Pfarrer widerspricht Rassismusvorwurf gegen Karnevalisten

Balkan Express und Heuschrecken

Der evangelische Pfarrer im südthüringischen Wasungen, Stefan Kunze, hat die Karnevalisten des Ortes gegen den Vorwurf verteidigt, sich bei ihrem Umzug am Wochenende rassistisch und menschenverachtend zum Thema Flüchtlinge geäußert zu haben.

Umstrittener (Karnevals-)Zug in Wasungen / © Michael Reichel (dpa)
Umstrittener (Karnevals-)Zug in Wasungen / © Michael Reichel ( dpa )

"Fassungslos und entsetzt" habe er die Berichte in zahlreichen Medien wahrgenommen, sagte der Geistliche am Montag der in Weimar erscheinenden evangelischen Mitteldeutschen Kirchenzeitung "Glaube+Heimat". Mit der "einseitigen Berichterstattung" gieße man unnötig "Wasser auf die Mühlen der AfD und anderer rechter Gruppierungen".

Für Aufsehen hatte vor allem ein Wagen mit der Aufschrift "Balkan Express" gesorgt, dem eine Gruppe grün gekleideter Menschen gefolgt war, die in den Medien überwieged als Heuschrecken bezeichnet worden waren. "Die Heuschrecken waren Grashüpfer", betonte Pfarrer Kunze.

Und auch den auf dem Wagen aufgemalten Spruch "Die Ploach kömmt" ("Die Plage kommt") im Zusammenhang mit Flüchtlingsströmen, die über den Balkan nach Deutschland kämen, sehe er in dem Zusammenhang, dass im Karneval traditionell die Politik oder gesellschaftliche Probleme auf die Schippe genommen würden. Narren aus der "Balkan Express"-Gruppe hatten schon während des Umzugs gegenüber dem MDR-Fernsehen bestritten, dass sie Flüchtlinge als Plage ansehen.

"Keinerlei rassistische Tendenzen"

Er habe als Teilnehmer den Umzug in der Thüringer Karnevalshochburg erlebt und dabei keinerlei rassistische Tendenzen erkennen können, sagte der Pfarrer am Montag. Der beanstandete Wagen habe lediglich ein Thema aufgegriffen, das auch der SPD-Vorsitzende Siegmar Gabriel als Problem bezeichnet habe. "Karneval ist kein Claudia-Roth-Gedächtnis-Seminar", so Kunze wörtlich, der selbst mit dem Wasunger Bürgermeister seit 2008 als "Don Camillo und Peppone" in die "Bütt" steigt.

In Wasungen habe man bislang weder Probleme mit Flüchtlingen noch mit radikalen Gruppen. Es gebe eine Willkommenskultur, und die Flüchtlinge seien im Ort gut integriert, erklärte der Pfarrer. Ein großer Teil der 90 am Karnevalsumzug teilnehmenden Gruppen seien Mitglieder der Evangelischen Kirche. Er verwahrte sich dagegen, die Karnevalisten in eine rechte Ecke zu stellen. Von der Berichterstattung des MDR Fernsehens zeigte sich der Pfarrer enttäuscht. Der Sender habe damit das Karnevalstreiben in Wasungen in Verruf gebracht. Der Schaden sei nahezu irreparabel.

Der Motivwagen wird nun ein Fall für die Staatsanwaltschaft Meiningen. Am Montag sei eine Anzeige wegen Volksverhetzung eingegangen, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Es werde geprüft, ob Ermittlungen aufgenommen werden und sich ein Anfangsverdacht auf eine Straftat ergibt. Dabei wollen die Ermittler herausfinden, ob mit Blick auf die Meinungsfreiheit die Grenze der Schmähkritik überschritten wurde.


Quelle:
KNA , dpa