte Merkel mit Blick auf die Einschnitte für Flüchtlinge in syrischen Nachbarländern. Zudem solle das Geld in Bildungs- und Arbeitsprogramme fließen.

Merkel rief zugleich zu politischen Anstrengungen auf, um die Situation in Syrien zu entschärfen. "Die Reflektionsphase muss genutzt werden, um die humanitäre Lage zu verbessern", sagte sie. "Alle stehen in der Verantwortung, vor allem das Assad-Regime.»

Ausbildung in den Nachbarstaaten 

Neben Nahrungsmitteln und medizinischen Gütern sollen die Milliardenhilfen auch Schul- und Ausbildung für junge Flüchtlinge sichern und Arbeitsplätze für sie in den Nachbarstaaten schaffen. Deutlich mehr als vier Millionen Syrer haben vor allem im Libanon, in Jordanien und der Türkei Schutz gesucht. Die EU werde alles daran setzen, auch die Exportbedingungen aus diesen Ländern zu verbessern, um dort Jobs zu schaffen, sagte Merkel.

EU-Ratspräsident Donald Tusk kündigte an, dass die EU und deren Mitgliedsländer in diesem Jahr mehr als drei Milliarden Euro für Syrien, Jordanien, den Libanon und die Türkei zur Verfügung stellen. Einer EU-Diplomatin zufolge kommen davon 1,1 Milliarden aus dem Haushalt der Union. Auch nach 2016 solle dieses Finanzierungsniveau gehalten werden, sagte Tusk in London.

An der Seite der Menschen 

"Wir senden ein klares Signal an die Bevölkerung in Syrien. Wir stehen an ihrer Seite verheerende Lage der Menschen in Syrien. Vor allem der Hunger in den belagerten Städten sei bedrohlich. Es gebe Menschen, "die Blätter und Gras essen", um zu überleben.

Während die Staaten in London berieten, machten sich nach Angaben des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu Zehntausende aus Lagern in Nordsyrien auf den Weg in die Türkei. Wenn wichtige Nachschubrouten der Rebellen von der Türkei nach Aleppo nicht freigegeben würden, drohe dort eine Katastrophe. «Niemand wird dann die Opposition dazu bewegen können, an den Verhandlungstisch zurückzukehren», mahnte Davutoglu.

Weitere Gespräche am 11. Februar 

Die Aussetzung der Genfer Friedensgespräche für Syrien am Vorabend warf einen Schatten auf das Treffen in London. Russland und die USA wollen am 11. Februar vor der Münchner Sicherheitskonferenz mit Vertretern weiterer Staaten über den Konflikt sprechen. 

UN-Sondervermittler Staffan de Mistura hatte die Gespräche in Genf für eine politische Lösung des Syrienkonfliktes nach wenigen Tagen verschoben. Sein Büro teilte am Donnerstag mit, die Verhandlungen sollten spätestens am 25. Februar wieder aufgenommen werden. Vor echten Verhandlungen verlangt die Opposition ein Ende von Städteblockaden sowie den Stopp von Angriffen der Regierungstruppen auf Zivilisten.

Geld allein hilft nicht

Der entwicklungspolitische Dachverband Venro begrüßte die internationalen Zusagen zur Erhöhung der Hilfsgelder. Regierungen dürften sich aber nicht hinter finanziellen Zusagen verstecken, erklärte der Venro-Vorstandsvorsitzende Bernd Bornhorst in Berlin.

Die Flüchtlinge bräuchten Zugang zu Arbeit und Bildung "und die Möglichkeit, selber zu einer friedlichen Zukunft beizutragen". Die Zusage des Libanon, Flüchtlingen Zugang zu Bildung zu ermöglichen, und das neue türkische Gesetz zur Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge seien deshalb von großer Bedeutung, betonte Bornhorst. Um die Nachbarländer Syriens zu entlasten, müssten aber auch weitere Länder neben Deutschland, Schweden und Norwegen der humanitären Aufnahme von Flüchtlingskontingenten zustimmen.


Essensausgabe in Syrien  / © Pawel Krzysiek (dpa)
Essensausgabe in Syrien / © Pawel Krzysiek ( dpa )
Quelle:
dpa , epd , KNA