Ein kulturhistorisch-theologisches ABC

Blut und Passion von A-Z - Abendmahl bis Zauber

Das Passions- und Ostergeschehen der Christen trägt auch viele blutig-archaische Züge. Eine ABC-Übersicht aus Hintergründen und Traditionen aus 2.000 Jahren Kirchengeschichte:

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Symbolbild ABC / © Esin Deniz (shutterstock)

Abwehrkraft: Kulturhistorisch wurde Blut schon früh als Träger der Lebenskraft und Urstoff des Lebens angesehen. Wer verblutet, verliert seine Kräfte. Medizinisch gesehen bekämpft das Blut durch Bildung und Transport von Antikörpern Erreger und Fremdstoffe, die noch nicht in die Körperzellen eingedrungen sind.

Bluttrinken: Der kultische Verzehr von menschlichem Fleisch und Blut im christlichen Abendmahl war für die antike Gesellschaft hochgradig verstörend, ja skandalös - und selbst mit dem theologischen Verständnis der Wandlung von Wein und Brot bleibt das Thema bis heute komplex und schwer vermittelbar (s. auch Eucharistie).

Christus: steht im Zentrum des christlichen Heilsgeschehens. Um sein Sterben und seine Auferstehung drehen sich alle Zeichen und Symbole, die hier zu verhandeln sind.

Dornenkrone: Eine Krone ist normalerweise ein Herrschaftszeichen, das Macht und Würde ausdrückt. Die Dornenkrone Jesu diente dagegen dazu, Christus als angeblichen "König der Juden" zu verspotten und zu erniedrigen.

Eucharistie: Das Trinken des Blutes Christi (s. Bluttrinken) im Abendmahl/Herrenmahl wird theologisch auch als eine Vereinigung des Menschen mit Gott gedeutet. Eine solche Deutung als Teilhabe sieht das "Blut Christi" nicht als Sühne zur Rettung der Menschheit oder als Gottes Erneuerung des Bundes mit den Menschen, sondern als Symbol für das Leben Gottes selbst.

Flagellation: Flagellanten oder Geißler nannte man eine christliche Bewegung im Spätmittelalter. Zu ihren religiösen Bußpraktiken gehörte eine öffentliche Selbstauspeitschung, um sich blutig von den eigenen Sünden zu reinigen.

Golgotha: der antike Kreuzigungshügel ("Schädelhöhe") außerhalb von Jerusalem. Auch wenn eine eindeutige Lokalisierung nicht möglich ist, hält man eine Verortung in der heutigen Grabeskirche für berechtigt.

Heilig-Blut-Feste: gibt es seit dem Mittelalter in zahlreichen Orten West- und Südeuropas, in denen Blut- und Hostienreliquien verehrt werden. Mitte des 19. Jahrhunderts etablierten die Päpste im Zuge einer steigenden Heilig-Blut-Verehrung ein gesamtkirchliches Fest, das aber (als Doppelung zu Fronleichnam) 1970 wieder gestrichen wurde.

INRI: überlieferte (lateinische) Inschrift des Statthalters Pontius Pilatus am Kreuzbalken Christi: "Jesus von Nazareth, König der Juden". Der vermeintlich politische messianische Anspruch Jesu wird damit als ursächlich für das römische Todesurteil gekennzeichnet.

Jerusalem: Ort des Sterbens und der Auferstehung Jesu und Sitz des Tempels, des zentralen jüdischen Heiligtums. Hier wurden Gott Räucher- und Tieropfer dargebracht.

Karfreitag: jener Tag, an dem Christus auf Wunsch der jüdischen Bevölkerung von den römischen Behörden ans Kreuz geschlagen wurde und starb. Während die Lutheraner in dem Opfertag einen besonderen Feiertag sehen, betont die katholische Kirche den Ostersonntag als den Tag der Auferstehung.

Lamm: Das Lamm Gottes (lat. Agnus Dei) ist seit den frühen Christen ein Symbol für Christus, besonders als Osterlamm mit Siegesfahne auch ein Zeichen für die Auferstehung. Theologisch greift das Symbol auf das Lamm als Opfertier im Alten Testament zurück. Das Opfer Jesu Christi tilgt stellvertretend "die Sünden der Welt".

Märtyrer: Nach mittelalterlicher Vorstellung ist in den sterblichen Überresten (Reliquien) der christlichen Blutzeugen deren spirituelle Kraft gebündelt. Als besondere Glieder des mystischen Leibes Christi verdienen die Heiligen besondere Verehrung.

Nägel: Wie alle Reliquien des Leidens Christi (Kreuzsplitter, Leichentuch) wurden auch die sogenannten Heiligen Nägel des Kreuzes besonderer Gegenstand der Verehrung. Angeblich gemeinsam mit dem Kreuz Jesu vergraben, werden heute an vielen Orten "heilige Nägel" verehrt, darunter in Trier und Bamberg.

Opfer: Anders als das heidnische Opfer zum Gnädigstimmen der Götter ist das biblische Opfer in der Regel Dank- oder Reueopfer. Christus und seine Märtyrer geben sich selbst für andere beziehungsweise für ihren Glauben an Christus hin (s. auch Sühne).

Passionsspiele: Vor allem in Süditalien, aber auch an anderen Orten wird das Leiden Christi in teils sehr plastischer Weise nachgespielt. Es fließt viel Blut; auf den Philippinen lassen sich sogar Gläubige selbst ans Kreuz nageln.

Quintessenz: Im Spätmittelalter versuchten Alchemisten vergeblich, als Heilmittel die "Quintessenz" menschlichen Blutes zu gewinnen.

Rot: Papst Franziskus hat die Kardinäle wiederholt daran erinnert, dass sie die Farbe ihres Gewandes in Erinnerung an jene Märtyrer tragen, die ihr Blut für den Glauben vergossen haben.

Schmerzensmann: ein traditionelles Andachtsbild (auch "Erbärmdebild"), das den leidenden Christus mit den Wunden der Kreuzigung zeigt. Die Darstellung des lebenden Schmerzensmanns abseits des Kreuzes stammt aus dem byzantinischen Kulturkreis.

Traubensaft: Nicht zu allen Zeiten und in allen Regionen konnte die Kirche den Gebrauch von Wein aus Traubensaft zur Wandlung durchsetzen. An den geografischen Rändern des Christentums wurden zur Wandlung etwa auch Bier, Heidelbeer-, Reis oder Palmwein verwandt. Erst das Konzil von Trient (1545-1563) setzte die Vereinheitlichung durch.

Umzüge: Neben Heilig-Blut-Festen (s. dort) gibt es auch Reiterprozessionen ("Blutritte") zu Ehren von Blutreliquien, so etwa in Weingarten, Bad Wurzach, Neuler-Schwenningen, Westhausen-Lippach oder Weißenau (alle Baden-Württemberg).

Vorbeugung: Vor dem Auszug aus der ägyptischen Gefangenschaft sicherte an den Türpfosten geschmiertes Blut den Israeliten das Überleben. Im biblischen Buch Exodus 12,13 heißt es: "Wenn ich das Blut an euren Häusern sehe, werde ich an euch vorübergehen, und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen, wenn ich in Ägypten dreinschlage."

Wallfahrt zum heiligen Blut: Ein Blutwunder in Walldürn (Baden-Württemberg) gab den Anlass für eine Wallfahrt zu einer spätmittelalterlichen Altardecke mit dem Bild des Gekreuzigten, das laut der Überlieferung aus vergossenem Wein entstanden war.

X-Faktor: Blutgerinnung ist eine lebenswichtige Schutzfunktion des Körpers. Zur Blutstillung, etwa nach Verletzungen, verschließt die Gerinnung mit Hilfe von Blutgerinnseln blutende Wunden.

Yersinia pestis: Die Pest als tödlichste Seuche des Mittelalters spielte durchaus auch eine Rolle im gestörten Verhältnis von Juden und Christen. Obwohl die Pest durch Rattenblut übertragen wurde, wurde den Juden vorgeworfen, die Brunnen vergiftet und so die Seuche ausgelöst zu haben.

Zauber: Blut und Zauberei werden seit jeher in Verbindung gebracht. Auch der christlichen Wandlung von Wein und Brot in Blut und Leib Christi durch den Priester haftete etwas von "Hokuspokus" an (lat. "hoc est enim corpus meum" - "dies ist mein Leib").

Karwoche

Die letzte Woche vor Ostern wird auch als Karwoche bezeichnet. Das Wort "Kar" stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet "Trauer", "Klage" oder "Kummer". Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag: In Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem versammeln sich die Gläubigen zur Segnung der Palmen - in Deutschland meist Buchsbaumzweige - und ziehen dann in einer Prozession zum Gotteshaus.

Karwoche / © Felix Kästle (dpa)
Karwoche / © Felix Kästle ( dpa )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema