Von der Leyen spricht sich für den Kauf von Kampfdrohnen aus

Meinung der Kirchen nicht gefragt

Über die Anschaffung von Kampfdrohnen wird seit Jahren heftig diskutiert. Jetzt hat sich Verteidigungsministerin von der Leyen für den Kauf ausgesprochen. Die Meinung der Kirchen war in den vorausgegangenen Beratungen nicht gefragt. Ein Überblick der kirchlichen Stimmen zum Thema.

Militärische Drohne (dpa)
Militärische Drohne / ( dpa )

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich grundsätzlich für die Ausrüstung der Bundeswehr mit sogenannten Kampfdrohnen ausgesprochen. Über die Bewaffnung der unbemannten Flugzeuge mit Präzisionsraketen solle allerdings in jedem Einzelfall der Bundestag entscheiden, sagte die CDU-Politikerin der "Süddeutschen Zeitung". Damit bezog die Ministerin erstmals eine konkrete Position in der kontroversen Drohnen-Debatte.

Zu einer Anhörung im Bundestag zum Thema "Drohnen" zu Wochenbeginn waren Kirchenvertreter nicht eingeladen. Nach den Vorstellungen von der Leyens sollen die unbemannten Flugzeuge zunächst für konkrete Auslandseinsätze angemietet werden. Die Anmietung habe den Vorteil, dass man keine Zulassung für den deutschen Luftraum benötige, sagte die Ministerin. "Wir könnten jederzeit flexibel darauf reagieren, was künftige Einsätze von uns verlangen. Und da die neueren Modelle ohnehin bewaffnungsfähig sind, stünde uns damit künftig nicht nur die dringend benötigte Aufklärungsdrohne zur Verfügung."

Mittelfristig solle die Bundeswehr allerdings mit europäischen Drohnen ausgestattet werden. Die Entwicklung einer europäischen Drohne war im Koalitionsvertrag vereinbart worden.

Der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck lehnt eine grundsätzliche Ächtung sogenannter Kampfdrohnen ab. Die Forderung der Opposition nach einem Verzicht auf alle Drohnensysteme teile er nicht, erklärte Overbeck. "Ich halte bewaffnete Drohnen nicht grundsätzlich für ethisch verwerflich", so Overbeck. Das sei eine "andere Dimension" als etwa Atombomben.

Overbeck warnte davor, sich in eine Art ethisches "Reservat" zurückzuziehen. Auch wer Drohnen ablehne, müsse sich mit ihnen beschäftigen. Gerade die Kirche dürfe sich nicht nur als "Sonntagsrednerin" betätigen. Es sei wichtig, sich der Realität zu stellen. Zu der aber gehöre, dass Drohnen möglicherweise auch helfen könnten, dass es in Konflikten weniger Opfer gebe. Dies müsse immer das oberste Ziel der Entwicklung neuer Waffensysteme sein.

Zugleich warnte Overbeck vor den Gefahren der Drohnen. Es gebe die berechtigte Sorge, dass durch die neue Technik der Einsatz von Gewalt einfacher werde, da der Soldat weniger selbst in Gefahr geriete. Dieses Problem müsse beachtet werden. Außerdem gebe es Missbrauch, wenn es mit Hilfe der Drohnen etwa zu so etwas wie Hinrichtungen komme. Die Grenze zwischen Krieg und Nicht-Krieg, aber auch von Beteiligten und Unbeteiligten verwische zunehmend, darüber müsse gesprochen werden. Schließlich seien mit den Drohnen Ängste verbunden. Was noch vor 20 Jahren Science Fiction gewesen sei, erweise sich nun als machbar. Das würde viele verunsichern. Doch es sei falsch, vor den Möglichkeiten einfach nur die Augen zu verschließen, so der katholische Militärbischof.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sieht die Anschaffung von Kampfdrohnen kritischer. Eine deutsche Friedensmission müsse Brot für alle Menschen, Gerechtigkeit und Entwicklung weltweit fördern, Schick lehne die Pläne der Regierung deshalb ab, teilte sein Sprecher mit. Als Vorsitzender der Kommission Weltkirche ist Schick eine Art Außenminister der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK).

Bischof Stephan Ackermann aus Trier ist Vorsitzender der Deutschen Kommission "Justitia et Pax". Er spricht sich dagegen aus, Drohnen als "Hinrichtungsinstrumente" einzusetzen. Er zeigt sich besorgt, dass mit der Einführung der Waffen "die politischen und mentalen Schwellen zur Gewaltanwendung heruntergesetzt werden". Auch stelle sich die Frage, wer unter welchen Bedingungen die Entscheidung treffe, Gegner gezielt zu töten. "Justitia et Pax" ist ein "Runder Tisch" katholischer Einrichtungen, die international aktiv sind.

Die katholische Friedensbewegung Pax Christi hat ihre Ablehnung von Kampf-Drohnen bekräftigt. Drohnen stellten eine einschneidende Innovation in der Militärtechnologie dar, erklärte deren Bundesvorsitzende Wiltrud Rösch-Metzler. Deutsche Drohnen dürften nicht an extralegalen Tötungen beteiligt sein. Im Rahmen der UN müsse sie aktivere Schritte zur Rüstungskontrolle und Verminderung der weltweiten Waffenbestände gehen.

Pax-Christi-Präsident Bischof Heinz Josef Algermissen beklagte, direkte willkürliche Tötungen und Einsätze über große Distanzen machten eine für den Angreifer risikoarme Kriegführung möglich. Eine Sicherheitsstrategie, die verdächtige Personen tötet, statt sie der Justiz zu überstellen, werde immer mehr zur Normalität.

Die katholischen Soldaten in der Bundeswehr fordern klare Kriterien für den Einsatz ferngesteuerter Drohnen. Sie dürften keinesfalls zu gezielten Tötungen bei der Terrorismus-Bekämpfung genutzt werden, sagte der Bundesvorsitzende der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS), Oberst Rüdiger Attermeyer, im Interview der Bistumszeitung "Kirche + Leben" in Münster. Wer eine Drohne steuere, sollte sich im Land des Einsatzes befinden. Eine Bedienung aus der sicheren Heimat heraus berge die Gefahr, "dass der Einsatz für diese Soldaten zu einer Art Computerspiel wird".

Laut Attermeyer bieten Drohnen die "sinnvolle Möglichkeit", den Zeitraum für die Entscheidung über einen Einsatz zu verlängern. Denn Drohnen böten neben der Übermittlung von Aufklärungsbildern die Möglichkeit, kurzfristig einzugreifen.

"Klare Grundsätze und Kriterien" für den Einsatz von Kampfdrohnen bei der Bundeswehr hält der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof em. Robert Zollitsch, für notwendig. Zwar seien solche unbemannten Flugkörper eine Chance, weil sie Gefährdungen von Soldaten abwenden könnten, sagte Zollitsch. Es bestehe aber die Gefahr, dass schneller und leichtfertiger über einen Einsatz entschieden werden könne.

Der scheidende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, betrachtet die mögliche Beschaffung von Kampfdrohnen durch die Bundeswehr kritisch. Er habe die Sorge, dass der Einsatz von Drohnen zum "Verlust des Mitleidens führt und letztendlich die Friedfertigkeit der Menschen unterminiert", schreibt Schneider in einem Beitrag für das evangelische Monatsmagazin "chrismon". Soldaten würden die Verantwortung für das Töten nicht mehr direkt erfahren.

"Die Entwicklung und Perfektionierung dieser Kriegsmaschinen eröffnet eine weitgehende 'Automatisierung' der Kriegsführung", gibt der frühere rheinische Präses zu bedenken. Bei der Einführung neuer Waffensysteme seien Zurückhaltung und kritische Abwägung angebracht.

Der evangelische Militärbischof Martin Dutzmann sieht unbemannte Kampfdrohnen dagegen nicht kritischer als bemannte Kampfflugzeuge. "Ich sehe ethisch den Qualitätssprung nicht", sagte Dutzmann. Er verstehe "deswegen auch nur sehr begrenzt die Diskussion darüber", ergänzte der lippische Landessuperintendent.

Dutzmann appellierte, bei der Diskussion die Situation der betroffenen Soldaten im Blick zu haben. "Wenn ich Soldat wäre und hätte mein Leben zu riskieren, würde ich von meinem Dienstherrn erwarten, dass er alles tut, um mein Leben zu schützen", sagte Dutzmann. Dass Soldaten beim Einsatz der ferngesteuerten Drohnen nicht ihr Leben riskieren müssen, gilt als eines der wichtigsten Argumente für die unbemannten bewaffneten Kleinflugzeuge.

Der evangelische Sozialethiker Hans-Richard Reuter wiederum hat an die Bundesregierung appelliert, die Bundeswehr nicht mit Kampfdrohnen auszurüsten. Wer wie die große Koalition verspreche, sich für die völkerrechtliche Ächtung voll automatisierter Waffensysteme einzusetzen, sollte aus moralischen, rechtlichen und politischen Gründen auf eine Bewaffnung vorhandener Drohnen verzichten, schreibt der Theologe in der "Zeitschrift für Evangelische Ethik". Trotz ihrer auf Präzisionswirkung ausgelegten Bewaffnung seien Drohnen "in den assymetrischen Konflikten der Aufstands- und Terrorbekämpfung" kein akzeptables Mittel rechtswahrender militärischer Gewalt.

Zwar seien Kampfdrohnen als Mittel "risikoloser Kriegsführung wie geschaffen", doch sie könnten zugleich die Kultur militärischer Zurückhaltung schwächen, argumentiert der an der Universität Münster lehrende Theologieprofessor. "Kampfdrohnen sind Instrumente, durch die reiche und technologisch fortgeschrittene Gesellschaften das Leben ihrer Soldaten schonen", gibt Reuter zu Bedenken. Angesichts schwindender Akzeptanz für Militäreinsätze bei Verlusten von Menschenleben in den eigenen Reihen böten sie sich als "vermeintlich probate Waffe" an.

Die Risikominderung für die eigenen Soldaten geht Reuter zufolge mit einem erhöhten Risiko für gegnerische Kämpfer und unbeteiligte Zivilisten einher. Zudem sei bei einer Gemengelage von terroristischen Akteuren, Unterstützern und lokalen Milizen zu fragen, ob das Prinzip der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilisten gewahrt werden könne. Für die Zivilbevölkerung - die eigene wie die fremde - verheiße der Einsatz bewaffneter Drohnen "nicht mehr, sondern weniger Sicherheit", schreibt der Ethiker.

Eine breite gesellschaftliche Debatte über den Einsatz von Kampfdrohnen mit dem Ziel "einer völkerrechtlich verbindlichen Normierung" hatte die Evangelische Kirche in Deutschland in einem Positionspapier im Januar gefordert. Mögliche Vorteile voll automatisierter Waffensysteme gingen mit außerordentlichen Risiken einher, heißt es in dem Afghanistan-Papier.

Auch der Exekutivausschuss des Weltkirchenrats (ÖRK) hat sich gegen den Einsatz von Drohnen und anderen unbemannten Luftfahrzeugen ausgesprochen. Sie seien eine "ernsthafte Bedrohung für die Menschheit" und könnten "gefährliche Präzedenzfälle in den zwischenstaatlichen Beziehungen" schaffen, heißt es in einer vom ÖRK-Exekutivausschuss im schweizerischen Bossey veröffentlichten Erklärung. Staaten könnten sich "auf Systeme zuzubewegen, die Maschinen volle Autonomie im Kampfeinsätze gibt".


Quelle:
dpa , KNA , epd