Bremens Propst Schomaker erwartet Kontinuität mit Politik

Viel bis kaum religiöse Musikalität

Bremens Propst Martin Schomaker weist eine schwindende Relevanz der Kirchen in der Hansestadt zurück. Im Interview spricht er über seine Erwartungen an den neuen Bürgermeister Sieling und "religiös unmusikalische" Bremer.

Carsten Sieling (SPD) (dpa)
Carsten Sieling (SPD) / ( dpa )

KNA: Propst Schomaker, der frühere Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) war den Kirchen und den von ihnen vertretenen Werten positiv zugewandt. Was erwarten Sie von seinem Nachfolger Carsten Sieling (SPD)?

Schomaker: Bevor Carsten Sieling als Bundestagsabgeordneter nach Berlin ging, war er Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft. Ich habe ihn schon damals als interessierten Gesprächspartner erlebt, der offen ist für die kirchliche Arbeit. Ich erwarte, dass Herr Sieling auch als Bürgermeister die Arbeit der Kirche unterstützt und mit uns im Gespräch bleibt. Wir haben im Bundesland Bremen viele katholische Einrichtungen, ein katholisches Krankenhaus, katholische Schulen und Kindertagesstätten, eine engagierte Caritas mit mehreren Altenheimen, einer umfassenden Kinder- und Jugendhilfe und weiteren karitativen Angeboten. Wir engagieren uns in der Flüchtlingsarbeit. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips erwarte ich, dass diese Einrichtungen auch in Zukunft unterstützt werden. Ich gehe auch davon aus, dass es eine Kontinuität in der Zusammenarbeit gibt und wir viele Werte teilen.

KNA: Der Regierungschef ist traditionell im Senat auch für Kirchen zuständig. Das Amt heißt jetzt aber nicht mehr Senator für kirchliche Angelegenheiten, sondern Senator für die Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften. Ausdruck schwindender gesellschaftliche Relevanz der Kirchen?

Schomaker: In Bremen ist ungefähr die Hälfte der Bevölkerung Mitglied in einer der großen Kirchen. Es gibt viele Moschee-Gemeinden, eine jüdische Gemeinde, verschiedene weitere Religionen und sehr viele Menschen, die sich nicht an eine Religionsgemeinschaft binden. Nicht wenige Menschen in Bremen sind "religiös unmusikalisch" und stehen den Religionsgemeinschaften äußerst kritisch gegenüber. Deshalb finde ich es positiv, dass es den "Senator für Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften" gibt. Dadurch wird die Bedeutung der Religionsgemeinschaften für das Zusammenleben in der Gesellschaft hervorgehoben. Es ist gut, dass der Bürgermeister diese Aufgabe wieder übernommen hat.

KNA: Das Land Bremen hat rund 60.000 Katholiken, ein Anteil von gut 11 Prozent der Bevölkerung. 2014 traten etwa 700 aus der Kirche aus. Das klingt nicht nach viel. Sind die Bremer Katholiken eine intakte Gemeinschaft?

Schomaker: Die katholische Kirche in Bremen ist sehr bunt. Menschen aus insgesamt 122 Nationen von allen Kontinenten der Welt mit ihren unterschiedlichen Kulturen kommen hier zusammen. Die Pfarreien haben sich auf den Reichtum der Sprachen, der Gebräuche und der kulturellen Unterschiede eingelassen. Gerade bei den liturgischen Diensten, in der Katechese und in der karitativen Arbeit zeigt sich diese Vielfalt. Eine Herausforderung sehe ich darin, dass Menschen mit Migrationshintergrund noch stärker in den Gremien vertreten sind. Gerade für Menschen mit Migrationshintergrund sind die Gemeinden oft zur Heimat geworden.

KNA: Bremen ist das einzige Bundesland, in dem man seinen Kirchenaustritt auch direkt bei der Kirche erklären kann. Woher stammt diese Besonderheit? Und hat sie sich bewährt?

Schomaker: Vor einigen Jahren wurde ein Landesgesetz verabschiedet, das den Kirchenaustritt auch direkt bei der Kirche ermöglicht. Im "AtriumKirche" - einer Informationsstelle des katholischen Gemeindeverbandes im Zentrum der Stadt - können Menschen wie beim Standesamt ihren Austritt aus der katholischen Kirche erklären.

Pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen die Austrittsgespräche. Diejenigen, die aus der Kirche austreten möchten, sollen mit Handschlag verabschiedet werden und die Möglichkeit haben, über ihre Gründe und Motive zu sprechen. Für uns sind das wichtige Informationen, warum Menschen die Kirche verlassen.

KNA: Eine andere Besonderheit ist der staatliche Unterricht in biblischer Geschichte an den Bremer Schulen. Bislang ist er rein christlich ausgerichtet. Wie stehen Sie zu einer Öffnung für Islam-Themen?

Schomaker: Die Bremische Verfassung sieht den "Biblischen Geschichtsunterricht auf allgemein christlicher Grundlage" vor. Es gibt von unterschiedlichen gesellschaftlichen Kräften die Bestrebung, diesen Unterricht in einen Religionskundeunterricht zu verändern. Ich lege allerdings Wert darauf, dass der Unterricht so konzipiert wird, wie es die Verfassung vorsieht. Dabei ist es allerdings selbstverständlich, dass über die Vielfalt der Religionen sachgemäß informiert wird.

Das Interview führte Johannes Schönwälder.

 


Quelle:
KNA