Der neu gewählte EKD-Ratsvorsitzende zu seinen Aufgaben

"An einem Strang ziehen"

Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm ist bei der EKD-Jahrestagung zum neuen EKD-Ratsvorsitzenden gewählt worden. Im domradio.de-Interview erklärt er, warum er bei wichtigen Themen mit Kardinal Marx an einem "Strang ziehen will".

 Bedford-Strohm nach der Wahl  (dpa)
Bedford-Strohm nach der Wahl / ( dpa )

domradio.de: Sie werden in diesen Tagen viel interviewt, es werden auch viele Aussagen über Sie getroffen. Diese Zweidrittel-Mehrheit beeindruckt erstmal. – nach dem Motto: Es muss ein sympathischer Mensch sein, der viele Menschen innerhalb der evangelischen Kirche hinter sich weiß. Wenn Sie sich mal selbst beschreiben sollten, welche Eigenschaften liegen Ihnen am Herzen? Wo denken, dass sollte ich mal über mich sagen?

Bedford-Strohm: Als erstes fällt mir ein: Es macht mir große Freude Menschen zu begegnen. Und das ist in dieser Funktion etwas sehr wichtiges. Wenn ich in die Gemeinden fahre, wenn ich da predige, wenn ich Menschen spreche - dann macht mir das einfach große Freude. Ich fahre dann mit mehr Energie weg als ich gekommen bin. Das kann man nicht willentlich beeinflussen. Das ist einfach so. Da bin ich einfach dankbar, denn in meinem neuen Amt kann ich es gut gebrauchen.

domradio.de: Jetzt begegnen Sie ja noch mehr Menschen, zumindest einseitig. Denn Sie sind auf Fernsehbildschirmen zu sehen oder im Radio zu  hören. Sie haben eine große Reichweite, doch das ist ja nicht selbstverständlich bei Kirchenmännern oder Kirchenthemen. Bei Ihnen steht ja ein großes Ereignis an in drei Jahren - das Reformationsjubiläum 2017. Wie groß ist die Herausforderung sich jetzt darum zu kümmern?

Bedford-Strohm: Das steht im Vordergrund. Wir freuen uns riesig auf das Jahr 2017. Es ist eine ungeheure Chance das Evangelium in die heutige Zeit hinein zu sprechen und die Kraft des Evangeliums einfach deutlich zu machen. Wir wollen 2017 als großes Christusfest feiern, denn Martin Luther selber wollte ja auf Christus hinweisen.

Deswegen ist es für mich kein Fest protestantischer Selbstbeweihräucherung oder gar eine Art Heldengedenken für Martin Luther. Wir wollen auf Christus hinweisen und das wollen wir gemeinsam mit unseren katholischen Schwestern und Brüdern tun. Deswegen ist das Ereignis für die Ökumene insgesamt von großer Bedeutung.

domradio.de: Es gibt Brüder, wie Kardinal Marx, oder die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann, die in diesem Zusammenhang nach Versöhnung rufen. Teilen Sie diesen Wunsch, dass da 2017 etwas vorherrscht, nämlich ein Gefühl von Versöhnung?  

Bedford-Strohm: Das glaube ich schon. Auf jeden Fall können wir dieses Fest zu einem großen Versöhnungsfest machen. Die Katholiken sprechen ja lieber von Reformationsgedenken. Ich habe überhaupt kein Problem beides zu sagen. Zum einen Reformationsjubiläum- wir freuen uns als Evangelische über diese Tradition, die die Kirche insgesamt verändert und ihr Kraft gegeben hat. Aber gleichzeitig wissen wir, dass in Konfessionskriegen die Konfessionen sich ganz fürchterliches Leid angetan haben.

Dafür Buße zu tun und ausdrücklich ein Wort der Versöhnung wechselseitig sprechen, das kann ein starkes Zeichen sein. Das kann  die Ausstrahlungskraft als Kirche in der Gesellschaft insgesamt stärken. Darum muss es ja gehen. Wir wollen das Evangelium den Menschen in der Gesellschaft sagen, die oft gar nichts mehr davon wissen. Und das tun wir am besten, wenn wir das gemeinsam tun.

domradio.de: Wir haben schon gehört - Ihr Pendant auf katholischer Seite, Kardinal Marx - arbeitet drei Minuten mit dem Fahrrad entfernt von Ihnen in München. Jetzt muss man aus der Kürze der Distanz einen Wert schaffen, oder? Was findet da auf Kommunikationseben statt? Welche Ziele verfolgen Sie gemeinsam?

Bedford-Strohm: Das Wichtigste ist natürlich, dass man sich abstimmt, dass wir im Gespräch sind. Und wenn mal irgendeine Äußerung in der Öffentlichkeit ist, wo der Andere dann stutzt und sagt:  Was sagt die katholische oder evangelische Seite denn da jetzt? Dann ist es wichtig, dass man da eine starke Vertrauensbasis hat, dass man darüber und miteinander redet, so dass keine Irritationen entstehen. Ansonsten gibt es natürlich wichtige Themen, wo wir an einem Strang ziehen müssen. Ich nenne jetzt mal das Thema Sterbehilfe. Das wird im Moment politisch diskutiert und da sind wir miteinander im Gespräch.

Und wir haben eine große Einigkeit, dass es nicht sein kann, dass Situationen des Leids am Lebensende dadurch gelöst werden, dass Menschen sich töten lassen und sich selbst töten. Stattdessen müssen wir alles tun, Menschen am Lebensende so zu begleiten, dass sie medizinisch gut versorgt sind, dass Pfleger Zeit haben, dass es Angehörige gibt, die sie liebevoll begleiten, so dass sie überhaupt nicht den Wunsch verspüren, sich selbst zu töten. Da ziehen wir an einem Strang.

domradio.de: Heute ist Ihr erster Tag als neuer EKD-Ratsvorsitzender? Wie sieht der eigentlich aus nach unserem Interview? Wie geht es weiter?

Bedford-Strohm: Jetzt geht es mit den Interviews weiter, das ist alles getaktet. Ich freue mich über die Möglichkeit, dass wir Wichtiges so sagen können, dass es viele Menschen erreicht. Deswegen versuche ich alles möglich zu machen und die Anfragen der Medien zu beantworten.

Aber zurzeit findet hier die EKD-Synode statt, so dass ich mich jetzt besonders darauf freue, wenn ich die Interviews bis in den frühen Nachmittag erledigt habe, so dass ich mich wieder zu den Beratungen in die Synode setzen kann.  Natürlich war die Wahl außergewöhnlich und es ist rechtens, sich für die Medien auszuklinken, aber dann möchte ich wieder zurück in die Synode.

Das Gespräch führte Daniel Hauser.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Weder domradio.de noch das Erzbistum Köln machen sich Äußerungen der Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen zu Eigen.


Quelle:
DR