Gauck und Merkel bei interreligiöser Mahnwache

Für Weltoffenheit in Deutschland

Mit einer Mahnwache haben Muslime, Christen, Juden und die Spitzen der Politik am Dienstag in Berlin der Opfer der Anschläge von Paris gedacht.

Gauck und Merkel  (dpa)
Gauck und Merkel / ( dpa )

Bundespräsident Joachim Gauck hat alle Menschen in Deutschland unabhängig von Religion und Herkunft zum Einsatz für Demokratie und Weltoffenheit aufgerufen. "Wir alle sind Deutschland", sagte Gauck am Dienstag bei einer Mahnwache vor dem Brandenburger Tor in Berlin nach den islamistischen Anschlägen von Paris mit 17 Toten.

"Wir schenken Euch nicht unsere Angst. Euer Hass ist unser Ansporn", sagte er an die Adresse von Terroristen und Fanatikern. Gauck bezog sich dabei auf Sätze, die er zu Beginn seiner Amtszeit den Rechtsextremisten zugerufen hatte. "Der Terror ist international, aber das Bündnis der Freien und Friedfertigen ist es erst recht. Die Welt rückt zusammen."

Dank an Muslime

Das Staatsoberhaupt dankte allen Muslimen, die sich vom Terror im Namen des Islam distanzierten. "Das ist ein patriotisches 'Ja' zu dem Land, im dem wir gemeinsam leben - zu unserem Land", sagte Gauck laut vorab verbreitetem Redemanuskript. Die übergroße Mehrheit der Muslime fühle sich der offenen Gesellschaft zugehörig "und ist bereit, dafür einzutreten".

Zugleich verurteilte Gauck die mehr als 550 jungen Männer und Frauen, die aus Deutschland im Namen des Islam als Kämpfer für den "Islamischen Staat" nach Syrien und in den Irak gezogen sind. "Was für ein Missbrauch. Was für eine Pervertierung von Religion."

Gegen Dämonisierung

Ohne die Anti-Islam-Bewegung Pegida ("Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") beim Namen zu nennen, ergänzte Gauck: "Wir stellen uns jeder Art von Dämonisierung und Ausgrenzung entgegen." Er würdigte die Menschen, die sich bei den Gegendemonstrationen zu Pegida gegen Fremdenfeindlichkeit und und für eine offene Gesellschaft stark machen. "Wir alle zeigen Gesicht!"

Angesichts der Brandanschläge auf Moscheen und von antisemitischen Parolen in Deutschland rief Gauck alle Bürger zu Solidarität auf. Es sei nicht allein Sache der Muslime und der Juden, sich dagegen zu wehren, "es ist unser aller Sache". Zugleich kritisierte er: "Die Distanz zwischen Einwanderern und Einheimischen, die Distanz auch zwischen Eingewanderten unterschiedlicher Herkunft wird noch zu selten überwunden." Die Menschen rief er hier zu mehr Offenheit auf: "Lassen Sie uns die Begegnung der Verschiedenen bewusst suchen." Und Gauck versicherte: "Wir lassen uns nicht auseinander dividieren."

Universelle Menschenrechte

Die Attentate von Paris haben nach den Worten Gaucks gezeigt, wie verwundbar die offene Gesellschaft ist. Sie hätten aber eine Neubesinnung bewirkt. "Die Terroristen wollten uns spalten. Erreicht haben sie das Gegenteil. Sie haben uns zusammengeführt." Freiheit und Menschenrechte seien nicht nur westlich, sondern universell. Der Gegenentwurf zum Fundamentalismus der islamistischen Gewalttäter laute: "Demokratie, Achtung des Rechts, Respekt voreinander, Wahrung der Menschenwürde. Das ist unsere Lebensform!"

Christen für Dialog

Der Berliner Bischof Markus Dröge hat angesichts der islamistischen Terroranschläge in Frankreich dazu aufgerufen, den Dialog der Religionen fortzusetzen. "Was in Paris passiert ist, rüttelt uns auf", sagte er vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Glaube dürfe nicht missbraucht werden, um Gewalt zu legitimieren oder Menschengruppen auszugrenzen. "Echter Glaube an Gott führt zum Frieden und zur Überwindung von Spaltung", unterstrich Dröge.

Der Vertreter der katholischen Kirche in Deutschland, Weihbischof Matthias Heinrich, sagte: "Bei allem, was die Religionen trennen mag, es eint uns der Wille, uns nicht gegeneinander aufbringen zu lassen." Heinrich sprach sich dafür aus, sich verstärkt mit den Ursachen für den Hass auseinanderzusetzen.

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, forderte die Muslime auf, gegen den Terrorismus vorzugehen. Gerade im Islam gebe es eine immer stärkere Radikalisierung, sagte das Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln. Davor dürfe man die Augen nicht verschließen.


Quelle:
epd , dpa