Sozialbischof Overbeck fordert zum 1. Mai auskömmliche Jobs

"Gute Arbeit? Um Gottes Willen!"

Zum Tag der Arbeit am 1. Mai fordert der katholische Sozialbischof Franz-Josef Overbeck faire Arbeitsverhältnisse. Immer mehr Menschen seien von positiven wirtschaftlichen Entwicklungen abgehängt, warnt Bischof Overbeck.

Sozialbischof Overbeck (dpa)
Sozialbischof Overbeck / ( dpa )

domradio.de: Die KAB-Kampagne, deren Schirmherr Sie sind, heißt "Gute Arbeit? Um Gottes Willen!" Und das heißt um Gottes Willen genau was, Herr Bischof?

Bischof Overbeck: Es geht um die Perspektiven, die mit der Arbeit verbunden sind, die nicht einfach nur bedeuten, der Mensch muss arbeiten, um das Lebensauskömmliche zu erlangen, sondern es gehört zu seiner Würde, die von Gott kommt, dass er arbeiten kann und darf. Das kann man schon im Schöpfungsbericht erkennen, das können wir bei der gesamten Geschichte, vor allen Dingen der Sozialgeschichte der Menschheit deutlich sehen. Es geht darum, dass der Mensch von Gott her gesehen, ein Recht auf Arbeit hat, dass ihm auf guter Weise zugestanden werden muss.

domradio.de: Ganz aktuell werden Arbeitsmarktzahlen veröffentlicht. Die Zahl der Arbeitslosen liegt wieder unter 3 Millionen. Das klingt doch eigentlich gut, oder?

Bischof Overbeck: Das ist sehr erfreulich und wir alle innerhalb der katholischen Kirche haben auch ein gutes Stück dazu mitgeholfen, dass es so sein kann. Wir sehen aber trotzdem, dass es auf der anderen Seite immer noch schwierige Entwicklungen gibt, die die prekären Arbeitsverhältnisse betreffen und das ist der Grund gewesen, warum wir noch einmal deutlich gesagt haben: "Gute Arbeit? um Gottes Willen" gilt für alle Menschen.

domradio.de: Es geht um Mini-Jobs und befristete Verträge. Von den prekären Arbeitsverhältnissen sind laut ihrer Stellungnahme Hunderttausende betroffen. Was kann man denn tun für gerechtere Arbeitsverhältnisse?

Bischof Overbeck: Es heißt auf der einen Seite, sehr dafür Sorge zu tragen, dass Arbeitsplätze auf Dauer geschaffen werden. Das heißt, wir brauchen ordnungspolitisch einen Rahmen, der es Firmen gerade im Mittelstand ermöglicht neu zu gründen und den Mut zu haben, auch Menschen einzustellen, die auf Dauer eine langfristige Beschäftigung bekommen. Es heißt auf Dauer aber auch, den Mut zu besitzen, bei den vielen prekären Arbeitsverhältnissen, die wir heute haben, zu sehen, wie können wir sie wieder umwandeln in Arbeitsverhältnisse, die langfristig für Menschen von Bedeutung sind.

domradio.de: Sind das in unserer globalisierten Welt nicht Fragen, die gar nicht unbedingt in Deutschland allein gelöst werden können, sondern auf höherer Ebene diskutieren müsste?

Bischof Overbeck: Das ist in der Tat der Fall. Das tun wir auch im Rahmen der katholischen Kirche und wir werden auch nicht müde, das immer in Zusammenhängen zu sehen, die gerade auch Papst Franziskus in seinem Schreiben Evangelii Gaudium deutlich gemacht hat, wenn er davon spricht, dass es eine Kultur des Ausschlusses gibt. Gerade wenn man von wirtschaftlichen Verhältnissen ausgeht, die nur gewisse Gruppen bevorteilen und andere benachteiligen. Von daher sind solche globalisierten Phänomene für uns als Kirche ein wichtiges Thema und bleiben es auch.

domradio.de: Sie sind in Essen als Ruhrbischof mit vielen Sorgen und Nöten der Menschen in einer besonders betroffenen Region konfrontiert. Wie dringend ist das Problem von gerechter Arbeit?

Bischof Overbeck: Es gibt gerade in unserem Bistum Essen viele Regionen in denen die prekären Arbeitsverhältnisse das Leben vieler vieler Menschen sehr bestimmen, von daher weiß ich, was das heißt, wenn diese Arbeitsverhältnisse nicht in beständige Arbeitsverhältnisse verändert werden können. Ich hoffe sehr, dass wir da ordnungspolitisch Gutes auf den Weg bringen können, was so eine Situation wirklich nach vorne bringt und verbessert. Ansonsten ist es um die Lebensmöglichkeiten vieler Menschen in einer solchen Region schwer bestellt - angefangen vom Mut eine Ehe und Partnerschaft zu gründen, Kindern das Leben zu schenken, bis hin zur Fähigkeit sich überhaupt an der alltäglichen Lebenswelt und am Gemeinwohl und seiner Verstärkung zu beteiligen.

domradio.de: In Ihrem Bistum liegt auch das Bochumer Opelwerk, in dem ab Ende des Jahres keine Autos mehr gebaut werden. Bereiten Sie sich jetzt schon darauf vor? Es geht ja immerhin um über 3000 Jobs...

Bischof Overbeck: Die Situation ist schon lange sehr schwierig, so dass wir auch von Seiten der Kirche mit großer Aufmerksamkeit seit Jahren verfolgen, was sich dort entwickelt. Es war mein erster Besuch in einer der großen Firmen unseres Bistums, den ich gemacht habe, als ich Ruhrbischof, Bischof von Essen wurde. Wir haben immer darauf versucht hinzuwirken, dass die Bedingungen, dass solche Arbeitnehmer in andere Arbeitsverhältnisse übernommen werden, eine Priorität haben. Ich hoffe, dass zumindest im Rahmen dessen, was uns als Kirche zusteht, wir etwas erreicht haben: nämlich das Gewissen zu schärfen und nach Außen deutlich zu machen, um was es sozialpolitisch geht. Andersherum weiß ich auch, dass im Ruhrgebiet selber durch den Mittelstand relativ viele Arbeitsplätze immer wieder geschaffen werden. Ich hoffe, dass nicht wenige der Arbeitnehmer, die dort jetzt nicht mehr tätig sein können, eine neue Arbeit finden.

Das Interview führte Matthias Friebe


 

Quelle:
DR , KNA