Philosoph Brüntrup prognostiziert schwere US-Wahl für Katholiken

"Wie man es macht, macht man es falsch"

Die erste Präsidentschaftsvorwahl in den USA zeigt ein knappes Bild - sowohl bei den Demokraten als auch den Republikanern. Für Katholiken werde es aber ohnehin eine schwierige Stimmabgabe, sagt der Philosoph Godehard Brüntrup bei domradio.de.

Ergebnisse der US-Präsidentschaftsvorwahlen / © John Taggart (dpa)
Ergebnisse der US-Präsidentschaftsvorwahlen / © John Taggart ( dpa )

domradio.de: Welche Bedeutung hat denn eigentlich der relativ kleine Bundesstaat Iowa für die gesamten Präsidentschaftsvorwahlen in den USA?

Prof. Godehard Brüntrup (Jesuit und Professor für Philosophie an der Hochschule für Philosophie in München): Eine recht geringe Bedeutung. Einzig interessant ist, wie sich das Feld aussortiert. Da haben wir jetzt bei den Republikanern drei Kandidaten: Ted Cruz, Marco Rubio und Donald Trump. Interessant ist, dass es nun offensichtlich ein Dreierfeld gibt und nicht nur Donald Trump.

domradio.de: Ted Cruz hat sich gegen Donald Trump durchgesetzt. Was zeichnet ihn aus?

Prof. Godehard Brüntrup: Cruz ist eigentlich ein Erzkonservativer, was Trump nicht auszeichnet. Trump ist eher ein Populist. Er redet dem Volk gerne nach dem Mund und ändert auch seine Meinung, je nachdem wie es ankommt, während Cruz im amerikanischen Sinne - wie wir das in Deutschland gar nicht kennen - ein Erzkonservativer ist, der für die Todesstrafe, liberale Waffengesetze und Neoliberalismus in der Wirtschaft plädiert. Das würde man von einem echten amerikanischen Konservativen erwarten.

domradio.de: Nun haben wir es für uns in Deutschland zumindest mit einem neuen Namen bei den Demokraten zu tun: Bernie Sanders, der fast gegen Hillary Clinton gewonnen hätte. Es gibt jedenfalls nur eine hauchdünne Mehrheit, die bei den Demokraten Clinton von Sanders trennt. Was ist Sanders für ein Kandidat?

Prof. Godehard Brüntrup: Die Wahl zeichnet sich diesmal dadurch aus, dass sie eine Anti-Establishment-Wahl ist. Während bei den Demokraten Hillary Clinton und bei den Republikanern Marco Rubio für das Establishment stehen, ist Donald Trump ein Anti-Establishment-Typ. Und genauso ist Bernie Sanders auf der linken Seite ein Anti-Establishment-Typ. Sanders ist vielleicht das, was bei uns in Deutschland die Linke wäre, während Trump bei uns die AfD wäre. Die Rebellen werden also bei dieser Wahl sehr bedeutend.

domradio.de: Wenn wir einmal auf die bedeutenden Faktoren bei dieser Wahl schauen, dann spielte ja auch gerade Religion in den USA immer eine Rolle. Es scheint, als würde Religion nicht so ein Faktor sein wie beim letzten Mal, als es darum ging, ob der Mormone Mitt Romney und der Christ Barack Obama ins Weiße Haus einzieht. Ist das denn so?

Prof. Godehard Brüntrup: Die Katholiken haben politisch in den USA kein Zuhause. In Deutschland hat die katholische Soziallehre unsere Marktwirtschaft geprägt. Martin Niemöller (deutscher evangelischer Theologe, Anm. der Red.) hat einmal gesagt, die Bundesrepublik sei im Vatikan gezeugt worden. Die Katholiken haben in unserem Land ein Zuhause. In Amerika sind die Katholiken in der Mitte, halb und halb gespalten. Diejenigen, die eher in den Grundwerten konservativ sind, also gegen Homo-Ehe und Abtreibung sind, wählen die Republikaner, und diejenigen, die sozial-progressiv oder liberal sind und für soziale Gerechtigkeit eintreten, die wählen die Demokraten. So sind die Katholiken in zwei Lager gespalten und jeder muss in den sauren Apfel beißen und vieles schlucken. Wenn ein Katholik beispielsweise Hillary Clinton wählt, dann wählt er eine Kandidatin, die sich in den letzten Monaten intensiv für eine Abtreibung bis in den neunten Monat eingesetzt hat. Das ist natürlich harter Tobak für einen Katholiken. Wählt man andererseits die Republikaner, da bekommt man die Todesstrafe. Wie man es als Katholik auch macht, man macht es falsch.

domradio.de: Kann man denn aus dieser Vorwahl in Iowa schon etwas für die kommenden Wahlen ableiten?

Prof. Godehard Brüntrup: Zwei Dinge kann man meines Erachtens interpretieren. Zum einen ist das Rennen zwischen Sanders, dem linken Rebellen, und der eher establishment-orientierten Hillary Clinton viel knapper als man im Vorfeld gedacht hat. Hillary Clinton muss zittern. Allerdings wird man erwarten können, dass in den Südstaaten ein so Linker wie Sanders weniger Stimmen bekommt. Da wird sich Hillary Clinton im Endeffekt wahrscheinlich schon durchsetzen. Bei den Republikanern zeigt sich sehr klar, dass wir ein Dreier-Feld haben. Hier spielt Rubio mit eine Rolle, der ein starkes Ergebnis in Iowa erzielt hat, der ein Katholik ist, der einen Hispanic-Background hat, der von Kuba kommt und von vielen Katholiken gewählt wird. Deshalb ist die Nominierung von Trump noch nicht sicher. In diesem Dreier-Feld von Rubio, Cruz und Trump wird der Kandidat ausgemacht.

Das Interview führte Dr. Christian Schlegel.


Quelle:
DR