DBK beendet Zusammenarbeit mit Prof. Pfeiffer

Reaktionen aus Kirche und Politik

Das Projekt zwischen DBK und Prof. Pfeiffer ist beendet - die unabhängige wissenschaftliche Arbeit muss fortgesetzt werden. Das fordern unter anderem Alois Glück und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

 (DR)

Die katholische Kirche hat die Zusammenarbeit mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des sexuellen Missbrauch beendet. Grund für die Kündigung sei das zerrüttete Vertrauensverhältnis zum Leiter des Projekts, dem Kriminologen Christian Pfeiffer, sagte der Missbrauchsbeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, am Mittwoch.

Pfeiffer, der das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) leitet, hielt den Bischöfen im Gegenzug vor, das Projekt sei an "Zensur- und Kontrollwünschen der Kirche" gescheitert. Zudem seien Akten vernichtet worden. Das wiesen die Bischöfe zurück. 

„Vertrauen ist unverzichtbar“

Bischof Ackermann beklagte das Kommunikationsverhalten von Pfeiffer, das der weiteren Zusammenarbeit die Vertrauensgrundlage entzogen habe. "Vertrauen ist aber für ein so umfangreiches und sensibles Projekt unverzichtbar", sagte Ackermann. Der Vertrag mit dem Institut in Hannover ist laut Bischofskonferenz mit sofortiger Wirkung gekündigt worden. Noch nicht benötigte Forschungsgelder sollen zurückgefordert werden.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, forderten eine Fortsetzung der unabhängigen wissenschaftlichen Aufarbeitung. Leutheusser-Schnarrenberger stellte sich hinter das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen. Die Einrichtung sei eine "der ersten Adressen, um eine unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitung auf Grundlage der Personalakten seit 1945 vorzunehmen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Es sei ein "notwendiger und überfälliger Schritt", dass die katholische Kirche kirchenfremden Fachleuten Zugang zu den Archiven ermögliche "Die dramatischen Erschütterungen des Jahres 2010 dürfen nicht in einer halbherzigen Aufarbeitung versickern", fügte das Regierungsmitglied hinzu. Die Zensur-Vorwürfe sollten schnell aus der Welt geschafft werden.

„Eckiger Tisch“ verlangt unabhängige Aufarbeitung

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, bedauerte das Scheitern des Forschungsprojekts zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Das Vorhaben sei ein wichtiges Signal gewesen, sagte Rörig dem epd. Die Opfergruppe "Eckiger Tisch" verlangte eine unabhängige Aufarbeitung des Missbrauchs in katholischen Einrichtungen. Die katholische Kirche sei offensichtlich damit überfordert. Drei Jahre nach dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals stehe man wieder am Anfang, beklagte die Betroffenenorganisation.

Die 2011 vereinbarte Untersuchung sollte die Fälle sexueller Übergriffe von Priestern und weiteren Kirchenleuten seit dem Jahr 1945 aufarbeiten. Das Forschungsprojekt war auf drei Jahre angelegt. Akten aller Diözesen sollten auf Missbrauchsfälle untersucht und sämtliche Opfer schriftlich befragt werden. Auch Interviews mit Tätern waren vorgesehen.

Neuer Projektpartner gesucht

Ackermann kündigte an, dass die Kirche die wissenschaftliche Aufarbeitung des Missbrauchsskandals fortsetzen wolle. Dafür werde ein neuer Partner gesucht. Pfeiffer stellte eine eigene Untersuchung zum kirchlichen Missbrauch unter freiwilliger Teilnahme der Betroffenen in Aussicht. Er rief Missbrauchsopfer auf, mit dem Forschungsinstitut in Hannover Kontakt aufzunehmen.

Gestritten wurde nach Angaben der Bischofskonferenz um die Nutzung der Daten und Forschungsergebnisse und datenschutzrechtliche Fragen.Dabei ging es um die Anonymisierung personenbezogener Daten geplanterOpfer- und Täterinterviews sowie darum, ob und wie lange sensiblen Unterlagen aufbewahrt werden. "Dies hat nichts mit einer Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit zu tun, sondern ausschließlich mit der Sicherung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen", sagte der Sekretär der Bischofskonferenz, Hans Langendörfer.

Langendörfer wies zudem den Verdacht der Aktenvernichtung aus Vertuschungsgründen zurück. "Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte", sagte er. Zum Vorwurf, Wissenschaftsfreiheit zu beschneiden, entgegnete Langendörfer, es sei nie um eine inhaltliche Zensur von Pfeiffers Arbeit gegeben. Vertraglich sei lediglich vereinbart worden, dass Pfeiffer vor Auftritten oder Beiträgen in den Medien Rücksprache mit der katholischen Kirche hält. Auch der Sprecher des Erzbistums München wies Vorwürfe zurück: "Es besteht und bestand nie der Wunsch nach Zensur."
 


Quelle:
KNA , epd