Warum der Nubbel an Karneval brennen muss

Der Sündenbock des jecken Treibens

Der Karneval neigt sich dem Ende zu, das Sündenkonto ist voll. Während sie andernorts Hoppeditz oder Wuppdus heißen, muss in Köln dafür der Nubbel büßen. Die Zeromonie erinnert an katholische Gottesdienstelemente. Doch warum?

Autor/in:
Melanie Trimborn
Karnevalisten tragen zwei Nubbel zum Kirchplatz in der Südstadt in Köln / © Oliver Berg (dpa)
Karnevalisten tragen zwei Nubbel zum Kirchplatz in der Südstadt in Köln / © Oliver Berg ( dpa )

Jedes Jahr, wenn sich der Karneval dem Ende zuneigt, die Fastenzeit vor der Tür steht, wird in der Nacht von Veilchendienstag auf Aschermittwoch der Nubbel geopfert. Bitte, wer? Das mag sich so mancher Nicht-Kölner fragen. Der Nubbel ist eine Strohpuppe, gekleidet und kostümiert, die während der Karnevalstage über den Türen der Kneipen oder am Dachfirst hängt und das jecke Treiben der Feierwütigen beobachtet. Und obwohl er eigentlich die kleinen und großen Süden nur aus der Entfernung gesehen haben kann, wird er zum Sündenbock für alle diejenigen, die an Aschermittwoch von allen Sünden rein gewaschen sein wollen.

"Das ist natürlich nur eine Methapher", weiß Klaus Brüne-Frehmann, der für die Sülzer Kneipe Knollendorf die Zeromonie leitet. "Der Nubbel wird als Schuldiger für die ganzen Sünden, die wir begangen haben, gesehen. Er wird unter großem Geheul und Gezeter zu Grabe getragen. Er wird verbrannt", erklärt er im DOMRADIO.DE-Interview.

"Dat wör der Nubbel!"

In den Kölner Vierteln wird der Nubbel traditionell um 24 Uhr auf dem Scheiterhaufen in den Straßen ins Feuer geworfen. Eine Prozession geleitet den Marsch zur Hinrichtung. Ein als Geistlicher verkleideter fragt etwa: "Wer ist Schuld, dass wir zu viel getrunken haben? Wer ist Schuld, dass wir das Feiern übertrieben haben?" Die Menge antwortet "Dat wör der Nubbel!", "Der Nubbel ist dat schuld!" Mit einer Reihe von Anklagepunkten ist der Fall dann klar.

Ganz ähnlich wie in der katholischen Liturgie, wird manchmal ein Weihrauchfass geschwenkt. Manche tränken eine Klobürste im Bier und segnen den Nubbel. "Das mache ich nicht", sagt Brüne-Frehmann, der selber im Kirchenvorstand der Kölner Gemeinde St. Nikolaus und Karl Borromäus sitzt. "Das ist mir dann doch ein bisschen zu profan." Aber kirchliche Elemente sind fester Bestandteil, gibt er offen zu. Statt Choral singt er gerne mit den Jecken "Wir kommen alle in den Himmel". Da seien kirchliche Elemente "umgekölscht". "Das passt aber auch wieder zueinander, zur Kirche“, erklärt der "Kirchen-Klaus", wie er in der Knollendorf Kneipe genannt wird.

Tradition aus dem Mittelalter

Das mag aus einer Zeit stammen, in der die katholischen Riten sehr stark in der Gesellschaft verankert waren. Die Nubbelverbennung und die Zeremonie drum herum, stammen nämlich aus dem Mittelalter, weiß Brüne-Frehmann. Denn auch zu Jahrmarktszeiten gab es eine Strohpuppe, die am Ende verbrannt wurde. Auch wenn es zwischenzeitlich ruhiger um die Tradition geworden ist, lebte sie wieder auf. "Erstmalig 1950 wurde diese Tradition wieder von einer Gaststätte ins Leben gerufen“, sagt der Nubbel-Zeromonienmeister.  

Für nicht Rheinländer mag die Tradition befremdlich wirken. Das gibt auch Klaus Brüne-Frehmann zu. Man müsse halt einfach wissen, dass die Feier um den Nubbel augenzwinkernd gemeint sei. Aber ihm ist es auch wichtig, mit dieser Zeremonie keinen zu verletzen, der auch in der Kirche ist. "Denn das wäre nicht Sinn und Zweck dieser Veranstaltung."


Zu viel gefeiert? Der Nubbel büßt für die großen und kleinen Sünden. / © Oliver Berg (dpa)
Zu viel gefeiert? Der Nubbel büßt für die großen und kleinen Sünden. / © Oliver Berg ( dpa )
Quelle:
DR