Katholische Bischöfe begrüßen Betreuungsgeld

"Stärkung der Wahlfreiheit"

Der Bundestag hat das Betreuungsgeld gebilligt – eine der umstrittensten Ideen der Politik seit langem, auch innerhalb der katholischen Kirche. Der Caritas-Verband lehnt die Initiative in ihrer jetzt beschlossenen Form ab. Die Bischöfe dagegen begrüßen sie – räumen aber auch Gefahren ein.

 (DR)

Es sei ein Fortschritt, dass mit dem Betreuungsgeld die Wahlfreiheit der Eltern gestärkt werde, zwischen unterschiedlichen Betreuungsmodellen auswählen zu können, erklärte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch im Interview der "Hannoverschen Allgemeinen" noch vor der Abstimmung im Bundestag. Am Freitag votierten 310 der Abgeordneten in namentlicher Abstimmung für die umstrittene Familienleistung, 282 dagegen, zwei enthielten sich. Das von der schwarz-gelben Regierungskoalition geplante Betreuungsgeld soll es ab August 2013 für Kleinkinder geben, die nicht in eine Kita gehen. Die Opposition lehnt die Leistung ab.



Die Überlegung der SPD, wegen des Betreuungsgeldes das Bundesverfassungsgericht anzurufen, nannte Zollitsch bedauerlich, denn hier gehe es um eine politische Entscheidung und nicht um eine Verfassungsfrage. Auch sei es "ein bisschen schade, dass diese Frage fast eine der Regierungskoalition geworden" sei.



"Eine Art Glaubenskampf"

Der Freiburger Erzbischof räumte ein, "dass die Gefahr besteht, dass Eltern, bei denen es vielleicht besser wäre, wenn ihr Kind in einer Tagesstätte betreut würde, dies Möglichkeit ausnützen könnten, um das Betreuungsgeld zu erhalten". Aber dieses Risiko müsse man eingehen, wenn man Wahlfreiheit wolle. Er bedauerte, dass es über das Betreuungsgeld "quasi zu einer Art Glaubenskampf gekommen ist".



Zu den bundesweit rund 220.000 fehlenden Kitaplätzen sagte Zollitsch: "Da könnte das Betreuungsgeld den Städten sogar eine kleine Entlastung bringen, auch wenn sie letztlich zu gering ist." Er sehe mit Sorge, dass viele Eltern angesichts der Unterversorgung mit Krippenplätzen die Gerichte bemühten. "Wir als Kirche haben jedenfalls die Devise, im Kindergartenbereich keinesfalls abzubauen", betonte der Erzbischof. "Wir brauchen die Kitas, aber wir brauchen auch die Wahlfreiheit. Ich habe bei der Schärfe der Diskussion manchmal den Eindruck, dass da noch alte sozialistische Gedankenmodelle mitschwingen, dass der Staat die Erziehung eben doch besser hinbekommt als die Familie", sagte Zollitsch.



Deutsche mehrheitlich gegen Betreuungsgeld

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen lehnt das von der schwarz-gelben Regierungskoalition beschlossene Betreuungsgeld weiter ab. In einer ebenfalls am Freitag in Köln veröffentlichten ARD-Umfrage sprachen sich 59 Prozent gegen die Geldleistung für Eltern aus, die ihre Kleinkinder nicht in eine Kita schicken.



Für das Betreuungsgeld waren 39 Prozent. Das Institut Infratest dimap befragte im Auftrag der ARD-"Tagesthemen" von Montag bis Mittwoch 1.505 Wahlberechtigte bundesweit telefonisch.