Nach Messerattacke: Domdechant für Wahl am Sonntag

"Wahlen nicht kaputt machen lassen"

Einen Tag vor der Kölner Wahl ist die OB-Kandidatin Henriette Reker schwer verletzt worden. Im domradio.de- Interview erklärt der Kölner Domdechant, Msgr. Robert Kleine, weshalb die Wahl trotzdem stattfinden sollte. 

Nach der Attacke / © Oliver Berg (dpa)
Nach der Attacke / © Oliver Berg ( dpa )

domradio.de: Wie haben Sie von der Nachricht erfahren?

Kölner Stadtdechant Msgr. Robert Kleine: Ich habe die Nachricht um 10 Uhr im Radio gehört. Und kurz darauf ging das Telefon, der Domdiakon meldete sich und hat mir den Vorfall geschildert. Er hatte die Information von einem Mitglied unseres Katholikenausschusses in der Stadt Köln. Dieser war vor Ort gewesen als Wahlkampfhelfer und hatte versucht, mich anzurufen. Inzwischen habe ich auch mit ihm gesprochen. Er konnte mir den Vorgang auch schildern und war natürlich fassungslos. Das bin ich auch.

domradio.de: Es ist eine erschütternde Nachricht, die uns atemlos werden lässt. Wie geht man jetzt mit so einer Nachricht um? Sind Sie als Seelsorger gefragt?

Msgr. Kleine: Zunächst gelten unsere Gedanken den Verletzten. Neben Frau Reker sind ja auch noch andere Menschen verletzt worden. Frau Reker ist laut den Schilderungen am meisten betroffen. Sie wollte sich den Wählern noch einmal präsentieren. Zudem waren auch andere Wahlhelfer am Stand. Allen gilt das Daumendrücken und die Bitte um Gottes Segen, dass sie genesen. Ich denke, das ist etwas, was im Moment alle jenseits von Partei und Wahl an diesem Samstag bewegt.

Auch als Priester und Seelsorger steht man zunächst einmal fassungslos dar. Zu was sind Menschen fähig? Hatte die Tat politische Gründe? War es etwas Persönliches? Ist es etwas krankhaftes, was dazu geführt hat? Ist Frau Reker ein zufälliges Opfer? Oder wurde sie bewusst ausgewählt als Spitzenkandidatin?

All das ist müßig zu diskutieren. Klar ist, dass wir jetzt den Angehörigen beistehen müssen. Man weiß, das ist jemand in der Familie - wie etwa der Ehemann von Frau Reker oder die Angehörigen der anderen Verletzten -, die sich jetzt wirklich sorgen. Denen muss man jetzt beistehen. Und alles andere muss man hinten anstellen.

Wir können als Christen nur sagen, dass wir für die Verletzten beten und hoffen, dass es nicht zu bleibenden Schäden kommt oder jemand gar verstirbt.

domradio.de: Wir hatten bereits im Programm schon dazu aufgerufen, zur Wahl zu gehen. Was könnte das jetzt für eine Wahl morgen bedeuten?

Msgr. Kleine: ich habe Frau Reker im persönlichen Gespräch als eine sehr angenehme Frau kennen gelernt. Ich habe mich über ihre Kandidatur gefreut. Es erschüttert mich, dass einen Tag vor der Wahl alle fassungslos vor dem Ereignis stehen und sich fragen, wie es weiter geht.

Trotz dieses Vorfalls kann ich nur für mich persönlich betonen, dass es weiter wichtig ist, dass gewählt wird. Ich hoffe und gehe davon aus, dass sie gesund wird. Und wenn sie gewählt würde, das Amt auch antreten kann. Ich kann meinen Wahlaufruf deshalb nur erneuern.

Ich denke auch für Herrn Ott -  als Kandidaten der SPD -  ist das sicherlich eine furchtbare Situation. Es muss gezeigt werden: Wir lassen uns demokratische Wahlen nicht kaputt machen. Das wäre das falsche Zeichen. Sondern dass man sagt: Dieser Prozess der Wahl geht jetzt weiter in der Hoffnung, dass es am Ende  - wie auch immer der Wahlausgang sein wird – ein guter Ausgang für Frau Reker und die anderen Verletzten sein wird.

Das Gespräch führte Heike Sicconi.

 


Quelle:
DR