Nach Wahl in Sri Lanka

"Christen, Muslime und Buddhisten unter einen Hut bringen"

Maithripala Sirisena wurde am Donnerstag zum neuen Präsidenten von Sri Lanka gewählt. Kesuma Saddak vom bischöflichen Hilfswerk Misereor spricht im domradio.de-Interview über einen möglichen Neuanfang in dem Inselstaat.

Sri Lankas neuer Präsident Sirisena (dpa)
Sri Lankas neuer Präsident Sirisena / ( dpa )

In Sri Lanka sind Katholiken in der Minderheit, die Bevölkerung gehört zum größten Teil dem Buddhismus an. Knapp sechs Jahre ist der Bürgerkrieg zwischen den mehrheitlich buddhistischen Singhalesen und den mehrheitlich hinduistischen Tamilen nun vorbei. Am Donnerstag verlor der amtierende Präsident Mahinda Rajapaksa die Präsidentschaftswahl gegen den bisherigen Gesundheitsminister Maithripala Sirisena. Am kommenden Montag reist Papst Franziskus nach Sri Lanka.

domradio.de: Bedeutet die Präsidentschaftswahl einen Neuanfang für Sri Lanka?

Kesuma Saddak (Länderreferentin beim bischöflichen Hilfswerk Misereor): Würde ich schon sagen. Zunächst einmal kann man sagen, dass die Menschen wirklich in einer demokratischen Art und Weise eine politische Änderung im Land herbeigeführt haben. 

domradio.de: Welchen Weg wird Sri Lanka jetzt einschlagen?

Saddak: Die Zeichen stehen gut. Wir müssen sehen, wie sich der neue Präsident durchsetzen kann und ob er es schafft, alle unter einen Hut zu bringen. Denn es ist eine Koalition von Muslimen, Christen und Buddhisten. Die haben natürlich alle unterschiedliche Interessen. Aber er hat einige Versprechen gemacht. Er will die Menschenrechte achten und der Presse die Freiheit zurückgeben. Er will sogar die Menschenrechtsverletzungen, die es am Ende des Bürgerkrieges gegeben hat, von den UN untersuchen lassen. Das sind alles Dinge, die einen zunächst einmal optimistisch stimmen können.

domradio.de: Wenn Sie von einer Koalition aus Christen, Muslimen, Buddhisten sprechen: Wie muss man sich das interreligiöse Zusammenleben in Sri Lanka vorstellen?

Saddak: Die ethnische Mehrheit sind ja die vorwiegend buddhistischen Singhalesen. Dann gibt es noch die Tamilen, die meist hinduistisch sind. Zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen gab es bis vor sechs Jahren den jahrzehntelangen Bürgerkrieg. 2009 war der Krieg zwar zu Ende, aber das Leben der Tamilen war nicht einfach. Die Repressalien dauerten an. Der noch amtierende Präsident hat darauf gebaut, dass er den Bürgerkrieg gewonnen hat. Da hatte er natürlich die Unterstützung der Mehrheit der Singhalesen. Aber mit der Zeit hat er immer mehr Macht auf sich und seine Familie gezogen. Außerdem war die Korruption sehr hoch. Die Menschen wurden immer unzufriedener. Und deshalb gab es bei der gestrigen Wahl dieses Resultat.

 domradio.de: Am Sonntag kommt Papst Franziskus nach Sri Lanka. Die Katholiken leben dort in der Minderheit. Wird der Besuch ein Thema sein auf Sri Lanka?

Saddak: Es ist schon ein großes Themea in Sri Lanka. Eigentlich hatten die Katholiken den Papst gebeten, nicht zu kommen. Sie hatten befürchtet, dass der jetzige Präsident Rajapaksa den Papstbesuch zu seinen Gunsten instrumentalisieren wird. Außerdem haben sie befürchtet, dass man die Sicherheit des Papsten nicht garantieren kann. Gleichzeitig haben aber einige gesagt, dass die Gewalt - so kurz nach den Wahlen - durch die Anwesenheit der internationalen Presse beim Papstbesuch unter Kontrolle gehalten werden könnte. Das kann durchaus sein. Denn bisher ist es ruhig im Land und damit konnte man nicht unbedingt rechnen. 

Wir hoffen, dass der Papst jetzt deutliche Worte sprechen wird: zur Menschenrechtssituation und zur Situation der Minderheiten. 

domradio.de: Der neue Präsident Sirisena will ja auch direkt mit dem Papst zusammentreffen. Ist der Papst dann auch so etwas wie ein Hoffnungsträger, dass sich die neue Zeit, von der wir gesprochen haben, durchsetzen kann?

Saddak: Ich kann nicht sagen, ob der Papst wirklich als Hoffnungsträger gesehen wird. Aber man hört von diesem Land sonst so gut wie nichts. Und alles, was über die Situation in Sri Lanka in die Medien kommt, kann dazu beitragen, dass sich etwas ändert. Nicht nur für die Christen, sondern für alle Minderheiten im Lande.

 

Das Interview führte Matthias Friebe.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Weder domradio.de noch das Erzbistum Köln machen sich Äußerungen der Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen zu eigen.

 


Quelle:
DR