Kardinal Woelki verurteilt selbsternannte Märtyrer

"Kein Mord, kein Attentat, kein Genozid, keine Folterung wird ungesühnt bleiben"

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hat selbsternannte Märtyrer und ihre Gewalttaten scharf verurteilt. Vor Vertretern der NRW-Landespolitik rief er dazu auf, alle "demagogischen Strömungen in die Schranken zu weisen".

 (DR)

"Im Namen der Religion verkehren sie deren Inhalt ins Gegenteil und machen zum Beispiel aus Islam Islamismus", sagte Woelki am Dienstag in Düsseldorf. Mit ihren grauenhaften Taten trieben sie nicht nur Menschen in den Tod, sondern auch einen Keil in die komplexen Gesellschaften der Welt. Dies sei eine perfide Strategie. Statt ins Paradies zu kommen, hätten sich diese selbsternannten Märtyrer vor Gott ihrer Taten zu stellen.

Ein wirklicher Märtyrer im christlichen Sinne widersetze sich demgegenüber allen Bestrebungen, das Leben oder die Würde anderer zu verletzen, "selbst um den Preis, das eigene Leben zu verlieren", sagte Woelki. Mit Blick auf die Anschläge von Paris nannte der Kardinal den jungen Muslim Lassana Bathily aus Mali einen "Märtyrer unserer Tage". Bathily hatte während der Geiselnahme durch einen islamistischen Attentäter mehrere Besucher im Kühlraum eines Pariser Supermarktes versteckt.

Das durch die Bibel verheißene Jüngste Gericht bedeute Gerechtigkeit für die Lebenden und die Toten, unterstrich Woelki. "Kein Mord, kein Attentat, kein Genozid, keine Folterung wird ungesühnt bleiben." Gleiches gelte für gekenterte Schiffe im "Burggraben der Festung Europas", Schüsse auf Karikaturisten oder Scheiterhaufen im Mittelalter. Nicht der Mörder werde am Ende das letzte Wort haben, "sondern der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs - der Gott Jesu Christi, an den wir gemeinsam mit Juden und Muslimen unbedingt glauben dürfen", hob der Kardinal hervor.

Woelki: "Demagogische Strömungen in die Schranken weisen"

Weiter rief Woelki Religionen und Gesellschaft dazu auf, sich immer wieder wechselseitig "aufzuklären und zu läutern". Nur so gelinge es, die Würde des Menschen ins Zentrum aller Bestrebungen zu stellen. Die Menschen in Deutschland könnten dankbar sein, dass es hierzulande möglich sei und gelinge, "demagogische Strömungen in die Schranken zu weisen", hob der Erzbischof hervor. Wie Papst Franziskus in seiner Rede vor dem Europarat gesagte habe, könne die gesamte europäische Gesellschaft von einer neu belebten Verbindung zwischen Vernunft und Glaube, Religion und Gesellschaft profitieren.

Woelki äußerte sich bei einem Gottesdienst, zu dem der Beauftragte der katholischen Kirche bei Landtag und Landesregierung von NRW, Antonius Hamers, im Rahmen eines parlamentarischen Abends eingeladen hatte. Unter den Anwesenden waren Landtags-Vizepräsident Eckhard Uhlenberg, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), ihre Stellvertreterin und Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) und der CDU-Fraktionschef Armin Laschet.


Quelle:
KNA