Der Streit um das Fach belastete Wowereits Verhältnis zu Kirchen

Religionsunterricht bleibt Dauerbrenner

Die Gretchenfrage war in Berlin nicht die nach der Religion, sondern die nach dem Religionsunterricht. Der Streit um den Volksentscheid "Pro Reli" war für das Verhältnis zwischen Kirchen und Oberbürgermeister prägend.

Klaus Wowereit empfängt Benedikt XVI. 2011 in Berlin (KNA)
Klaus Wowereit empfängt Benedikt XVI. 2011 in Berlin / ( KNA )

Ein kirchennaher Regierungschef war Klaus Wowereit (SPD) gewiss nicht. Dafür ist Berlins nun scheidender Regierender Bürgermeister mit dem Erzbistum Berlin und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vor allem beim Konflikt um den Religionsunterricht zu sehr überkreuz gewesen. Dennoch lag ihm daran, dass der Streit beim Volksentscheid "Pro Reli" nicht aus dem Ruder lief. "Ich will die Kirchen als Partner behalten", versicherte der SPD-Politiker 2009 in der heißen Phase vor dem Plebiszit

Bei dem Volksentscheid, den eine Bürgerinitiative erzwungen hatte, ging es um den Status des Religionsunterrichts. In Berlin ist er im Unterschied zu den meisten anderen Bundesländern kein ordentliches Lehrfach. Er hat faktisch den Rang einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft. Mit Rückendeckung der Kirchen wollte die Initiative "Pro Reli" erreichen, dass der Religionsunterricht zur gleichberechtigten Alternative des damals neu eingeführten staatlichen Ethikpflichtfachs wurde.

Reli unterliegt Ethik

Doch der Vorstoß blieb - aus Sicht der Kirchen - erfolglos. Ihr Modell erhielt weder die erforderliche Mindestzahl an Stimmabgaben, noch die Mehrheit der Stimmen. Zuvor hatte die damalige Regierungskoalition von SPD und Linkspartei alles daran gesetzt, dass es so kam. Er habe "einen guten Religionsunterricht erlebt - aber der war auf einer freiwilligen Basis", warb Wowereit in einem Interview für den Status Quo.

Es war einer der seltenen Fälle, in denen er sich zu seinen religiösen Wurzeln äußerte. Demnach wuchs er mit zwei Brüdern und zwei Schwestern in einer römisch-katholischen Berliner Familie auf, ging zur Kommunion und wurde gefirmt. Den Religionsunterricht besuchte er trotz seiner positiven Erfahrungen «irgendwann» nach seiner Erstkommunion jedoch nicht mehr.

"Die Menschen akzeptieren, wie sie sind"

Inwieweit Wowereits Distanz zur Kirche am "Coming-Out" als Homosexueller lag, lässt sich nur vermuten. Seine gleichgeschlechtliche Orientierung in Verbindung zum Senatskurs gegenüber "Pro Reli" zu bringen, wies er jedenfalls als "sehr primitive Sichtweise" zurück. Dennoch ließ ihn das Thema Kirche und Homosexualität offenbar nicht gleichgültig. So appellierte er wiederholt an beide Kirchen, ihre Haltung zu gleichschlechtlicher Orientierung zu überdenken. Von ihren Ansprüchen her müssten gerade sie "die Menschen so akzeptieren, wie sie sind". 

Papstbesuch als Imageerfolg

Auch vor dem Berlin-Besuch des damaligen Papstes Benedikt XVI. im Jahr 2011 rief er zu einer Debatte über die katholischen Moralvorstellungen auf. Zugleich wirkte er mäßigend auf die Schwulen und Lesben ein, die eine Anti-Papst-Demonstration vorbereiteten. Er mahnte sie, die Grenze von friedlichem Protest zu Störungen nicht zu überschreiten. Trotz der dann doch lautstarken Kundgebung konnte Wowereit die medienträchtige Visite auch als Imageerfolg für sich verbuchen.

Zwei Wechsel in den Bischofsämtern boten Wowereit in seiner Zeit als Regierender Bürgermeister die Gelegenheit zu Neuanfängen. Sein Verhältnis zum evangelischen Berliner Bischof Markus Dröge ist dem Vernehmen nach versöhnlicher als das zu dessen Vorgänger Wolfgang Huber. Zum angekündigten Rücktritt bescheinigte Dröge dem Regierenden Bürgermeister eine «offene und humorvolle Art». 

Das Verhältnis Woelki-Wowereit

Wowereits Beziehungen zur katholischen Kirche galten bereits zu Zeiten von Kardinal Georg Sterzinsky als weitgehend entspannt. Mit dessen nun ebenfalls scheidendem Nachfolger Rainer Maria Woelki verbindet Wowereit gar offene Sympathie. In seiner fast dreijährigen Zeit als Berliner Erzbischof habe Woelki sein Amt "glaubwürdig, selbstbewusst, weltgewandt und zeitgemäß" wahrgenommen, gab Wowereit dem künftigen Erzbischof von Köln mit auf den Weg. Woelki bescheinigte ihm nun eine "persönliche und herzliche Art".

In der Sache hinterlässt Wowereit dem künftigen Regierenden Bürgermeister indes die sachlichen Differenzen mit den Kirchen, die seine Amtszeit mitprägen. Vor allem sind es die unterschiedlichen Positionen zur Förderung von Religionsunterricht und Schulen in freier Trägerschaft. Das Berliner Zuschusssystem ist nach Auffassung der Kirchen längst unzureichend und gefährdet ihre Bildungsangebote massiv.   


Quelle:
KNA