Kölner Pfarrer bedauert Absage des Sitzungskarnevals

"Da fällt ein Gefühl aus"

Der Großteil des Sitzungskarnevals in Nordrhein-Westfalen fällt auch in dieser laufenden Session wegen Corona aus. Für Pfarrer Thomas Frings ist das ein harter Schlag, weil für ihn der Karneval mehr als einfach nur ein Fest ist.

Pfarrer Thomas Frings als Sitzungspräsident / © Thomas Frings (privat)
Pfarrer Thomas Frings als Sitzungspräsident / © Thomas Frings ( privat )

DOMRADIO.DE: Wie sehr blutet Ihnen das Herz, wenn Sie diese Entscheidung hören?

Pfarrer Thomas Frings (Sitzungspräsident der Kölner Karnevalsgesellschaft "Die Grosse von 1823"): Da ist im Herzen gerade nur noch so viel zum Überleben drin.

DOMRADIO.DE: Aber haben Sie Verständnis dafür, dass der große, organisierte Karneval auch diesmal wieder ausfällt?

Frings: Ein "Ja", das mir aber sehr schwer über die Lippen geht.

DOMRADIO.DE: Warum?

Frings: Es ist ja nicht einfach nur ein Fest, das ausfällt. Da fällt ein Gefühl in Köln aus. Jeder, der Karneval etwas mag oder schon mal mitgefeiert hat, weiß, dass das eben nicht wie Silvester ist oder so. Vielmehr ist das ein Lebensgefühl dieser Stadt, das man auch "die fünfte Jahreszeit" nennt. Das sind immer schon mehrere Wochen und Monate, die einfach ausfallen.

DOMRADIO.DE: Aber es fällt aus, weil die Corona-Lage nach wie vor nicht gut ist.

Frings: Es fällt aus, weil es so ist, wie es ist und keiner weiß die letztlich richtige Antwort. Niemand. In den Nachrichten habe ich gehört, dass England, das vor Monaten alles freigegeben hat, jetzt wieder alles unter großen Protesten zurückfährt. Oder wenn man nach Schweden, Dänemark, Holland, Australien schaut: Jeder macht es anders und keiner weiß im Voraus, ob es richtig ist.

Deswegen nehme ich es so hin, wie es kommt, weil ich es im Voraus auch nicht weiß.

DOMRADIO.DE: Sie haben die Düsseldorfer vor ein paar Wochen ein bisschen gerüffelt, weil sie schon relativ früh entschieden haben, den Rosenmontagszug in Richtung Mai zu verschieben. War das möglicherweise dann doch die richtige Entscheidung?

Frings: Ich habe sie nicht gerüffelt, da bin ich nicht ganz richtig zitiert worden. Ich habe gesagt, dass das die "antizipierte volle Hose" war. Das ist eine andere Wortformulierung. Das ist das vorauseilende "in die Hose machen". Das habe ich damit gemeint nach der Devise: Bevor es verboten wird, geben wir es auf.

Noch hat Köln ja die Außenveranstaltungen nicht aufgegeben. Und ich finde es auch nach wie vor richtig zu sagen, dass wir bis Januar warten. Eine Verschiebung in den Mai ist nicht Karneval. Der Karneval hat auch etwas mit den Jahreszeiten zu tun. Sie sprechen mit einem Priester, der der Meinung ist, dass Karneval vor die Fastenzeit gehört und nicht irgendwann in den Frühling rein.

DOMRADIO.DE: Wir haben am 11.11. auch miteinander gesprochen. Da hatten Sie gesagt, der Karneval als Auftakt ist richtig, er ist auch wichtig. Danach haben dann die Bilder der feiernden Menschen ohne Masken und Abstand für Verwunderung gesorgt. War das vielleicht doch das falsche Zeichen, das auch hier von Köln damals schon ausging?

Frings: Ich habe natürlich sofort daran gedacht, was ich am 11.11. gemacht habe. Ich war bei meiner Gesellschaft am Tanzbrunnen. Wir hatten 9.000 Gäste da. Alles wurde getestet, alles wurde kontrolliert. Und wenn ich es richtig verstanden habe, als ich die Zeitung nachher gelesen habe, waren die Zahlen 14 Tage später in Köln nicht höher als anderswo.

Deswegen war ich der Meinung, es war gut so.

DOMRADIO.DE: Sie waren Anfang des Jahres selbst auch an Corona erkrankt. Das war zu einem Zeitpunkt, bevor sich alle impfen lassen konnten. Sie mussten zwar nicht ins Krankenhaus, aber eine leichte Grippe war das auch nicht. Wie geht es Ihnen heute?

Frings: Ich bin - das mag vielleicht dem Kölschen richtig passend gekommen sein - Aschermittwoch erkrankt. Ich weiß nicht woher, aber drei Tage später war ich restlos weg vom Fenster und ich hatte drei Wochen schwerste Erkrankungen.

Ich konnte nur deswegen zu Hause bleiben, weil mich mein Arzt mich zu Hause mit Infusionen und dergleichen versorgt hat. Er sagte: Du musst das Krankenhaus nicht belasten. Ich komme morgens und abends vorbei. Wir sind befreundet.

Ansonsten war das einfach ein "grande malheur de kacke". Ganz fürchterlich, muss ich sagen.

DOMRADIO.DE: Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie die wütenden Proteste von Impfgegnern auf den Straßen sehen?

Frings: Da geht mir ganz bestimmt was durch den Kopf. Weil ich nämlich an Köln gedacht habe. Ich bin stolz auf die Kölner Karnevalisten. Ich bin mir sicher, dass die Kölner Karnevalisten nicht auf die Straße gehen werden, weil sie auch ein Gespür dafür haben, dass das richtig sein kann, was da gemacht wird. Da bin ich stolz drauf.

Das Interview führte Carsten Döpp.


Quelle:
DR
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