Bundesverwaltungsgericht weist Klage einer Mutter ab

Ethikunterricht ist kein Muss

Eltern haben keinen Anspruch auf Ethikunterricht für ihre konfessionslosen Kinder schon in der Grundschule. Das haben die obersten deutschen Verwaltungsrichter in einem Urteil entschieden.

Grundschule (dpa)
Grundschule / ( dpa )

Einige Bundesländer dürften das Urteil mit Sorge erwartet haben. Geklagt hatte die Mutter dreier konfessionsloser Kinder aus Baden-Württemberg auf die Einführung von Ethikunterricht bereits in der Grundschule - als Alternative zum Religionsunterricht.

Doch das Bundesverwaltungsgericht entschied am Mittwoch in Leipzig: Es gibt keinen rechtliche Anspruch auf Ethikunterricht in den ersten vier Klassen. Hätten die Richter der Mutter Recht gegeben, wären auf einige Länder erhebliche Kosten zugekommen. In acht Bundesländern wird Ethik frühestens ab der fünften Klasse angeboten, in Baden-Württemberg sogar erst ab der 7. Klasse.

Die Leipziger Richter argumentierten, bei der Einführung von Schulfächern verfüge der Staat durchaus über Gestaltungsfreiheit.

Baden-Württemberg überschreite die Grenzen dieser Freiheit nicht, wenn es im Landesschulgesetz festschreibe, Ethikunterricht erst in den höheren Klassen anzubieten. Zudem sei Ethik anders als das Fach Religion nicht durch das Grundgesetz vorgeschrieben. Eine verfassungswidrige Benachteiligung gegenüber Schülern, die am Religionsunterricht teilnehmen, liege insofern nicht vor.

Besonderer Schutz der Religionsgemeinschaften

Ausdrücklich hoben die obersten Verwaltungsrichter hervor, dass das Grundgesetz die Religionsgemeinschaften in besonderer Weise schütze und privilegiere. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Klägerin hingegen kritisierte: "Die Argumentation der Richter zementiert überkommene Privilegien der Religionsgemeinschaften." Konfessionslosen Kindern werde eine angemessene ethische Bildung vorenthalten. Sie seien benachteiligt gegenüber Schülern, die im Religionsunterricht moralische Werte und Normen vermittelt bekämen und dort zudem tagesaktuelle Themen ethisch behandelten. "Dabei ist es doch wichtig, dass schon die Kleinen früh in der Grundschule ethische Werte vermittelt bekommen", sagte die promovierte Philosophin aus Freiburg im Breisgau.

Die Leipziger Richter schlossen sich in ihrer Argumentation den Urteilen der Vorinstanzen an. Das Verwaltungsgericht Freiburg hatte 2011 die Klage der Mutter mit der Begründung abgewiesen, Eltern hätten zwar das Recht zu entscheiden, welche religiöse oder weltanschauliche Erziehung ihr Kind erhalten soll, aber "grundsätzlich keinen Anspruch auf Einrichtung eines bestimmten Schulfachs". Auch der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim sah 2013 einen Anspruch auf Ethikunterricht an der Grundschule weder durch das Grundgesetz noch die Landesverfassung gedeckt.

Landesministerium: Ethikunterricht scheitert zurzeit an Kosten

Das baden-württembergische Kultusministerium zeigte sich nach dem Urteil zufrieden mit der Entscheidung. Ein Vertreter des Regierungspräsidiums Freiburg hatte zugleich bereits im Gerichtssaal betont, dass die grün-rote Landesregierung durchaus offen für einen Ethikunterrichts ab der ersten Klasse sei. Die schrittweise Einführung ist sogar als Ziel im Koalitionsvertrag festgehalten. Das Projekt liegt jedoch aus Kostengründen bislang auf Eis.

Die Bildungsgewerkschaft GEW hatte noch vor der Urteilsverkündung gefordert, den Ethikunterricht in der Grundschule im derzeit diskutierten neuen Bildungsplan für die baden-württembergischen Schulen zu verankern. Werteerziehung dürfe nicht an Kostengründen scheitern. Landes-FDP-Generalsekretär Patrick Meinhardt unterstrich:

"Selbstverständlich brauchen wir auch in der Grundschule einen Ethikunterricht als Alternative zum Religionsunterricht."

Die katholische Kirche begrüßte die Leipziger Entscheidung. Zugleich betonte der Freiburger Domkapitular Axel Mehlmann: "Die Kirchen wollen keineswegs Ethikunterricht verhindern, wir sind im Gegenteil an einer Zusammenarbeit interessiert. Klar ist aber auch, dass nicht von einer Wahlmöglichkeit zwischen Religions- oder Ethikunterricht die Rede sein kann, denn der Religionsunterricht ist vom Grundgesetz garantiert."

Die Klägerin will nun vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen. Ihr jüngster Sohn, der im Sommer in die Schule kommt, wird aber wohl unter die bisherige Regelung fallen und eine Freistunde haben, wenn Religionsunterricht auf dem Stundenplan steht.


Quelle:
KNA