Vorstoß für Unabhängigkeit schafft Zwist - auch in der Kirche

Katalonien will sich abnabeln

Das Regionalparlament in Barcelona sucht die Ablösung von Madrid und möchte Katalonien in einen unabhängigen Staat verwandeln. Spaniens Bischofskonferenz will die Einheit wahren - aber nicht mal in der Kirche sind sich alle einig.

Autor/in:
Manuel Meyer
Katalanisches Parlament genehmigt Unabhängigkeitsresolution / © Andreu Dalmau (dpa)
Katalanisches Parlament genehmigt Unabhängigkeitsresolution / © Andreu Dalmau ( dpa )

Spanien steht vor der wohl größten Herausforderung seit dem Putschversuch rechter Militärs im Februar 1981. Mit ihrer Mehrheit im frisch gewählten katalanischen Regionalparlament haben die separatistischen Parteien am Montag den Abspaltungsprozess von Spanien in die Wege geleitet. Das Regionalparlament beschloss, den Prozess "zur Schaffung eines unabhängigen katalanischen Staates in Form einer Republik" einzuleiten. Die Separatisten um den katalanischen Regierungschef Artur Mas rechtfertigten ihr Vorgehen mit dem "demokratischen Mandat", das sie bei den Regionalwahlen Ende September von den Katalanen erhielten.

Weniger als die Hälfte der Katalanen unterstützte Unabhängigkeit im September

Die separatistische Parteienallianz "Junts pel Si" wurde bei den Wahlen zwar stärkste Formation, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Dank der parlamentarischen Unterstützung der ebenfalls separatistischen CUP-Partei konnte sie zwar die Resolution verabschieden. Doch tatsächlich unterstützte weniger als die Hälfte der knapp fünf Millionen wahlberechtigten Katalanen beim Urnengang im September die Unabhängigkeitsbefürworter.

Dennoch will Mas die wirtschaftsstärkste Region des Landes in 18 Monaten in einen unabhängigen Staat verwandeln. Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy kündigte indessen Widerstand an. "Ich werde diesen Abspaltungsprozess auf keinen Fall zulassen", entgegnete er kurz nach der Abstimmung des katalanischen Regionalparlaments.

Bereits am Dienstag will Rajoy die Resolution vor dem Verfassungsgericht anfechten. Allein das setzt den Beschluss bis zu einem Urteil automatisch für ein halbes Jahr außer Kraft. Wie die Zeitung "El Mundo" (Montag) berichtet, plant die Zentralregierung sogar, die katalanische Regionalpolizei Mossos d'Esquadra unter ihre direkte Kontrolle zu stellen und Katalonien den Finanzhahn abzudrehen, sollten sich das Regionalparlament und die Regionalregierung gegen die Anordnungen des Verfassungsgerichts stellen.

Uneinigkeit in katholischer Kirche Spaniens

Die vehementen Unabhängigkeitsforderungen der in Katalonien regierenden Separatisten führen nicht nur zu Konflikten innerhalb der Gesellschaft, sondern auch in der katholischen Kirche. Kurz vor den Regionalwahlen im September forderte Valencias Erzbischof Antonio Canizares die Katholiken auf, "für Spanien und die Einheit" zu beten. Canizares erinnerte an einen Brief der Spanischen Bischofskonferenz von 2002: Darin warnte die Kirche vor einer Politik, die "das friedliche Zusammenleben der Spanier in Gefahr" bringen könnte.

Wie in der katalanischen Bevölkerung, so gibt es aber auch im katalanischen Klerus zahlreiche Unabhängigkeitsbefürworter. In einem gemeinsamen Schreiben unterstrichen Kataloniens Bischöfe ihre "Liebe zur katalanischen Heimat" und erklärten alle politischen Alternativen für "moralisch legitim". Sie zitierten sogar Papst Johannes Paul II. (1978-2005), um die Unabhängigkeitswünsche vieler Katalanen zu rechtfertigen: "Niemand kann legitim behaupten, dass eine Nation nicht würdig ist zu existieren."

Spanische Bischofskonferenz um innerkirchlichen Frieden bemüht

Unterdessen versuchte die Spanische Bischofskonferenz, den kircheninternen Frieden in einem Spagat zu wahren. Sie forderte die Katalanen vor dem Urnengang auf, ihre Stimme mit Blick auf das "friedliche Zusammenleben und größter Solidarität zwischen den spanischen Völkern" abzugeben.

Rajoy zeigte am Montag "Verständnis" für die Mehrheit der Spanier, die die separatistischen Initiativen leid seien. Die Verfassung spreche klar von der "unauflösbaren Einheit der spanischen Nation". Gegen das geltende Recht zu handeln, führe zu nichts, so Rajoy. Wenn die Separatisten das ändern wollten, sollten sie versuchen, die Verfassung zu reformieren.


Quelle:
KNA