Fonds für ehemalige Heimkinder wird aufgestockt

Finanzierung gesichert

Nach dem Zweiten Weltkrieg landeten Tausende Kinder in speziellen Einrichtungen für psychisch Kranke. Der Bund, die westdeutschen Bundesländer und die Kirchen haben sich über eine Aufstockung der Entschädigungs-Mittel verständigt.

Autor/in:
Christoph Arens
Heimkinderfonds wird aufgestockt (dpa)
Heimkinderfonds wird aufgestockt / ( dpa )

Es ist ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Bundesrepublik: Rund 800.000 Kinder und Jugendliche sollen zwischen 1945 und dem Beginn der 70er Jahre in staatlichen und kirchlichen Heimen Westdeutschlands untergebracht gewesen sein, bis zu 600.000 davon in konfessionellen Einrichtungen. Weitere 10.000 landeten in der Psychiatrie oder Behindertenheimen. Und das unter teils drastischen Bedingungen, mit schweren Strafen, mangelhafter Betreuung und Zwang zur Arbeit.

Als die Missstände vor einigen Jahren ans Licht kamen, war die Empörung groß - so groß, dass 2012 Bund, Länder und die beiden großen christlichen Kirchen den Fonds "Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 bis 1975" aus der Taufe hoben und zu je einem Drittel finanzierten. 120 Millionen Euro wurden bereit gestellt. Bis Ende 2014 konnten Betroffene Bedarf an Therapien und Erholungsurlauben oder Rentenersatzleistungen beantragen, bis Ende 2016 sollten Geld ausgezahlt und Leistungen gewährt werden.

182 Millionen Euro mehr im Topf

Doch der Topf war schnell leer. Jetzt müssen Bund, Länder und Kirchen Gelder in Millionenhöhe zuschießen, damit der Fonds liquide bleibt. Am Donnerstag teilte das Bundesfamilienministerium mit, dass die Mittel im Fonds um 182 Millionen Euro erhöht werden. Damit könnten sämtliche fristgerecht eingegangenen Anträge von Betroffenen im bisherigen Umfang bewilligt werden. Zudem wird die Laufzeit des Fonds um zwei Jahre bis Ende 2018 verlängert. Jeder Betroffene kann bis zu 10.000 Euro an materiellen Hilfen für Folgeschäden des Heimaufenthalts geltend machen. Weiterhin werden auch Rentenersatzleistungen gewährt.

Wie das Ministerium weiter bekannt gab, haben bislang 12.617 Betroffene Leistungen im Gesamtwert von 157,1 Millionen Euro mit den regionalen Anlauf- und Beratungsstellen vereinbart. Leistungen von 100 Millionen Euro wurden bereits ausgezahlt.

Gelder auch für Betroffene in Psychatrie und Behindertenheimen

Zugleich haben sich Bund, Länder und Kirchen nach Informationen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf zügige Hilfen für die geschätzten rund 10.000 Betroffenen aus Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie verständigt. Bund und Länder hätten hier eine Lösung bis zum kommenden Jahr zugesichert; das sei Teil der Paketlösung, hieß es aus Kirchenkreisen. In welcher Form die Hilfen kommen sollen - etwa mit einem Fonds oder einer Stiftung - soll in der kommenden Woche beraten werden.

Bislang sind Betroffene aus Behindertenhilfe und Psychiatrie an den Leistungen des Fonds nicht beteiligt worden, obwohl sie oft Ähnliches erleiden mussten wie Betroffene in den damaligen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Kirchen hatten mehrfach darauf gedrungen, dass auch diesem Personenkreis endlich ein entsprechendes Hilfeangebot unterbreitet werden kann. Anfang Mai hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Hilfen angemahnt. Es bestehe Handlungsbedarf, so die Kanzlerin beim Jahresempfang der Behindertenbeauftragten der Bundesregierung.

Kirche lehnt Alternativen ab

Bund und Länder erkennen grundsätzlich an, dass auch die behinderten Heimkinder gelitten haben. Nach den Erfahrungen mit unabschätzbaren Kosten eines Fonds waren allerdings die Länder zurückhaltend. Ihre Arbeits- und Sozialminister haben - mit Ausnahme von Bayern - Ende November in einem Beschluss Zweifel geäußert, ob ein neuer Fonds "geeignet ist, das erfahrene Leid und Unrecht auszugleichen". Stattdessen plädierten manche Politiker für alternative Finanzierungsvorschläge: So könnten beispielsweise Ansprüche in der Rentenversicherung geltend gemacht oder auf das Opferentschädigungsgesetz zurückgegriffen werden - Lösungen, die nach Meinung der katholischen Kirche nicht tauglich sind, weil sie jeweils nur einem Teil der Opfer helfen würden.

Auch der Fonds für ehemalige Heimkinder in der DDR war im vergangenen Sommer mit zusätzlichen Mitteln versehen worden. Der Bund und die ostdeutschen Länder beschlossen die Aufstockung um 324 Millionen Euro. Der 2012 errichtete und ursprünglich mit 40 Millionen Euro ausgestattete Fonds war aufgrund der hohen Nachfrage bereits Ende 2013 nahezu erschöpft.


Quelle:
KNA