Präsidentschaftswahlen in Haiti abgesagt

Stimmenkäufe und Einschüchterung

Massive Unregelmäßigkeiten - die Kritiker wurden immer lauter und forderten eine Verschiebung der Stichwahl in Haiti. Jetzt wurde sie abgesagt.

Wahlplakat in haiti / © Orlando Barria (dpa)
Wahlplakat in haiti / © Orlando Barria ( dpa )

Die für Sonntag angesetzte Stichwahl um das Präsidentenamt in Haiti ist am Freitagabend (Ortszeit) abgesagt worden. Wie lokale Medien berichteten, habe der Präsident des Provisorischen Wahlrates (CEP), Pierre-Louis Opont, für die Entscheidung Sicherheitsgründe angeführt. Es sei vermehrt zu Übergriffen auf die Infrastruktur der Wahlbehörde gekommen. In den vergangenen Tagen war es in der Hauptstadt Port-au-Prince aber auch in anderen haitianischen Großständen zu teils gewalttätigen Protesten gekommen. Ein neuer Termin für den Wahlgang steht noch nicht fest.

Die katholische Kirche in Haiti hatte sich in dieser Woche für eine Verschiebung des umstrittenen Urnenganges ausgesprochen. In einer von Kardinal Chibly Langlois unterzeichneten Stellungnahme heißt es, es sei zunächst ein Dialog notwendig, der für ein günstigeres Klima sorgen müsse. Alle Parteien müssten zurück an den Verhandlungstisch, um zu vermeiden, dass sich die aktuelle Krise weiter verschärfe.

Vermittlungsrolle der Kirche angeboten

Zugleich bot Langlois eine Vermittlungsrolle der Kirche an, um zu verhindern, dass das Land in einem sozialem und politischem Chaos versinke. Der haitianische Senat hatte ebenfalls eine Verschiebung der Stichwahl gefordert. Präsident Michel Martelly, der nicht mehr zur Wiederwahl steht, hatte dagegen am Wahltermin festgehalten.Die Lage hatte sich zugespitzt, nachdem eine Unabhängige Wahl-Kommission Martelly Anfang Januar ihren Bericht übergeben hatte.

Darin kritisierten die Beobachter, dass es beim ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen am 25. Oktober "gravierende Unregelmäßigkeiten" gab. Die Kommission bestätigte damit die Einschätzung kirchlicher Gruppen und Wahlbeobachter. Auch Haitis Bischöfe hatten zuvor eine Überprüfung von Betrugsvorwürfen gefordert.

Massive Betrugsfälle in einzelnen Wahllokalen

Auch Haitis Bischöfe hatten zuvor eine Überprüfung von Betrugsvorwürfen gefordert. Dabei soll es zu massiven Betrugsfällen in einzelnen Wahllokalen, Stimmenkäufen und Einschüchterung von Wählern gekommen sein. Aus dem ersten Wahlgang waren nach offiziellen Ergebnissen Jovenel Moise (32,76 Prozent) aus dem Regierungslager und Celestin (25,29 Prozent) von der Opposition als Wahlsieger hervorgegangen.

Die Unabhängige Wahlkommission empfahl dringende Veränderungen im Wahlprozess und erhob schwere Vorwürfe gegen die staatlichen Wahlbehörden, die Vertrauen und Autorität eingebüsst hätten. Die Verantwortlichen müssten zurücktreten und sich vor der haitianischen Justiz für ihre Vergehen rechtfertigen. 

Haiti

 © Mizkit (shutterstock)

Das karibische Haiti mit seinen rund elf Millionen Einwohnern und seinen zuletzt vermehrt auftretenden Naturkatastrophen ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Etwas kleiner als Belgien, nimmt der Karibikstaat das westliche Drittel der Insel Hispaniola ein. Haiti ist mit seinen etwa 11,5 Millionen Einwohner dichter besiedelt als Deutschland. 

Quelle:
KNA