Der 100. Katholikentag findet in der Messestadt Leipzig statt

Hotspot des Ostens

Ein Touristen-Magnet ist Leipzig längst. Die Lebensqualität ist hoch, die Mieten sind günstig, der Zuzug steigt. Leipziger gelten als gastfreundlich und tolerant, aber selten religiös. Und jetzt kommen die Katholiken.

Gastgeberstadt des Katholikentags: Leipzig von oben  (KNA)
Gastgeberstadt des Katholikentags: Leipzig von oben / ( KNA )

Leipzig gilt als hip. Leipzig boomt. Die sächsische Metropole gilt als Hotspot des Ostens, zieht Junge, Kreative, Akademiker an. Und jetzt für einige Tage auch Zehntausende Christen: Vom 25. bis 29. Mai kommt der 100. Katholikentag ins Zentrum der "In"-Stadt.

Zwei Wochen vorher findet dort traditionell zu Pfingsten das bundesweite Wave-Gothic-Festival morbid-schwarzgewandeter Jugendlicher statt, in diesem Jahr zum 25. Mal. Die zu 80 Prozent konfessionslosen Leipziger sind also an "kuriose" Gäste gewöhnt und nehmen deren Besuch mit Gelassenheit, gehört das doch quasi zur örtlichen Tradition.

Tausendjährige Stadtgeschichte

In seiner tausendjährigen Stadtgeschichte war Leipzig immer wieder Anziehungspunkt für Händler, Musiker und Intellektuelle. Das bis zur Abgedroschenheit bemühte Goethe-Zitat aus dem "Faust I" illustriert

es: "Mein Leipzig lob' ich mir! Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute." Goethe lässt dieses Urteil übrigens einen volltrunkenen Studenten in der seitdem legendären Gaststätte "Auerbachs Keller" fällen.

Im 12. Jahrhundert begann Leipzigs Aufstieg zu einer prosperierenden internationalen Messe- und Handelsmetropole. Unschlagbarer Standortvorteil dabei: Leipzig bildete geografisch genau den Schnittpunkt zwischen den im Mittelalter maßgeblichen beiden Fernhandelsstraßen "via imperii" und "via regia".

Das rege Märkte- und Messewesen prägt bis heute die Architektur der Innenstadt: So gibt es zahlreiche Passagen, in deren überdachten, hell gefliesten Innenhöfen seinerzeit die Waren präsentiert wurden.

Die prominenteste und luxuriöseste unter ihnen ist die Mädler-Passage mit dem bereits erwähnten "Auerbachs Keller", vor dem quasi in Endlosschleife das obligatorische Touri-Foto mit den überlebensgroßen Bronzefiguren von Faust und Mephisto gemacht wird. Inzwischen ist die Leipziger Messe längst vor den Toren der Stadt angesiedelt und zieht jährlich insgesamt über 1,2 Millionen Gäste an, etwa im Frühling zur Buchmesse.

Weltweit größtes Berufsorchester

Wer durch Leipzigs kompakte, aufwendig restaurierte Innenstadt geht, entdeckt nahezu an jeder Ecke historisch Wertvolles: die Thomaskirche mit dem berühmten Thomanerchor, erfolgreiche Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Das Gewandhaus mit dem weltweit größten Berufsorchester, das prominente Dirigenten von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) bis hin zu Kurt Masur (1927-2015) leiteten. Die bereits 1409 gegründete Universität, die heute knapp

30.000 Studenten zählt und deren Universitätskirche in neuer Form vor der Wiedereröffnung steht, nachdem der historische Bau 1968 vom SED-Regime in einer Machtdemonstration gesprengt wurde.

Schließlich die Nikolaikirche, von der die berühmten Montags-Demonstrationen ausgingen, die im Zuge der friedlichen Revolution zu Mauerfall und Wiedervereinigung führten. Mittels einer App können sich Besucher inzwischen zu den zentralen Orten dieses Weltereignisses durch die Stadt führen lassen. Selbst Geschichte kommt in Leipzig hip daher.

Doch es gibt auch die andere, weniger bekannte Seite der Stadt: Leipzig zählt seit Jahren zu den Armutshochburgen in Deutschland. Rund jeder Vierte lebt dort statistisch unter der Armutsgrenze. Für Caritas und Diakonie gibt es ein breites Betätigungsfeld. Dass ihre Klienten in den meisten Fällen keine Christen sind, ist für das Engagement der kirchlichen Wohlfahrtsverbände nachrangig. 

Zuzug aus dem Westen

Inzwischen zählt Leipzig knapp 570.000 Einwohner, Tendenz steigend. 2014 konnte die Stadt in diesem Zusammenhang eine kleine demografische Sensation vermelden: Es gab deutlich mehr Geburten als Todesfälle. Maßgeblich dafür mitverantwortlich ist auch der Zuzug, gerade aus dem Westen. Davon profitiert nicht zuletzt die katholische Kirche in Leipzig, die mit gut vier Prozent eine kleine, aber wachsende Minderheit der Bevölkerung stellt. Die Propsteigemeinde Sankt Trinitatis etwa ist mit 4.700 Gläubigen die größte Pfarrgemeinde im Bistum Dresden-Meißen. Jährlich kommen etwa 150 bis 200 Mitglieder hinzu.

Zur Einweihung der neuen Propsteikirche im Stadtzentrum vor einem Jahr schickte Papst Franziskus eigens ein Glückwunsch-Schreiben. Er würdigte Ostdeutschlands größten Kirchenneubau seit dem Mauerfall als Hoffnungszeichen und Ort der Begegnung - gerade auch im Dialog mit Konfessionslosen. Genau das ist auch beim 100. Katholikentag eines der Schwerpunktthemen.

Man darf gespannt sein, inwieweit sich die konfessionslosen Leipziger darauf einlassen, oder das christliche Treffen mit seinen mehreren zehntausend Besuchern nur achselzuckend als ein irrelevantes Großevent an sich vorüberziehen lassen.


Quelle:
KNA