ZdK-Herbstvollversammlung in Bonn

Für eine stärkere Einbeziehung der Frauen

Für das katholische Laiengremium stehen ab Freitag wichtige Fragen zum Dialogprozess der Kirche, aber auch zur europäischen Krise auf dem Programm. ZdK-Präsident Alois Glück blickt auf das Treffen - und spricht über eine stärkere Einbeziehung der Frauen.

 (DR)

KNA: Herr Glück, zu Beginn des Dialogs in der Kirche haben Sie einmal gesagt, wenn in einigen Jahren keine konkreten Entwicklungen absehbar sind, breiten sich Resignation und Frustration aus, verbunden mit einem massiven Auszug aus der Kirche. Ist diese Befürchtung bei den Bischöfen angekommen?

Glück: Dafür gibt es ermutigende Anzeichen. Der Dialogauftakt im Sommer in Mannheim, an dem sich viele Bischöfe beteiligt haben, hat in seiner Offenheit manchen Teilnehmer positiv überrascht. Ich bin optimistisch, dass es zu spürbaren Veränderungen in der Kirche kommt. Dabei gehe ich aber nicht von konkreten Entscheidungen in den nächsten zwei, drei Jahren aus. Es geht ja derzeit auch nicht so sehr um bahnbrechende Neuerungen. Das Kirchenrecht bietet beispielsweise noch genug Spielraum für die teamorientierte Gemeindeleitung von Klerikern und Laien, die bisher nicht voll genutzt werden.



KNA: Ein Schwerpunkt in Bonn wird die Beratung über ein Beschlusspapier zur Stellung der Frau in der Kirche. Wie weit gehen da die Forderungen?

Glück: Der Entwurf des Papiers fordert klar die Zulassung von Frauen zum Amt des Diakons, dem ersten der drei kirchlichen Weiheämter. Wir brauchen dringend die stärkere Einbeziehung der Frauen, weil sie ein eigenes Charisma und einen Erfahrungsschatz in bestimmten Lebensbereichen mitbringen, der Männern fehlt. Dafür gibt es bei den vom ZdK vertretenen Gruppen breite Zustimmung. Das entspricht der christlichen Überzeugung vom allgemeinen Priestertum von Männern und Frauen, das sie alle durch die Taufe und die Firmung besitzen.



KNA: Eine Priesterweihe von Frauen steht aber nicht zur Diskussion?

Glück: Vielleicht kommen am Freitag Anträge in diese Richtung, aber im Entwurfpapier stehen sie nicht. Ich glaube, dass die Forderung nach dem Frauenpriestertum im Moment nur polarisierend wirkt und andere, näherliegende Anliegen behindern würde. Bei den Bischöfen ist die Ablehnung des Frauenpriestertums einhellig, und außerdem wären damit tiefgreifende Fragen für die ganze Weltkirche berührt.

Dasselbe gilt für die Frage nach der Priesterweihe für verheiratete Männer. Es bringt nichts, da in der deutschen Teilkirche den Alleingang zu proben.



KNA: Dem Frauendiakonat stehen einige Bischöfe dem Vernehmen nach aber offener gegenüber. Wie beurteilen Sie die Lagerbildung im deutschen Episkopat?

Glück: Eine Einteilung in konservative und progressive Bischöfe ist mir zu schematisch. Je nach Thema wechseln die Gruppierungen ihre Zusammensetzung. Auch das Dialog-Engagement in den Bistümern ist sehr unterschiedlich, was nicht zuletzt auch vom jeweiligen Einsatz der Laien abhängt. Das halte ich für normal. Auf jeden Fall wächst aus meiner Sicht die Akzeptanz der Bischöfe für offene Gespräche ohne Tabus.



KNA: Ein Thema dieser Versammlung ist auch die Einladung des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller zum Katholikentag 2014. Sie kam - entgegen den Gepflogenheiten -, bevor das ZdK einen Ort vorgeschlagen hatte. Zudem von einem konservativen Bischof, mit dem das Komitee in der Vergangenheit auch schon mal aneinandergeraten ist. Ist diese Einladung jetzt eine Art Friedensangebot oder der Versuch einer Vereinnahmung des ZdK?

Glück: Ich würde da nicht zu viel hineininterpretieren. Die Einladung empfand ich zwar als Überraschung, aber als freundschaftliches Zeichen. Und Regensburg als Ort macht Sinn. Von dort geht zum Beispiel der Blick nach Tschechien, also zur Begegnung mit Osteuropa. Auch für den Austausch von konservativen und weniger konservativen Katholiken scheint mir das Bistum eine gute Adresse zu sein. Aber zunächst muss jetzt im ZdK erst einmal abgestimmt werden.



KNA: Einen ganzen Vormittag widmet sich das ZdK in Bonn der Krise Europas. Wo liegen da die christlich-katholischen Bezüge?

Glück: Als Christen haben wir Verantwortung für die Welt. Das gilt besonders für die europäische Einigung. Es waren überzeugte Katholiken wie Schuman und Adenauer, die Europa nach dem Zweiten Weltkrieg als Friedensprojekt begonnen haben. Grundlage war die christliche Wertegemeinschaft. Das müssen wir heute mehr denn je deutlich machen, besonders vor dem Hintergrund, dass das Gewicht Europas - das ich übrigens immer noch für tief christlich geprägt halte - gegenüber anderen Weltgegenden zurückgeht.

Auch innerhalb Europas wächst angesichts des Zuwachses an Muslimen und Konfessionslosen die Frage nach der eigenen christlichen Identität. Da brauchen wir dringend eine Debatte über unsere Werte und deren Ursprung. Uns ist es wichtig, Europa nicht immer nur als ökonomisches Projekt zu sehen - und damit meistens zu kritisieren -, sondern als Quelle einer gemeinsamen christlichen Geisteshaltung zu schätzen.



Das Interview führte Christoph Schmidt.