Kirche in Dortmund empört über Anfrage der Rechten

"Menschenverachtender Rassismus"

Die rechtsextreme Partei "Die Rechte" in Dortmund hat mit einer Anfrage zu Anzahl und Wohnort von Juden auch bei den Kirchen große Empörung ausgelöst. Die Anfrage sei geschmacklos, sagt Propst Andreas Coersmeier aus Dortmund.

Die Rechte im Stadtrat  (dpa)
Die Rechte im Stadtrat / ( dpa )

Der Dortmunder Propst Andreas Coersmeier erklärte in einem Brief an den Dortmunder Oberbürgermeister, dass hier "unverhüllt an den menschenverachtenden Rassismus des Nationalsozialismus angeknüpft" werde. "Die Frage nach der Anzahl von Juden nicht nur in ganz Dortmund, sondern auch in den einzelnen Stadtbezirken, erinnert doch ganz stark an die Judenlisten der NS-Zeit." Die Anfrage an den Rat sei geschmacklos und habe berechtigterweise in Dortmund eine Welle der Empörung ausgelöst.

Die Anfrage sollte man so knapp wie möglich beantworten, so Coersmeier. Man könnte zum Beispiel die Zahlen von Juden und Christen zusammenrechnen, meinte er. Insgesamt engagiert sich die katholische Gemeinde schon seit vielen Jahren gegen Rechtsextremismus in einem Aktionsbündnis. "Ich denke, hier gibt es eine klare Front gegen diese Kameraden", sagte Coersmeier domradio.de.  

Propst: Froh über starke jüdische Gemeinde

Die jüdische und die katholische Gemeinde hätten ein sehr gutes Verhältnis und stünden in engem Kontakt. "Wir laden uns ein und sind sehr froh, dass wir hier in Dortmund auch eine relativ starke jüdische Gemeinde haben, vor allem durch den Zuzug aus Osteuropa. Wir sind froh, dass wir diese Brüder und Schwestern in unserer Stadt haben“, so der Propst gegenüber domradio.de.

Dass es in Dortmund eine starke rechte Szene gibt, erklärte er sich damit, dass es einige Einzelpersonen gebe, die Menschen anzögen. Deshalb müsse die Zivilgesellschaft klar Stellung beziehen, so Coersmeier.

OB Sierau: Menschenverachtender Ungeist

Dennis Giemsch, einziges Mitglied der rechtsextremen Partei im Stadtrat, hatte schriftlich gefragt, wieviele Juden in Dortmund wohnen und ob sich ihre Zahl nach Stadtbezirken aufschlüsseln lasse. Jedes Ratsmitglied hat das Recht, Anfragen an die Verwaltung stellen.

Vor dem Hintergrund des Holocaust-Verbrechens zeuge die Anfrage von "einem unerhörten menschenverachtenden, antisemitischen und rassistischen Ungeist", teilte Oberbürgermeister Ullrich Sierau mit. Die Stadt Dortmund werde die Anfrage dem polizeilichen Staatsschutz zur Verfügung stellen.

"Reine Provokation"

Aber: "Das ist aus unserer Sicht reine Provokation", sagte ein Sprecher der Stadt. Der Oberbürgermeister kündigte an, die Fragen im Rahmen des geltenden Rechts so zurückhaltend wie möglich zu beantworten. "Wir freuen uns über jedes Kind, jede Frau und jeden Mann jüdischen Glaubens, der hier in Dortmund mit uns zusammen leben will", betonte Sierau.

Weiter betonte der Oberbürgermeister, dass das Nazi-Terrorregime die jüdischen Mitbürger in den 1930er- und 1940er-Jahren systematisch verfolgt, versklavt und umgebracht habe. 2.078 Juden aus Dortmund seien zwischen 1933 und 1945 ermordet worden. Heute habe die jüdische Gemeinde Dortmund mit etwa 3.700 Mitgliedern wieder eine Stärke erreicht, die in der Nähe derjenigen "vor der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte" liege.

Empörung bei den Parteien

Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) äußerte sich empört: "Demokratische Gremien für antisemitische Nazi-Provokationen zu missbrauchen, ist widerwärtig. Das müssen wir im Keim ersticken", sagte sie der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen".  

"Von dieser Anfrage bis zur Wiedereinführung des Judensterns ist der Weg nicht weit", sagte der Landesvorsitzende der NRW-Grünen, Sven Lehman. Der Dortmunder CDU-Bundestagsabgeordnete Stefen Kanitz regte ein Verbot der Partei "Die Rechte" an. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, sprach von einem "abscheulichen und perfiden Antisemitismus".


Quelle:
DR , dpa , KNA