Fassenacht-Pfarrer macht Verkündigung in der Bütt

Heinz Erhardt als Vorbild

Als "Pfarrer in der Bütt" begeistert Sascha Jung die Jecken im Rhein-Main-Gebiet. In dieser Session spricht er über einsame Priester mit einem Messweinproblem. Manchmal bereitet er seinem Publikum auch Herzrasen.

Sascha Jung / © Heiner Engelter, FCV
Sascha Jung / © Heiner Engelter, FCV

domradio.de: Haben Sie als Pfarrer richtig viel zu tun, wenn Sie in die Bütt steigen?

Sascha Jung (Pfarrer im pastoralen Raum Flörsheim am Main): Ja und nein, gerade in diesem Jahr, wo der Ostertermin so früh liegt, ist es tatsächlich im Moment sehr anstrengend, die Woche über Pfarrer zu sein und dann mit Freitagabend umzuschalten und auf die närrischen Bühnen zu gehen.

domradio.de: Sie sind der "Pfarrer in der Bütt", Sie werden in Zeitungsberichten als charmant bezeichnet, was machen Sie denn genau?

Jung: Ich suche mir immer ein Thema, das ich in dem Jahr über auf der Bühne ausbreite und dann singe ich, begleite mich selbst am Klavier oder am Keyboard dabei und spreche nebenbei und leite diese Dinge ein, um ein bisschen Verkündigung machen zu können.

domradio.de: Um was geht es denn 2016?

Jung: 2016 geht´s um die Erfahrungen eines Pfarrers, wenn er abends nach Hause kommt, im Pfarrhaus ist ja da meistens nix mehr los und dass er hier und da dem Alkohol zugeneigt ist und das hat auch negative Auswirkungen, auch für einen Pfarrer, der das Messweintrinken gewöhnt ist. Das mache ich zum Thema in diesem Jahr.

domradio.de: Das klingt ein bisschen melancholisch und gar nicht so nach Spaß und Klamauk?

Jung: Naja, letztes Jahr habe ich über die römische Familiensynode gesprochen, dass der Papst also heiße und strittige Themen in der katholischen Kirche angesprochen hat. Da habe ich mein Publikum etwas zu Herzrasen gebracht. Deswegen dachte ich wird´s in diesem Jahr etwas braver.

domradio.de: Ich kann mir vorstellen, dass viele das gut finden, was Sie machen, aber es gibt wahrscheinlich auch Kritiker?

Jung: Ja, es gibt welche, die sagen, ein Pfarrer kann sich so nicht auf der Bühne präsentieren. Wenn ich über Liebe, Sex und Zärtlichkeiten spreche, dann hören die Leute anders hin als das jetzt bei einem anderen Fastnachter der Fall wäre. Das ist ein Spagat, den man auf der Bühne macht. Für viele geht es zu weit, die sehen mich in einem Konflikt mit meiner Rolle als Priester, als Seelsorger. Es gibt auch negative Rückmeldungen bis hin zu anonymen Briefen und Plakaten, die dann aufgehängt werden, aber wer den Kopf in den Wind steckt, der muss damit rechnen, dass es auch mal stürmisch wird, das ist nun mal so.

domradio.de: Plakate, wo dann gemeine Sachen gegen Sie drauf stehen oder wie?

Jung: Ja, das war sogar eine Nummer, die ich vor zwei Jahren gemacht habe, die relativ brav war. Da ging es um das neue Gotteslob, das eingeführt wurde. Danach gab es unter anderem ein Plakat, dass mit mir der Rauch Satans in die Kirche eingedrungen sei. Das ist natürlich starker Tobak, das wiederrum war aber dann ein Sprungbrett für andere Fastnachte, die sich dann auch solidarisch mit mir erklärt haben und mir hilfreich zur Seite gesprungen sind.

domradio.de: Und Sie haben vermutlich auch Rückendeckung von der obersten Heeresleitung?

Jung: Ja, denn das ist auch ein Stück weit Werbung, was ich für die Kirche tun kann. In meinen Vorträgen steckt auch immer ein Moment der Verkündigung mit drin, also wo ich den Leuten auch geistig einen Input mitgebe. Dafür sind auch die Menschen empfänglich, wenn Sie zu einer Fastnachtsitzung kommen. Wenn Sie dann die Gelegenheit haben, bei einer Frauensitzung vor 2300 Leuten auftreten zu können und wenn Sie da kirchliche Themen platzieren und Leuten einen Zuspruch geben, dann ist das auch eine Form von Verkündigung, dass man Werbung macht für die Katholische Kirche.

domradio.de: Gibt es denn Vorbilder, die Sie inspiriert haben?

Jung: Ja, das bin ich damals schon beim Eintritt ins Priesterseminar gefragt worden, da haben die Mitbrüder etwas komisch geguckt, als ich Heinz Erhardt, Heinz Schenk und Peter Alexander aufgeschrieben habe. Das sind Vorbilder, mit denen ich auf die Bühne gehe.

domradio.de: Gilt das sowohl für Kirche als auch für Karneval?

Jung: Also in der Kirche bin ich schon sehr zurückhaltend, das muss man schon sagen.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR